Gregg A. Brazinsky, Professor für Geschichte und internationale Angelegenheiten an der George Washington University. ⓒ Gregg A. Brazinsky
Von
Yoon Sojung und
Min Yea-Ji
Ein am 11. August von der Washington Post veröffentlichter Artikel über den Handelsstreit zwischen Korea und Japan hat in beiden Ländern für Aufsehen gesorgt.
Der Autor war Gregg A. Brazinsky, Professor für Geschichte und internationale Angelegenheiten an der George Washington University. Brazinsky ist auf ostasiatische Geschichte und Diplomatie spezialisiert und Experte für die internationalen Beziehungen sowohl in Korea als auch in Ostasien. Er hat zwei Bücher über die Modernisierung und Demokratisierung der Republik Korea verfasst.
Er behauptet, dass der jetzige Konflikt auf die mangelnde Reue Japans für seine in der Vergangenheit begangenen Verfehlungen zurückzuführen ist.
In einem E-Mail-Interview mit Korea.net am 16. August sagte er, die gegen Korea verhängten Handelssanktionen Japans seien gekommen, weil Tokio mit der Entscheidung des koreanischen Obersten Gerichtshofs über eine von ehemaligen koreanischen Zwangsarbeitern eingereichte Klage unzufrieden war. Er schrieb: „Wenn sich Japan wie Deutschland für seine Fehler in der Geschichte entschuldigt und den Opfern Beileid ausgesprochen hätte, gäbe es überhaupt keine derartigen Gerichtsverfahren.“
Um einen Durchbruch im jüngsten bilateralen Konflikt zu finden, forderte der Professor beide Regierungen auf, die Handelssanktionen aufzuheben und den Dialog aufzunehmen.
Brazinsky fügte hinzu, dass Japan „aufrichtig und konsequent“ gegen die Koreaner vorgehen und einen Weg zum Dialog finden muss.
Korea.net: Herr Professor Brazinsky. Sie haben in Ihrem neuesten Artikel im Washington Post behauptet, dass der jetzige Konflikt auf die mangelnde Entschuldigung Japans für seine in der Vergangenheit begangenen Verfehlungen zurückzuführen ist. Können Sie das näher erläutern?
Brazinsky: Während Tokio Sicherheitsbedenken als Grund für die anfänglichen neuen Exportbeschränkungen anführte, lieferte es keine Beweise dafür, dass der Export dieser Materialien nach Südkorea seine Sicherheit in irgendeiner Weise beeinträchtigte. Die meisten Experten in den USA glauben, dass Japan begonnen hat, wirtschaftliche Maßnahmen gegen Seoul zu ergreifen, weil es unzufrieden war mit einem jüngsten Gerichtsurteil, wonach japanische Unternehmen Entschädigungen an ihre ehemaligen Opfer zahlen müssen. Wenn sich Japan wie Deutschland für seine Fehler in der Geschichte entschuldigt und den Opfern Beileid ausgesprochen hätte, gäbe es überhaupt keine derartigen Gerichtsverfahren. Ich denke, dass es bei einem Großteil der Wut, die in Südkorea gegen Japan gerichtet ist, nicht nur um Geld geht; es kommt von einem tieferen Gefühl der Enttäuschung darüber, wie japanische Staatschefs mit der Vergangenheit umgehen. Und diese Wut verschlimmert wiederum die Wirtschaftskrise und führt zu Vergeltungen.
Korea.net: Was ist Ihrer Meinung nach der Grund, warum Japan zurückhaltend und nicht gewillt ist, seine historischen Probleme mit Korea zu lösen.
Brazinsky: Ein Teil davon ist das Ergebnis der amerikanischen Politik während des frühen Kalten Krieges. Für die USA war der Antikommunismus eine wichtigere Priorität, als die Aussöhnung zwischen Japan und Korea zu fördern oder Japan dazu zu bringen, die Gräueltaten, die es während des Krieges begangen hatte, vollständig zu büßen. Trotz der Tatsache, dass die Koreaner unter dem japanischen Kolonialismus und während des Zweiten Weltkriegs stark gelitten hatten, gab es keinen einzigen koreanischen Richter oder Staatsanwalt beim ‚Tokyo War Crimes Tribunal‘. Darüber hinaus stellten die USA später enge Beziehungen zu einigen ehemaligen Kriegsverbrechern wie Nobusuke Kishi (1896-1987) her, der in den 1950er Jahren Premierminister wurde. Dies diente dazu, unter Japanern die Wahrnehmung zu schaffen, dass Japan im Zweiten Weltkrieg nicht schlechter als jeder andere Kriegsverbrecher gewesen war und dass seine Gräueltaten eine unvermeidliche Folge des Krieges waren.
