Unzählige historische Felszeichnungen von Walen und vom Walfang sind im südöstlichen Teil der koreanischen Halbinsel zu finden und ziehen Archäologen aus aller Welt an. Man geht davon aus, dass es sich bei ihnen um die ersten Hinweise auf die prähistorischen Ursprünge des Walfangs handelt. Diese Felszeichnungen befinden sich in Bangudae im oberen Bereich des Flusses Taehwagang in der Nähe von Ulsan in Gyeongsangbuk-do (Provinz Nord-Gyeongsang). Rund 300 Figuren, die Land, Meerestiere und Walfangszenen zeigen, sind auf einer Felswand abgebildet, die eine Fläche von zehn mal drei Metern misst.
Der Name Bangudae ist eine Zusammensetzung aus den koreanischen Worten ban (Panzer oder Muschel), gu (Schildkröte) und dae (bezeichnet ein Gebäude oder einen Ort wie einen Ort mit Felszeichnungen); die Felsformation selbst soll in ihrer Form dem Rücken einer Schildkröte ähneln.
Die Felszeichnungen von Bangudae erhielten neulich in der Februar-Ausgabe von „Current World Archaeology”, einem britischen Magazin für Archäologie, besondere Aufmerksamkeit. Ausgehend von seinem Besuch in Bangudae veröffentlichte Archäologieprofessor Brian Fagan einen dreiseitigen Artikel, „Discovering a Lost World” (,Eine untergegangene Welt entdecken’), in dem er seine Beobachtungen über die Felszeichnungen darlegt.
Er schloss seinen Artikel mit den Worten: „Die Felszeichnungen von Bangudae erinnern uns an die bemerkenswerten Fähigkeiten von solch historischen Walfängern, die die weltweit größten Tiere mit den einfachsten Waffen angriffen, indem sie sich auf ihr Wissen über ihre Beute und ihre scharfe Beobachtungsgabe verließen, sowie auf komplexe, heute vergessene Rituale, die sich als eine machtvolle Absicherung für die Jagd erwiesen.“
Die Felszeichnungen von Bangudae, etwa 300 in die Steinwände eingravierte Figuren, sind ein prähistorisches Kulturgut aus dem Neolithikum, das zeigt, dass die Menschen, die hier lebten, ihren Lebensunterhalt vor allem durch Fischen oder Jagen bestritten. Die Felszeichnungen, die eines der selteneren Beispiele für prähistorische Kunst sind, haben die Aufmerksamkeit der Archäologie- und Kunstszene auf sich gezogen (Foto: Yonhap News).
Die Felszeichnungen von Bangudae wurden 1971 entdeckt. Die Figuren, die auf die Steinwände eingeritzt wurden, stellen Menschen und verschiedene Tierarten – Wale, Schildkröten, Wild, Tiger, Vögel und Schweine – dar, sowie Waffen einschließlich eines Bogens und eines Speers. Forscher glauben, dass die Felszeichnungen über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten angefertigt wurden, vom Neolithikum bis zum Bronzezeitalter. Darunter befinden sich 58 Zeichnungen von Walen und Walfang, die für das größte Aufsehen gesorgt haben. Die Felszeichnungen zeigen viele verschiedene Wale, sogar einen, der ein Junges zur Welt bringt. Forscher deuten die Zeichnungen als Symbol für eine aktive Jagdkultur, für Wohlstand und Reichtum. Neben den Figuren werden in den historischen Kunstwerken auch Walfangtechniken dargestellt.
Bis zur Entdeckung von Bangudae ging man davon aus, dass der Walfang in der Zeit um 4000 v.Chr. in Norwegen begann, basierend auf Felszeichnungen in der norwegischen Stadt Alta. 2004 berichtete jedoch die BBC, dass „Menschen der Steinzeit bereits 6000 v.Chr. mit dem Walfang begonnen haben könnten, wie neue Beweise aus Südkorea vermuten lassen.“ Dies erregte das Interesse der Medien und Archäologen weltweit.
Hervorhebungen der Tierfiguren in den Felszeichnungen von Bangudae
Seit ihrer Entdeckung wurden die Felszeichnungen von Bangudae als wichtige Quelle betrachtet, um einen Einblick in die Werte, Vorstellungen und religiösen Anschauungen der Menschheit in einer Zeit zu geben, bevor die geschichtlichen Aufzeichnungen begannen. Der Ozeanograph Daniel Robineau schrieb in seinem Buch „Une Histoire de la chasse a la baleine“ (,Eine Geschichte des Walfangs‘), das 2007 veröffentlicht wurde, dass der allererste Walfang in Korea begann, wie die Felszeichnungen zeigen.
Der französische Archäologe und Filmemacher Marc Azéma sagte, dass ihn die koreanischen Felszeichnungen möglicherweise zu seinem Filmkonzept in seinem Buch „La Préhistoire du cinéma” (,Kino in prähistorischen Zeiten’) inspiriert haben könnten. Im Jahr 2013 erhielten die Felszeichnungen neue Aufmerksamkeit, als das französische Journal „Archéologie“ das Kunstwerk als ein bewegliches Objekt beschrieb, das mit einem Kino- oder Trickfilm zu vergleichen ist.
In der Februar-Ausgabe der „Current World Archeology“ werden die Felszeichnungen von Bangudae vorgestellt.
Direktor Lee Sang-mog vom Ulsan Petroglyph Museum (Museum für Felszeichnungen Ulsan) sagte, dass es in den vergangenen Jahren eine Reihe von Anfragen gegeben habe, die Felszeichnungen zu verwenden. „Eine wachsende Zahl von Forschern und Gelehrten scheint die Felszeichnungen aus einer Vielzahl von Perspektiven zu erforschen, sei es die Mythologie, die das Kunstwerk umgibt, oder seine künstlerischen Vorzüge.“
Von Lee Seung-ah
Redakteurin, Korea.net
slee27@korea.kr