Menschen

14.04.2014

Ein amerikanisches Paar hat Seouls U-Bahn-System erkundet. Dongdaemun ist die Lieblingsstation der beiden, und sie kennen die dazugehörige Geschichte und die versteckten Attraktionen der über die Metropole verteilten U-Bahn-Stationen.

Die Rede ist von Charlie Usher und Elizabeth Groeschen. Die beiden haben kürzlich den koreanischsprachigen Reiseführer „Charlie and Liz's Seoul Subway Travelogue” veröffentlicht und ein positives Feedback erhalten. Usher schrieb die Geschichte und Groeschen hat die Fotos gemacht.

Usher ist 32 Jahre alt, kommt aus Wisconsin und reiste 2005 erstmals nach Korea. Nach einigen langen Reisen in anderen Ländern kehrte er 2009 nach Korea zurück und lernte den Komfort und die Organisation des U-Bahn-Systems von Seoul schätzen. Dann entschied er sich, mehr über die Stadt und die U-Bahn zu erfahren und begann seine Reisen mit Groeschen. Sie veröffentlichten ihre Reiseberichte auf ihrem Blog. Jede Woche besuchten die beiden eine oder zwei U-Bahn-Stationen und schauten sich die Umgebung an. Usher sagte, dass er niemals in der Lage sein wird, sich alle U-Bahn-Stationen in Seoul anzuschauen, aber dass die beiden bislang fast 140 Stationen besucht hätten.

찰리 어셔씨는 사진작가 리즈 그뤠센씨와 함께 서울 지하철 여행기를 출판했다. (사진: 전한)

Usher und seine Freundin, die Fotografin Groeschen, haben kürzlich einen Reiseführer über Seouls U-Bahn-System veröffentlicht (Foto: Jeon Han).


Obgleich der Blog als kleine, persönliche Internetseite begann, hat er zunehmend an Popularität gewonnen und eine positive Resonanz erhalten, womit sich der Umfang ihres Projekts ein wenig vergrößert. Usher und Groeschen begannen, jede Woche U-Bahn-Stationen zu besichtigen. Ihr erstes Ziel war die Station Nonhyeon, U-Bahn-Linie 7. Stationen wie Seodaemun zum Beispiel, die von vielen sehenswerten Dingen umgeben sind, erforderten mehrfache Besichtigungen, um alles zu erkunden. Seodaemun, Linie 5, mussten sie viermal besuchen.

어셔씨는 책을 통해 다양한 서울 지하철 역과 인근지역의 역사, 환경에 주목했다. (사진: 전한)

In seinem Buch fokussiert Usher auf die Geschichte und auf das Umfeld jedes Stadtviertels sowie auf die U-Bahn-Stationen in Seoul (Foto: Jeon Han).


In der Einleitung seines Buches schrieb Usher über die Station Dongnimmun der U-Bahn-Linie 3 und die leidvolle Geschichte des Gefängnisses Seodaemun, was kürzlich zu einem Museum für Geschichte umgewandelt wurde. Er schrieb auch über die koreanische Geschichte während der Kolonialzeit und im Zusammenhang mit seinem Artikel über die Dongguk University-Station, ebenfalls U-Bahn-Linie 3, über die Geschichte des Jangchungdan-Parks. Bei ihren Erkundungen der Stadt und der Berichterstattung auf ihrem Blog hatten Usher und Groeschen viel Freude, erlebten zahlreiche Überraschungen und den wunderschönen Kontrast zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Bei ihren Erkundungen im Umfeld der Station Jamwon stießen sie auf eine „Erfahrungszone der Seidenraupen”und konnten glücklicherweise den alten Schauspieler Yi Gil-eok interviewen, als sie die Umgebung der Station Chungmuro erkundeten, ein Umsteigepunkt zwischen Linie 3 und 4.

어셔씨는 서울 지하철의 편리함과 매력을 높이 평가했다. (사진: 전한)

Usher lobt den Komfort und die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel (Foto: Jeon Han).


