Kultur

12.05.2014

Die Namhansanseong, eine Bergfestung, die sich 30 Kilometer südlich von Seoul befindet, ist nun der Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO einen Schritt nähergerückt. Am 25. April empfahl der Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS), ein Beraterkomitee des UNESCO World Heritage Centre, die Aufnahme der Festung in die Liste.

Eine Empfehlung des ICOMOS führt in den meisten Fällen zu einer Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO, und so ist diese sehr wahrscheinlich. Die endgültige Entscheidung wird Mitte Juni bei der 38. Sitzung des Welterbekomitees in Doha, Katar, bekanntgegeben. Wenn die Festung der Liste hinzugefügt wird, würde sie zu Koreas elftem Kultur- oder Naturgut aufsteigen, das den Welterbetitel trägt.

Laut der Cultural Heritage Administration (CHA, Behörde für kulturelles Erbe) erfüllt die Festung zwei der Kriterien, die notwendig sind, um zu einer Welterbestätte ernannt zu werden. Zunächst einmal entspricht sie den Anforderungen der UNESCO, dass ein Ort „für einen Zeit- oder in einem Kulturgebiet der Erde einen bedeutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen“ muss. Zweitens ist die Festung „ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architektonischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften (…), die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheits-Geschichte versinnbildlichen.“

Der ICOMOS wies auch darauf hin, dass die Festung ein historisch signifikanter militärischer Standort ist: einer, der den Austausch zwischen Stadtplanung und Festungstechnologie in Ostasien zeigt, eine Konzentration der Befestigungstechnologien und Verteidigungsstrategien aus verschiedenen Zeitabschnitten darstellt und eine große Bergfestung ist, zu der auch Täler gehören. Das UNESCO-Komitee wies auch darauf hin, dass die zahlreichen Projekte für den Wiederaufbau und die Restaurierung, die an der Festung durchgeführt werden, unter der Verwendung von Originalmaterialien und –techniken stattfanden und sich an Richtlinien orientierten, die sich mit der Kontrolle von Instandsetzungsarbeiten an staatlichen Stätten des kulturellen Erbes befassen.

Namhansanseong_Fortress_Article_01.jpg

Namhansanseong_Fortress_Article_02-1.jpg

(맨 위부터) 남한산성(南漢山城)의 동문과 서문, 성벽. (사진: 전한)

(Von oben) Das Osttor, das Westtor und die Festungsmauer der Namhansanseong (Foto: Jeon Han).



Die Namhansanseong in Gwangju, Gyeonggi-do (Provinz Gyeonggi), ist eine der Festungen, die Seoul während des Joseon-Reiches (1392-1910) schützten, zusammen mit der Bukhansanseong, die im Norden Seouls und in Teilen von Gyeonggi-do verläuft. Die Festung, die sogar noch älter ist, zeigt verschiedene Architektur- und Baustile, vom Vereinigten Silla-Reich des siebten Jahrhunderts bis zu König Yeongjo (regierte 1724-1776) im 18. Jahrhundert. Die Festungsmauern haben eine Länge von 11,76 Kilometern, und es gibt einen provisorischen Palast, der Haenggung genannt wird, in dem der König residierte, wenn er außerhalb des offiziellen Palastes reiste. Es existieren auch viele Gebäude, die für unterschiedliche königliche und verwaltungstechnische Anlässe errichtet wurden, einschließlich des Sueojangdae, eines Turms, der als Kommandoposten genutzt wurde.

