Minhwa mit Tiger und Elster als Motiv (Foto: wikimedia commons)
Minhwa (민화) bedeutet wörtlich „Bilder des Volkes“ und wird konkret als Volksmalerei bezeichnet. Diese Kunstrichtung entstand während der Joseon-Dynastie (1392-1910). Bis Mitte der Dynastie wurden Minhwa von Hofkünstlern gemalt, doch aufgrund von gesellschaftlichen Veränderungen wurden die Werke, die gegen Ende der Dynastie entstandenen sind, hauptsächlich von anonymen Künstlern angefertigt, die der mittleren und unteren sozialen Schicht angehörten.
Minhwa reflektieren das alltägliche Leben, die Bräuche und Traditionen der einfachen Leute in der damaligen Gesellschaft. Der Wunsch der allgemeinen Bevölkerung nach einem erfüllten und schönen Leben spiegelt sich in der Ästhetik der Volkskunst wider.
Die Möglichkeit der Minhwa, darin das Bewusstsein über das eigene Selbst sowie die eigenen Gedanken, Wünsche und Emotionen zum Ausdruck zu bringen, sind der Grund dafür, warum die Kunst der Minhwa auch heute noch bekannt ist und nicht in Vergessenheit gerät.
Doch welche Charakteristika haben Minhwa eigentlich?
Minhwa können je nach den verwendeten Motiven in unterschiedliche Kategorien unterteilt werden. Die Werke haben symbolischen Charakter und sind aufgrund der eleganten Darstellung der Motive auch dekorativ.
Außerdem rufen die Bilder beim Betrachter oft ein Gefühl der Vertrautheit hervor. Das liegt unter anderem daran, dass die Leitgedanken der Kunstwerke auch für heutige Menschen noch von Relevanz sind. So kann jeder, auch diejenigen, die mit dem Kontext der Minhwa und ihrer Geschichte noch nicht vertraut sind, einen ersten Einblick in die koreanische Kultur gewinnen. Durch das Betrachten der dargebotenen Motive und die Erkundung der Bedeutung der Minhwa ist es ferner möglich, tiefer in die Kunstgeschichte Koreas einzutauchen und das Land samt seiner Bevölkerung durch die traditionelle Kunst besser kennenzulernen.
Eines der wohl bekanntesten Genres der Minhwa sind die „Elster und Tiger“-Malereien (까치 호랑이 그림, Kkachi Horangi Keurim). Es geht bei diesen Bildern nicht unbedingt um eine realistische Darstellung der Tiere, sondern vielmehr um die Erzeugung eines auffälligen und eindrucksvollen Motivs. Es werden lebhafte Farben verwendet, und auch die oftmals übertriebene Mimik der Tiere und ihre Positionierung zueinander tragen zum Gesamteindruck bei und geben Aufschluss über die möglichen Deutungen des Kunstwerks. Gerade bei den Elster- und Tiger-Werken wird davon ausgegangen, dass der Tiger im Bild, meist recht albern dargestellt, symbolhaft für die Yangban (양반, soziale Oberschicht der Joseon-Dynastie) steht und die ehrwürdige Elster dagegen das einfache Volk repräsentiert.
Auch sind typisch koreanische Fabelwesen in Minhwa-Werken vorzufinden, wie zum Beispiel das Motiv des Drachens, der als Beschützer der Menschen und als königliches Symbol gilt.
Ein weiteres Genre der Minhwa wird unter dem Begriff Chaekgeori (책거리, Bücher und Dinge) zusammengefasst. Hier dienen Bücher und weitere Gegenstände wie Schriftrollen, Pinsel und Tinte als Motive. Zudem werden auch Schreibtische und Bücherregale abgebildet.
Hwajodo (화조도), Malereien mit Blumen und Vögeln als Motive, und Munjado (문자도), Werke, die chinesische Schriftzeichen als Hauptmotiv haben, bilden ebenfalls je eine Kategorie der Minhwa.
Doch der Kreativität bei der Kreation von Minhwa sind keine Grenzen gesetzt. Ihr traditioneller Stil ist hauptsächlich gekennzeichnet durch einfache Umrisse, flache Strukturen und auffällige Farben. Durch die Werke wird ein optimistischer Eindruck der Umwelt und des menschlichen Lebens vermittelt, eine Welt ohne Leid und Trauer.
Über die Autorin:
Selin Vurgun ist Studentin der Koreastudien/Ostasienwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie interessiert sich besonders für die koreanische Sprache und Kultur.