Chicken ist bei allen Koreanern beliebt. (© Michaela Auer)
Ein Aspekt, nämlich „Ernährung und Umwelt”, ist besonders interessant, da er einiges an kulturellen Differenzen aufzeigt. In Korea hat das Nahrungsmittel Fleisch einen hohen Stellenwert. Nicht nur in kulinarischer, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Es ist üblich, sich regelmäßig mit Freunden, Kollegen oder der Familie im Grillrestaurant zu treffen. Fragt man Koreaner*innen nach ihrem Lieblingsessen, nennen viele das Gericht „Chicken”. Dabei handelt es sich um frittierte Hähnchenteile, die mit einer Auswahl von unterschiedlichen Soßen serviert werden. Im Fokus steht dabei immer das Fleisch als Herzstück. Grill- und Fleischgerichte sind ein Gemeinschaftsessen, und es wird eine Portion für mehrere am Tisch sitzende Personen bestellt. Somit ist es selbst für Koreaner*innen, die von den Vorteilen des Fleischverzichts bereits überzeugt sind, schwer, den Verzicht auch im Alltag in die Tat umzusetzen, ohne sich ins soziale Aus zu manövrieren. Ein weiterer Aspekt, der einem häufig begegnet, ist die Auffassung, dass Fleisch zur gesunden Ernährung dazugehört. Wer kein Fleisch isst, wird häufig als ungesund, schwach und antriebsarm betrachtet. Diejenigen, die sich gegen den Fleischkonsum aussprechen, werden oft obendrein in eine negative Schublade gesteckt.
Das Bewusstsein für Tierrechte und vegane &/ oder vegetarische Ernährung steckt noch in den Kinderschuhen. Sich für die Lebensbedingungen von Tieren einzusetzen, hat sich in Korea erst in den 00er Jahren langsam entwickelt. Vor allem durch die Popularität von Haustieren ist es für viele ein persönliches Anliegen geworden, die Lebensbedingungen der Straßenkatzen zu verbessern oder gegen den Verzehr von Hundefleisch zu protestieren. Über 10 Millionen Koreaner*innen halten derzeit einen Hund als Haustier, und die tierischen Begleiter sind aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken. Insofern haben sich die Hunde einen Platz innerhalb der koreanischen Familien erobert und werden nicht mehr als Nutztiere betrachtet. Dagegen ist es für die Tiere aus der konventionellen Landwirtschaft noch ein weiter Weg.
Jedoch gibt es mit der steigenden Anzahl von Vegetarier*innen oder Veganer*innen auch eine Tendenz in diese Richtung. In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Vegetarier*innen verzehnfacht (von 150.000 auf 1,5 Millionen).