„Es ist zum Großteil wie die Beziehung zu einem Menschen. Sie müssen sich aktiv bemühen, um alles kennenzulernen und die Beziehung zu entwickeln“, sagte Usher und brachte seine Begeisterung für die U-Bahn in Seoul und für sein Leben in dieser Stadt zum Ausdruck.

Korea.net hat mit ihm über seine U-Bahn-Reisen gesprochen.

어셔씨는 서울 지하철 그 자체를 좋아한다고 밝혔다. (사진: 전한)

Usher sagt, dass er das U-Bahn-System als solches mag (Foto: Jeon Han).


- - Was war der Auslöser dafür, einen Reiseführer über das U-Bahn-System von Seoul zu schreiben?
Ursprünglich war das nur eine Idee für meinen Blog „Seoul Sub-->urban". Das Buch basiert auf dem Blog. Es ist im Wesentlichen eine Auswahl aus dem Blog. Der Hauptgrund dafür, den Blog einzurichten, bestand darin, mehr von der Stadt zu sehen. Eines der Hauptziele, die wir mit dem Buch verfolgten, war es, das Interesse an der Stadt zu fördern, etwas in den Gebieten und in der Umgebung zu erschließen, was den Menschen vertraut ist. Ich wollte ihnen die Gelegenheit geben, vertraute Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

- Was hat sie bewogen, als Sie das erste Mal nach Korea reisten?
Ich bin 2005 das erste Mal nach Korea gereist. Ich wollte irgendwo im Ausland leben. Ich hätte überall sein können, in Europa oder Japan zum Beispiel. Zwischen meiner Universität und der Provinz Gyeonggi-do gab es gerade ein Austauschprogramm. Studenten im Aufbaustudium konnten daran teilnehmen und an einer öffentlichen Schule in Gyeonggi-do Englisch unterrichten. Koreanische Lehrer konnten an meine Universität kommen und am Englischunterricht oder an anderen Kursen teilnehmen. Ich hatte mich dafür entschieden. Ich wusste nichts über Korea, aber ich war zuvor schon in Asien gewesen, sodass ich dachte: „Warum nicht?“ So kam ich das erste Mal hierhin; das ist kein wirklich guter Grund, glaube ich. Als ich 2009 das zweite Mal nach Korea zurückkehrte, hatte ich kein Geld mehr, weil ich lange gereist war. Ich brauchte einen Job. Die wirtschaftliche Situation in den USA war wirklich schlecht. Ich wusste, dass ich hier einen Job finden könnte, und mir gefiel es hier. Ich habe immer noch mehr Freunde in Seoul als in irgendeiner Stadt in den USA. Es gefiel mir wirklich sehr, als ich das erste Mal hier war.

- Welche U-Bahn-Station und welche Umgebung würden Sie Besuchern empfehlen und warum?
Es gibt so viele schöne Stationen, aber eine davon ist die Station Dongdaemun und die Umgebung dort – die Märkte und hinteren Gassen. Hier trifft eine wirklich moderne Entwicklung auf Altes. Es scheint, als wenn alles, alle Gesellschaftsschichten dort gleichzeitig existieren.

Ich mag auch die Station Sindang mit dem Jungang-Markt und den Flohmarkt dort. Dort gibt es alte Geschäfte und Schmieden, die man kaum irgendwo anders sehen kann.

Wenn das Wetter gut ist, würde ich zur Hansung University-Station gehen, um den Bezirk Seongbuk-dong zu sehen. Ich mag Seongbuk-dong sehr, weil es dort entspannt ist und es überall nette Cafés gibt. Mullae Station ist eine andere Station. Dort existiert eine coole Kunstszene unter der Erde, obwohl es dort auch immer noch Industriefabriken gibt. Das Gebiet um die Stationen Sangsu und Hapjeong sind auch schön. Sie waren einst Teil des Bezirkes Hongik University, der auch als Hongdae bekannt ist, wurden aber an die Ränder gedrängt.