Man geht davon aus, dass die Festung auf die Festung Jujangseong zurückgeht, die während der Herrschaft von König Munmu erbaut wurde, dem 30. König des Silla-Reiches (57 v.Chr.-935 n.Chr.). Der Großteil der Festung stammt allerdings aus dem Joseon-Reich. Sie wurde gebaut, als die Wahrscheinlichkeit einer Invasion durch Soldaten der chinesischen Qing-Dynastie stieg, nachdem König Gwanghaegun (regierte 1608-1623), der versuchte, die Neutralität zwischen der ausgehenden Ming-Dynastie und der anbrechenden Qing-Dynastie zu bewahren, 1623 des Throns enthoben wurde. Nach seiner Ablösung kam in Seoul eine Regierung an die Macht, die die untergehende Ming-Dynastie unterstützte. Ein Großteil dieser Festung, die heute existiert, wurde zwischen 1624 und 1626 auf den existierenden Festungsmauern errichtet.

1636 fand in der Festung eine militärische Übung statt, an der 12.700 Soldaten teilnahmen, die erste seit Fertigstellung der Mauern. Die Qing fielen allerdings im Dezember desselben Jahres mit einer aus 100.000 Mann bestehenden Armee in Joseon ein. Unvorbereitet auf einen Krieg zogen sich die Armee von Joseon und König Injo (regierte 1623-1649) schließlich in die Festung zurück, da ihre Hilfstruppen besiegt wurden. Die Armee von Joseon gab nach 47 Tagen Widerstand auf.

Auch wenn der Krieg mit einer Niederlage endete, bot der Festungsbau dem Joseon-Reich die wichtige Erfahrung des Baus einer großen Bergfestung als Vorbereitung auf mögliche lange und verheerende Kriege. Die Festung ist der einzige militärische Standort und die einzige Verwaltungsstadt, die in Korea auf einem Berg errichtet wurden. Sie ist auch eine der besterhaltenen Festungen der Region, die die Entwicklung von mittelalterlicher ostasiatischer Festungstechnologie über einen längeren Zeitraum zeigt.

Namhansanseong_Fortress_Article_04.jpg

(위) 왕이 궁궐 밖 행차 때 잠시 머무르던 별궁인 남한산성의 행궁. (아래) 군사 지휘소로 지어진 누각인 수어장대 (사진: 전한)

(Oben) Der temporäre Palast, der Haenggung, beherbergte den König, wenn er außerhalb des offiziellen Palastes reiste. (Unten) Der Kommandoposten an der westlichen Mauer heißt Sueojangdae (Foto: Jeon Han).



„Die Namhansanseong war ein provisorischer Palast, aber sie ist von historischer Bedeutung, da sie auf eine Weise gebaut wurde, dass sie als echter Palast dienen konnte“, sagte Lee Hye-eun, Professorin der Dongguk-Universität und Mitglied des Welterbekomitees der CHA. „Während der zweiten Mandschu-Invasion 1636 wurden wichtige Palastgebäude entworfen, die die gleiche Funktion wie der königliche Ahnenschrein Jongmyo und der Sajik-Altar für den Land- und Getreidegott hatten, sodass die Könige dort eine lange Zeit bleiben konnten. Die Tatsache, dass die Festung weltweit beispiellos ist, scheint ihr große Anerkennung eingebracht zu haben.“

Um zur Namhansanseong zu gelangen, nehmen Sie die U-Bahnlinie Nr. 8 und steigen Sie an der Station „Sanseong“ (Ausgang 2) aus. Steigen Sie um in Bus Nr. 52 oder 9 und verlassen Sie den Bus an der Haltestelle „Namhansanseong Rotary”. Weitere Informationen erhalten Sie bei der Behörde für Kultur- und Tourismusinitiativen Namhansanseong unter der Nummer 031-777-7500, oder besuchen Sie ihre Website (www.ggnhss.or.kr).

Namhansanseong-140512-6.jpg

(위) 상공에서 본 남한산성의 남쪽, (아래) 남한산성의 행궁 (사진: 문화재청)

(Oben) Luftansicht des südlichen Bereichs der Namhansanseong. (Unten) Ein Bild des provisorischen Palastes Haenggung (Foto mit freundlicher Genehmigung der CHA).



Von Limb Jae-un Redakteur, Korea.net
jun2@korea.kr
Übersetzung: Gesine Stoyke