Von Christine Kottig
Zum koreanischen Erntedankfest Chuseok (추석) werden zahlreiche Köstlichkeiten gereicht. Darunter auch Songpyeon (송편), eine der wichtigsten Speisen des Feiertages. Man sagt sogar, wer an Chuseok Songpyeon isst, soll in Zukunft Glück haben und seine Wünsche erfüllt bekommen.
Die kleinen Reiskuchen zeichnen sich durch ihre Halbmondform, die glänzende Oberfläche und ihre Farbvarianten aus. Ähnlich wie Tteok (떡) wird Songpyeon aus Klebreismehl hergestellt. Zum Chuseok wird dafür traditionell Mehl aus der ersten Reisernte des Jahres genutzt. Das Mehl wird mit Wasser zu einem Teig verknetet und dann mit natürlichen Farbstoffen aus Früchten und Pflanzen eingefärbt. Besonders häufig werden Songpyeon in Grün und Rot eingefärbt, aber auch gelbe, lila oder schwarze Farbvariationen sind üblich. Nachdem der Teig in kleine Kugeln gerollt wurde, wird mit der Hand eine Mulde in diese gedrückt, um Platz für die Füllung zu machen. Diese besteht traditionell aus roter Bohnenpaste, Sesam, frischen Bohnen oder Pinienkernen. Mittlerweile gibt es auch Füllung aus Früchten oder Gemüse. Anschließend werden die Reiskuchen verschlossen und zu Halbmonden geformt. Bei Bedarf können die Songpyeon nun mit Mustern verziert werden. Ihr glänzendes Aussehen bekommen sie durch den Garprozess im Dampfgarer. Auf Tannennadeln gebettet werden die Songpyeon für circa 20 bis 30 Minuten gedämpft und sind danach servierfertig.
Die Herkunft von Songpyeon ist nicht bekannt. Erste Erwähnung fanden die Reiskuchen in der Goryeo-Periode (고려, 918 bis 1392), wenngleich angenommen wird, dass es Songpyeon bereits vorher gab. Genauso ungeklärt ist der Ursprung der Form von Songpyeon. Eine Erklärung liefert eine Anekdote aus der Regierungszeit von König Uija (왕의자, reg. 641 bis 660) von Baekje (백제) während der Zeit der Drei Königreiche (상국 시대, Mitte 1. Jhd. v. Chr. bis 668). Als sich das Königreich Baekje mit dem Königreich Silla im Krieg befand, soll eine Schildkröte mit merkwürdigen Zeichen auf ihrem Panzer entdeckt worden sein. Diese Zeichen wurden so gedeutet, dass Baekje den Vollmond repräsentiere und Silla den Halbmond. Man schlussfolgerte, dass Baekje den Krieg verlieren werde. Als dies eintrat, verband man die Form des Halbmondes mit einer guten Zukunft. Diese Deutung wurde im Volksglauben auf die Form von Songpyeon übertragen.
Über die Autorin:
Christine Kottig, Masterstudentin der Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Sie absolvierte 2024 ein Praktikum im Koreanischen Kulturzentrum und hat ein ausgeprägtes Interesse an der koreanischen Kultur von der Prähistorie bis zur Gegenwart.