- Welches sind Ihrer Ansicht nach die Stärken und Verdienste des U-Bahn-Systems in Seoul?
Ich mag das gesamte U-Bahn-System in Seoul. Ich komme aus Wisconsin. Ich wusste nicht, dass wir ein öffentliches Busverkehrssystem hatten, bis ich in die Oberschule kam. Ich mag das öffentliche Verkehrswesen dort. Ich bin umweltbewusst und auch unter diesem Aspekt ist das öffentliche Transportwesen in Seoul gut, superweitreichend, supereffizient und superbillig. Mit einem Ticket können Sie viele verschiedene Orte anfahren. Seoul hat das beste öffentliche Transportsystem, das ich jemals gesehen habe.

- Welches sind die Schwachpunkte oder Unbequemlichkeiten, die es zu erwähnen gilt?
Manchmal die Anstandsregeln, weil einige Leute auf dem Weg zur U-Bahn in Eile sind. Ich würde auch sagen, dass es schön wäre, wenn die U-Bahn an den Wochenenden länger fahren würde, sagen wir bis 1.00 Uhr. Vor einigen Jahren haben sie die Melodie geändert, wenn der Zug einfährt. Die neue Melodie ist schrecklich. Sie klingt wir eine Ankündigung, wie man sie in einem Videospiel 1991 vermuten würde.

- Wenn Sie die Wahl hätten, in welchem Teil von Seoul würden Sie am liebsten leben?
Das wäre Yeonnam-dong. Dieser Stadtteil liegt in der Nähe der Bezirke Hongdae und Sinchon. Ich habe dort gelebt. Yeonnam-dong ist sehr schön, ruhig und entspannt und hat gute chinesische Restaurants. Meiner Meinung nach ist das beste thailändische Restaurant der Stadt dort. Mein Lieblingscafé ist auch in der Nähe.

- Sie scheinen die Geschichte Koreas und vieler Bezirks Seouls gut zu kennen. Wie haben Sie sich all dieses Wissen angeeignet?
Ich habe ein bisschen recherchiert über die Schnellsuche bei Google, oder ich habe einen Blick in den Reiseführer geworfen, bevor wir uns eine Station angesehen haben. Wenn wir dort ankamen haben wir uns die Zeichen oder Broschüren angeschaut, die Auskunft über die Straßen und Plätze geben. Ich habe viel gelernt, indem ich einfach dort hingegangen bin und die verfügbaren Informationen gelesen habe.

- Welche Schwierigkeiten oder schönen Dinge gab es bei diesen Ausflügen, die sie unternommen haben, um dieses Buch zu schreiben?
Es gab keine nennenswerten Schwierigkeiten. Manchmal gab es natürlich einige Sprachbarrieren oder manchmal haben wir den Eingang zu einer Station nicht gefunden, weil der Zugang an dem Tag geschlossen war oder weil Bauarbeiten das verhindert haben. Dann mussten wir an einem anderen Tag zurückkommen, aber ich hatte keine größeren Schwierigkeiten oder Probleme. Lediglich kleine Unannehmlichkeiten. Als ich reiste, um dieses Buch zu schreiben, waren die Menschen, die ich getroffen habe, sehr hilfsbereit, wenngleich manchmal ein wenig schüchtern. Im Allgemeinen waren die Leute, mit denen ich gesprochen habe, die meiste Zeit gesprächs- und sehr hilfsbereit.

Als Fotografin musste Liz die Leute manchmal von hinten aufnehmen, weil sie nicht wollten, dass ihr Gesicht fotografiert wird.

- Welche U-Bahn-Station oder welche Umgebung Seouls war für Sie einzigartig und unvergesslich?
Das ist eine harte Frage, weil es so viele unvergessliche und einzigartige Stationen in Seoul gibt. Jamwon Station beispielsweise ist eine, allein aufgrund des Standortes. Anders als die meisten U-Bahn-Stationen, die an großen Kreuzungen liegen, befindet sich diese Station in einer kleinen Seitenstraße mit Blumenbeeten. Es scheint so, als käme man mitten in einer Wohngegen heraus. Das ist wirklich schön. Dort gibt es Bäume, und es ist ruhig. Es ist fast wie in einem Park. Mullae Station ist auch einzigartig mit seiner Umgebung.

