8 Tipps und Hinweise für alle mit Interesse am Taekwondotraining. ⓒ Olivia Sarah Melanie Fries
Von
Korea.net-Ehrenberichterstatterin Olivia Sarah Melanie Fries aus
Deutschland
Blau-rote Trainingsmatten auf dem Boden, ein Bild von General Choi Hong Hi an der Wand, ein langer Tisch an der Kopfseite des Raumes – und dahinter ein Mann in einem eleganten Anzug, dem man auf den ersten Blick gar nicht ansieht, dass er einen schwarzen Gürtel in Taekwondo, der berühmten Kampfkunst aus Korea, besitzt. Den 7. Dan, um genau zu sein. Erst knapp zwei Monate ist es her, dass ich die erste Taekwondo-Prüfung meines Lebens abgelegt habe, und doch kann ich mich an diesen Tag so klar erinnern, als wäre es gestern gewesen. Ein halbes Jahr lang hatte ich mich auf das Examen vorbereitet, zwei Mal die Woche trainiert, in der Woche vor der Prüfung sogar fünf Mal. Und dann ... war die Prüfung plötzlich vorbei und ich bekam, meinen weißen Dobok tragend, vollkommen verschwitzt und rot im Gesicht meinen gelben Gürtel überreicht. Es ist ein langer, harter Weg bis dorthin gewesen, doch ich bin froh, dass ich ihn gegangen bin. Taekwondo, den Nationalsport Südkoreas zu trainieren, hat mich vieles gelehrt: eine unglaubliche Körperbeherrschung, neue Bewegungen, zu denen mein Körper in meinem ganzen Leben zuvor nicht in der Lage gewesen war, und so manches über die Kultur und Geschichte Koreas. Und da mir der Sport in den vergangenen Monaten so sehr ans Herz gewachsen ist und die Erinnerungen an den Anfang noch so frisch sind, würde ich nun gerne meine Erfahrung als Gelbgürtelträgerin an Dich und andere Taekwondo-Interessenten weitergeben – so von Anfänger zu Anfänger. Und wer weiß, vielleicht stehen wir uns irgendwann auch auf einer blau-roten Matte in unseren weißen Doboks gegenüber und verbeugen uns voreinander kurz bevor der Wettkampf startet ...?
1. Man ist nie zu alt, um anzufangen.
Als ich mit meinen 18 Jahren, mit welchen ich mich zuvor recht jung gefühlt hatte, vor acht Monaten zum ersten Mal die Matte betrat und mein Training gemeinsam mit acht- bis 14-jährigen Trägern gelber und halb-gelber Gürtel begann, fühlte ich mich im ersten Moment etwas verunsichert – und alt. All diese talentierten Kinder sehend, die problemlos einen Spagat machen konnten und mit Leichtigkeit Tritte auf der Höhe meines Gesichtes vollführten, war mein erster Gedanke, dass ich einfach zu spät angefangen habe mit diesem Sport, nie so gut werden würde wie diese Kids und einfach aufgeben sollte. Doch zum Glück habe ich dies nicht getan und meine anfängliche Annahme sollte sich als Irrtum herausstellen. Denn eines hatte ich all diesen jungen Athleten voraus – die Körperbeherrschung, über die ein Großteil der Erwachsenen verfügt. Während ein 6-Jähriger selbst nach mehrfacher Korrektur nicht bemerkt, dass sein Arm im falschen Winkel oder in die falsche Richtung ausgerichtet ist, kostet es einen Erwachsenen nur ein paar Minuten, um die Fehlstellung zu korrigieren und lediglich ein paar mehr Versuche, um sich die richtige Ausführung einzuprägen. Dadurch war auch ich in der Lage den Großteil der Trainierenden, zumindest was die Abläufe angeht, ein- und zum Teil sogar zu überholen. Nur wenn es um die Dehnbarkeit geht, ist ein Kinderkörper definitiv dem eines Erwachsenen überlegen. Aber im Endeffekt lässt sich vieles mit ausreichend Training aufarbeiten, unabhängig vom Alter. Natürlich mag es demotivierend sein, nicht so gut wie jemand zu sein, der nur halb so lange auf der Welt ist wie Du. Aber was ist, wenn Du statt „Das werde ich nie so gut können!“ anfängst zu denken „Ha, denen werde ich zeigen, zu wie viel mein X Jahre alter Körper tatsächlich in der Lage ist!" Also – wenn Du Spaß am Kampfsport hast und nicht gerade auf Weltmeisterschaftsniveau trainieren willst, dann lass Dich bitte nicht von Deinem Alter abschrecken – man ist nie zu alt, um etwas Neues anzufangen!