Brazinsky: Die Haltung von deutschen Staats- und Regierungschefs unterscheidet sich von japanischen Staats- und Regierungschefs. Der Kniefall von Warschau am 7. Dezember 1970 war eine Demutsgeste im Rahmen der von Bundeskanzler Willy Brandt und seiner Regierung betriebenen Ostpolitik am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos. Ein Besuch, der in die Geschichte eingehen sollte und Willy Brandt weltweit viel Sympathie einbrachte. Aber die japanischen politischen Führer haben niemals eine derartige Geste gezeigt, um ihre Trauer über das, was das japanische Militär in China oder Korea getan hat, zum Ausdruck zu bringen.
Korea.net: Welche Haltung sollte Korea Ihrer Ansicht nach der Welt gegenüber hinsichtlich seiner geschichtlichen Auseinandersetzungen mit Japan einnehmen?
Brazinsky: Ich denke, Südkorea sollte der Welt zeigen, dass es bereit ist, einen ehrlichen und offenen Dialog mit Japan über historische Fragen zu führen. In einem solchen Dialog müssten die Beweise sorgfältig geprüft und den Völkern beider Länder zugänglich gemacht werden. Hoffentlich wird ein solcher Dialog dazu beitragen, die Schrecken des Zweiten Weltkriegs besser aufzuklären und sicherzustellen, dass sie niemals wiederholt werden.
Korea.net: Im jüngsten Handelskonflikt zwischen Korea und Japan nennen viele Medien Tokios Handelssanktionen gegen Seoul de facto als Handelsvergeltung, da ein Urteil des Obersten Gerichtshofs in Korea zugunsten der koreanischen Opfer von Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs ausfällt. Die japanische Regierung behauptet jedoch offiziell, die Sanktionen seien reine Handelssache ohne Bezug zum Urteil. Was ist Ihre Analyse dieser Situation?
Brazinsky: Ich finde es ziemlich schwierig zu glauben, dass die Handelssanktionen keinen Zusammenhang mit dem Urteil hatten. Wenn Japan Beweise dafür hat, dass Seoul Nordkorea Zugang zu sensiblen Technologien gewährt, sollte es die Beweise veröffentlichen. Die Tatsache, dass dies nicht der Fall war, lässt darauf schließen, dass es ein anderes Motiv gibt.
Korea.net: Was ist die ideale Lösung im bilateralen Konflikt?
Brazinsky: Ich würde Japan und Südkorea empfehlen, zunächst die Exportbeschränkungen und Wirtschaftssanktionen aufzuheben. Andernfalls kann dies schwerwiegende Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. In der Tat besteht bei einem erneuten Handelskrieg zwischen den USA und China die reale Gefahr, das System des Freihandels und der Zusammenarbeit zu untergraben, das in den letzten Jahrzehnten erheblich zum Wohlstand Ostasiens beigetragen hat. Ich denke, Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat in seiner Rede anlässlich des Unabhängigkeitstags vom 15. August das Richtige getan, indem er einen versöhnlicheren Ton annahm und anbot, Gespräche mit Japan zu führen.
Brazinsky: Ich halte es jedoch für wichtig, dass die beiden Staaten langfristig einen Weg finden, um eine tiefere Versöhnung zu erreichen. Japan muss aufrichtiger und konsequenter gegen Japan vorgehen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Japan und Südkorea von der gegenseitigen Zusammenarbeit profitieren können. Bessere Beziehungen zwischen den beiden Ländern würden wahrscheinlich zu mehr Wohlstand und Sicherheit führen.
Gregg A. Brazinsky, Professor an der George Washington University, kritisierte in seinem am 11. August von der Washington Post veröffentlichten Artikel, die mangelnde Reue Japans für seine früheren Verfehlungen. ⓒ Washington Post
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