Eine Sache, die ich im Laufe dieses Projekts gelernt habe, ist, dass ich mir die meisten Stationen oder Umgebungen nicht so abwechslungsreich vorgestellt hätte. Bevor wir mit dem Projekt begonnen haben, wussten wir das nicht und dachten, dass wir in einigen Monaten aufhören würden, weil es langweilig ist. Wenn Sie auf Entdeckungsreise gehen, ist es aber nicht so. Wir haben mehr Vielfalt vorgefunden, als wir erwartet hatten. Als wir zum Beispiel zur Station Ahyeon gegangen sind, haben wir entgegen aller Erwartungen eine östlich-orthodoxe Kirche vorgefunden.

- Wenn Freunde oder Familienmitglieder zum ersten Mal nach Seoul kommen, was würden Sie ihnen zeigen?
Wenn Sie niemals zuvor hier waren, würde ich ihnen definitiv den Gyeongbokgung-Palast, Insa-dong, auf jeden Fall Dongdaemun und den Gwangjang-Markt zeigen, um mit ihnen Bindaetteok zu essen und Makgeolli zu trinken. Ich würde ihnen auch Seongbuk-dong zeigen. Zum Beispiel hat mich mein Bruder letztes Jahr besucht und wir sind zum Bongneunsa-Tempel und zum COEX gefahren, um den Kontrast zu sehen. Um das Nachtleben zu erfahren würde ich vermutlich nach Hongdae gehen und zur Station Noksapyeong fahren, um Itaewon und meinen Lieblingsort zum Makgeolli-Trinken zu sehen. In Itaewon gibt es auch gute Brauereien, und das Seoul Museum of History ist mein Lieblingsmuseum in Seoul. Vielleicht würde ich zur Station Sindang fahren, um dort auf den Jungang-Markt und den großen Flohmarkt zu gehen. Das ist immer interessant.

- Gibt es einen Ort in Korea, den Sie außer Seoul mögen? Wenn ja, warum?
Jeonju würde ich sagen. Das ist eine schöne Stadt, ich mag die traditionellen koreanischen Häuser (Hanok), die traditionellen Dörfer und die alten konfuzianistischen Akademien. Die sind alle sehr schön. Außerdem ist das Essen wunderbar. Ich mag auch Busan sehr. Dort herrscht eine andere Stimmung als in Seoul. Im letzten Sommer sind wir nach Haenam nahe Yeosu und auf die Inseln gefahren. Das war sehr schön: die Aussicht, die Natur, der Frieden und die Ruhe.

- Wenn Sie einen Artikel über Korea schreiben sollten, worüber würden Sie schreiben?
Ich denke, ich würde über die Art und Weise schreiben, in der sich ein Großteil der Stadt verändert und wie sie sich verändert. Ich denke, Seoul ist eine Stadt, die immer noch versucht, ihre Identität zu finden. In den vergangenen 50 bis 60 Jahren hat sich so viel verändert und über einen so langen Zeitraum verändert, und es hat große Entwicklungen gegeben, und nun ist ein Paradigmenwechsel zu beobachten. Heute fokussiert die Stadt auf Design und darauf, eine lebenswerte Stadt zu werden. Ich glaube, dass sie dabei ist herauszufinden, was sie in Zukunft sein will. Ich denke, dass dies das Land und die koreanische Bevölkerung widerspiegelt. Ich bin an solchen Veränderungen interessiert. Natürlich, es gibt eine Menge, worüber man schreiben könnte, zum Beispiel über das Essen und die Kultur, die Veränderungen und die Kunstszene der Stadt.

Weitere Informationen über den „Seoul Sub-->urban"-Blog und das Buch finden Sie unter diesem Link: http://seoulsuburban.com/

Von Yoon Sojung
Redaktion Korea.net
arete@korea.kr
Übersetzung: Dr. Stefanie Grote