2. Entscheide Dich für das „richtige“ Taekwondo.
...denn es gibt verschiedene Arten und Stile dieses Sportes! Zwar gibt es Taekwondo offiziell erst seit 67 Jahren, dennoch sind in dieser kurzen Zeit bereits viele verschiedene Formen in verschiedenen Ecken der Welt durch unterschiedliche Verbände entstanden. Diese Stile unterscheiden sich zum Beispiel in ihrer Wettbewerbsorganisation, Benennung der Bewegungen oder Vergabe der Gürtel. Die wohl bekanntesten Verbände sind hierbei der „itf“ („International Taekwondo Federation“), bei welchem noch einmal zwischen „traditionellem“ und „reformiertem“ Taekwondo unterschieden wird, und „wt“ („World Taekwondo“, ehemals „World Taekwondo Federation“ = „wtf“). Der charakteristischste Unterschied zwischen den zwei Taekwondoarten ist, dass im wf-Stil Taekwondo bei Wettkämpfen bestimmte Angriffstechniken, wie beispielsweise Faustangriffe auf Kopfhöhe, nicht erlaubt sind, da Vollkontakt zwischen den Kontrahenten besteht und diese zu gefährlich wären, während beim itf-Taekwondo alle Arten von Fuß- und Fausttechniken bei leichtem Körperkontakt erlaubt sind. Außerdem wird bei ersterer Kampfart eine umfangreichere Schutzausrüstung benötigt, auf die beim traditionellen itf-Taekwondo ganz verzichtet wird und welche beim reformierten Taekwondo im itf-Style nur in kleinerem Umfang vorgeschrieben ist. Informiere Dich also am besten im Voraus, welche Art von Taekwondo Dir am besten gefällt und welche in Deiner Umgebung unterrichtet wird. Achte am besten auch darauf, dass die Gürtel, die Du nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung in deinem Trainingszentrum erhältst, international anerkannt sind, falls Du vor hast in Zukunft in ein anderes Land umzuziehen oder den Club zu wechseln.
ⓒ Korea.net DB
3. Wähle Dein Ziel bewusst und hetz Dich nicht.
Bist Du noch jung genug, um mit ausreichend Training irgendwann an Wettbewerben auf Weltmeisterschaftsniveau teilzunehmen? Verfügst Du über die Zeit und die Mittel, um drei bis vier Mal die Woche zu trainieren? Oder willst Du nur zum Spaß ein Mal die Woche auf die Matte steigen, um Deine Kondition und Selbstverteidigungsfähigkeiten zu verbessern und ein wenig mit Freunden zu plaudern? Wenn Du mit Taekwondo beginnst, ist es hilfreich Dir über die Antwort auf diese Frage im Voraus klar zu werden, damit Du deine Ziele dementsprechend anpassen kannst. In jedem Fall solltest Du diese niemals zu hoch ansetzen. Denn wenn Du einmal anfängst, kann es leicht passieren, dass Du Dich übermäßig auf das Erreichen eines bestimmten Gürtels fixierst und Du, wenn Du einmal eine Prüfung nicht bestehst (was übrigens nicht selten passiert und überhaupt nichts Schlimmes ist – es gibt auch Sportler, die seit Jahren trainieren und dennoch nur den weißen Gürtel besitzen!), schnell den Mut verlierst. Egal für welchen Weg Du Dich entscheidest – Profisportler oder Gelegenheitsathlet – lass es langsam angehen. Gerade wenn Du als Erwachsener mit einem Sport anfängst, den Du nie zuvor gemacht hast, ist es klar, dass es einige Zeit dauert, bis Du über genügend Kraft, Ausdauer und Dehnbarkeit verfügst, um an Deiner ersten Prüfung teilzunehmen. Stress Dich nicht.
4. Vernachlässige das Dehnen nicht.
Ja, 5 Minuten im Spagat zu sitzen – vor allem wenn man den noch nicht vollständig beherrscht – ist anstrengend, aber glaub mir, der/die Trainer/in verlangt dies aus einem guten Grund von Dir. Um hohe Tritte an oder sogar über den Kopf Deines Gegners zu vollführen, musst Du nun einmal sehr gelenkig sein – da führt kein Weg dran vorbei. Und da sich die Dehnbarkeit unseres Körpers, genau wie unsere Muskeln, nach einiger Zeit zurückbildet, solltest Du regelmäßig – am besten täglich – eine kleine Dehnungsroutine durchführen (natürlich erst nach einer kleinen Erwärmung!).
