Im Goryeo-Reich (918-1392) war der Buddhismus die dominante Religion gewesen, aber in der Spätphase gab es bereits eine antibuddhistische Haltung der Intellektuellen. Die von Sejong gegründete Jiphyeonjeon („Akademie der versammelten Weisen“, 집현전) übte 1424 schwere Kritik an den „heterodoxen Lehren“ des Buddhismus. Die Literati verwarfen insbesondere die buddhistischen Lehren über die Welt nach dem Tode, weshalb es eine lebenslange Kritik der Beamten an Sejong gab. Zwar hatte er – wie seine Vorgänger – den Zugang zum Mönchtum erschwert und Teile des Tempellandes und Sklaven enteignet, aber er war kein Feind des Buddhismus – wie schon vor ihm der Dynastiegründer Taejo, der den Mönch Muhakdaesa (무학대사, 1327-1405) zu seinem persönlichen Berater ernannt hatte. Sejongs Verbot von Mönchsprozessionen in der Hauptstadt von 1422 führte dazu, dass Mönche diese bis ins späte 19. Jahrhundert nicht betreten durften, dennoch wurde zu besonderen Anlässen am Han-Fluss das buddhistische Suryukjae („Wasser-Land-Ritual“, 수륙재) durchgeführt, so z.B. 1432 unter Leitung seines zweiten Bruders, des Prinzen Hyoryeong (효령 대군), der buddhistischer Mönch geworden war. Einen buddhistischen Schrein ließ er für seinen persönlichen Gebrauch im Palast errichten und nach dem Tode seiner Gemahlin Königin Soheon 1446 gab König Sejong in einer Anzahl von Tempeln buddhistische Rituale in Auftrag und verfasste zu ihrer Erinnerung 1447 sogar das epische Leben Buddhas Der Mond gespiegelt in tausend Flüssen (s.u.). Seinen Kritikern hielt er später entgegen: „Bevor ich König wurde, liebte ich bereits den Buddhismus“. Das hatte ihn aber nicht davon abgehalten, 1424 eine grundlegende Reform des Buddhismus durchzuführen. Die vielen Schulen verteilte er auf zwei Gruppen: Seonjong (Zen-Schule, 선종) und Gyojong (Schule der Doktrinen, 교종); beide Gruppen erhielten jeweils 18 Tempel mit Land zugewiesen. Daoismus und mudang-Riten – die altkoreanische Religion mu (무) oder mugyo (무교) – galten als illegale und sittenwidrige Riten, obgleich es einen offiziellen daoistischen Tempel in Hanseong (heute Seoul) gab und die mudang (무당) [3] bei Fürbitten um Regen und bei der Behandlung von Krankheiten zugelassen war. Erst 1443 wurde letztere aus der Hauptstadt verwiesen und ihre Riten unter Verbot gestellt (Sejong sillok 1443/08/25). Nachhaltig war das Verbot nicht, da die mudang-Riten wie auch der Buddhismus fester Bestandteil des Volksglaubens waren und immer noch sind. Denn letztendlich konnte der Konfuzianismus, der kein Leben nach dem Tode kennt, keine metaphysischen Bedürfnisse befriedigen. Zudem unterstützten die Ming-Herrscher, deren Vasall Korea war, den Buddhismus. Nachhaltig war letztlich nur das Dekret vom 4. April 1427, mit dem Sejong – auf Verlangen des „Amtes für Riten“ den Islam — die Religion der „Hoehoe“ (회회, chin. 回回, huihui, d.i. die muslimische Hui-Ethnie Chinas) – unter Verbot stellte, wohl auch wegen ihrer Lehren über die Welt nach dem Tode.
Administration und Recht wurden vom König ebenfalls reformiert. So wurden die 1397 in Kraft gesetzten „Sechs Verwaltungsgesetze“ 1413 in überarbeiteter Form als Sok Yukjeon (Die ergänzten sechs Gesetze, 속육전) von ihm einer 15 Jahre währenden Revision unterworfen und 1435 veröffentlicht. Auch das Strafrecht wurde reformiert: Das Auspeitschen wurde 1430 untersagt und bei Kapitalverbrechen die Möglichkeit einer dreifachen Berufung an den König geschaffen. Täter unter 15 und über 70 Jahre sollten nicht mehr – sofern kein Raub oder Mord vorlag – eingesperrt werden; bei einem Alter unter 10 oder über 80 Jahren sollte auch selbst bei Kapitalverbrechen keine Haft mehr verhängt werden. Mit dieser Festlegung war Sejong zweifellos seiner Zeit weit voraus, wenn wir an unser heutiges Strafrecht denken! Das grundlose Töten von Sklaven wurde 1430 unter Bestrafung gestellt, verstieß es doch gegen die Mitmenschlichkeit, in (인). 1444 wandte er sich noch einmal gegen das Töten eines Sklaven, der zwar von niedriger Geburt war, aber dennoch aus dem Volk stammte und vom Himmel gegeben war, und untersagte die in Familien geübte richterliche Gewalt. Die Mitmenschlichkeit des Herrschers gestattet nicht zuzuschauen, wenn unschuldige Menschen getötet werden. Der König erwies sich damit als ein Weiser, der die Aussagen der „Westinschrift“ des Zhang Zai, koreanisch Jang Jae (장재, 1020-1077) – es handelt sich hierbei um einen fundamentalen Text des Neokonfuzianismus – als Herrscher ernst nimmt: „Was … Himmel und Erde ausfüllt, sind unsere Körper, und was Himmel und Erde leitet, sind unsere Wesensnaturen. Alle Menschen sind darum unsere Brüder, und alle Dinge sind mit uns verbunden.“ (Übers.Wolfgang Ommerborn). Sejong sah das Volk in seiner Gesamtheit wie folgende Maßnahmen zeigen: 1430 Beurlaubung einer schwangeren Bediensteten der Regierung einen Monat vor der Entbindung und Beurlaubung danach für 100 Tage, 1434 Beurlaubung des Ehemannes für 30 Tage nach der Geburt, 1432 Zulassung der Söhne einfacher Leute an den Landesschulen Hyanghak (향학), Festessen für Senioren beiderlei Geschlechts, denn „die Alten zu ehren, ist eine schöne Aufgabe eines Landes“ (1433). Sein Grundsatz war: „Das gewöhnliche Volk ist das Fundament eines jeden Landes. Nur wenn dieses Fundament stark ist, ist das Land stabil und wohlhabend.“
Zum neuen Kriminalrecht gehört nun auch die Autopsie; auf der Grundlage des ersten Handbuches der Rechtsmedizin des Chinesen Song Ci (宋慈, 1186-1249) ließ Sejong 1439 diesbezüglich ein zweibändiges Regelwerk drucken und an alle Justizbehörden verteilen. Ein weiteres großes Gesetzesvorhaben war die Steuerreform. Wurden bislang nach chinesischem Vorbild Ernteschäden von Inspektoren bewertet – oft zum Nachteil der Bauern –, führte er 1427 ein Abgabengesetz gongbeop (공법) ein, wonach die Abgaben aufgrund der Ernteergebnisse ausgewählter Jahre ermittelt wurden. „Grundlage einer guten Regierung ist“ – so der König – „die Liebe des Herrschers zu seinem Volk. Diese Liebe zeigt sich in den Arten rechtlicher Institutionen, die der Herrscher errichtet.“. 1430 startete eine nationale Umfrage unter den Bauern und Hofbeamten, um die öffentliche Meinung (gongnon) zu erkunden. Nach langen Jahren der Diskussion wurde das Gesetz ab 1444 sukzessive auf das ganze Land ausgedehnt.