5. Fang früh genug mit dem Lernen der Theorie an.
Wenn Du vorhast, an einer Taekwondo-Prüfung teilzunehmen, die (zumindest im itf-Taekwondo) von Nöten ist, um einen hören Gürtel zu verdienen, musst Du Dich neben dem Vorzeigen der Formen und verschiedener Tritte auch immer auf einen Theorieteil vorbereiten. Hierfür solltest Du beispielsweise die Prinzipien des Taekwondo kennen, wissen, wann und von wem die koreanische Kampfkunst kreiert wurde und was die Symbolik hinter den verschiedenen Gürtelfarben ist. Die genauen Fragen und Inhalte hängen hierbei aber auch vom Verband, Land und Prüfer und die Menge des Lehrstoffes selbstverständlich davon ab, welchen Gürtel Du Dir verdienen möchtest, ab. Je höher Du kommst, desto mehr Theorie wird auf Dich zukommen. Informiere Dich also früh genug bei Deinem/Deiner Trainer/in, was Du alles wissen musst, damit Du rechtzeitig mit dem Lernen anfangen kannst.
Ein Mitglied des Kukkiwon Taekwondo Demonstration Teams zerschmettert am 16. Juni 2022 Bretter bei der Zeremonie zur Enthüllung der Büste von Kim Un-yong, dem ersten Präsidenten der World Taekwondo Federation (jetzt World Taekwondo), in Kukkiwon, auch bekannt als World Taekwondo-Hauptquartier im Stadtteil Gangnam-gu in Seoul. ⓒ Yonhap News
6. Lerne die nötigen koreanischen Fachbegriffe.
Üblicherweise werden Befehle wie „Verbeugung!“, „Vorbereiten!“ und „Zurück zur Ausgangsposition!“ sowohl während des Trainings als auch der Prüfungen und Wettkämpfe auf Koreanisch ausgerufen. Ebenso wird Dein Trainer Dir vermutlich die Namen der verschiedenen Positionen sowie Techniken und Formen in der Sprache des Heimatlandes des Taekwondo beibringen und bei der Aufwärmung die Übungen und Sekunden auf Koreanisch zählen. Um mithalten zu können (und sich während des Trainings nicht zu blamieren), rate ich Dir also dringendst, Dir eine Übersicht der koreanischen Fachbegriffe zu besorgen und sie auswendig zu lernen. Solltest Du bereits etwas Koreanisch können, ist das natürlich von Vorteil, da manche Vokabeln auch im Alltagskoreanisch in anderem Kontext Anwendung finden.
7. Tritte sind ebenso wichtig wie Choreografien.
Bei diesem Tipp spreche ich aus purer Erfahrung. Da mir persönlich am Anfang vor allem die Formen viel Spaß gemacht haben, weil ich hierbei am schnellsten meinen Fortschritt sehen konnte, habe ich sehr lange das Üben von Fußtechniken vernachlässigt – bis kurz vor der Prüfung. Als mir dann gesagt wurde, dass ich diese auch im Examen vorzeigen müsse, stand ich ziemlich dumm da. Und ein halbes Jahr Tritttraining innerhalb von einer Woche aufzuholen ist keine tolle Erfahrung, glaub mir. Also bitte: lege Deinen Fokus beim Training nicht ausschließlich auf das Lernen von Choreografien, sondern nimm ebenso aktiv am Üben von Fußtechniken teil.
8. Vermeide das Überspringen von Trainingseinheiten.
Gerade, wenn Du in einer großen Gruppe trainierst und diese gerade eine neue Form lernt, kann es Konsequenzen haben, wenn Du ein Training auslässt. Ich will Dich nicht dazu motivieren mit Grippe oder Magen-Darm-Infekt auf die Matte zu steigen – keineswegs! Aber bitte sei Dir dessen bewusst, dass ein „Ach, ich habe heute irgendwie keine Lust...“ einfach nur bedeutet, dass Du beim nächsten Mal die doppelte Arbeit leisten musst, um wieder zu Deinen Mitathleten aufzuholen. Wenn möglich, nimm also an jedem Training teil. Übrigens: Um wirklich erfolgreich zu sein und schnelle Fortschritte zu machen, empfiehlt meine Trainerin 3 Trainingseinheiten pro Woche.
Und, überzeugt? Ich hoffe doch sehr, dass Du Dir nun zumindest einmal durch den Kopf gehen lässt, ob Taekwondo nicht doch etwas für Dich wäre. Denn einen Riesenspaß macht diese Kampfsportart natürlich trotz all der Regeln und Vorschriften trotzdem!
Iranische Athleten treten am 21. April 2022 in der Kintex-Ausstellungshalle in Goyang in der Provinz Gyeonggi-do in einem anerkannten Poomsae-Vorrundenwettkampf bei den Goyang 2022 World Taekwondo Poomsae Championships an. ⓒ Yonhap News
jesimin@korea.kr
Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus aller Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft für Korea.