Haeinsa ist einer der Juwelen des koreanischen buddhistischen Jogye-Ordens. ⓒ iclickart/Die unbefugte Verwendung dieses Fotos ist nach dem Urheberrechtsgesetz strengstens untersagt.
Von Korea.net-Ehrenberichterstatterin Bianca Kuchenbrod aus Deutschland
Obwohl ein Großteil der Südkoreaner atheistisch sind, gibt es auch über 40 %, die sich einer Religion zuordnen. Protestantismus, koreanischer Buddhismus und Katholizismus machen den Löwenanteil aus. Bemerkenswert sind die vielen buddhistischen Tempel im ganzen Land, die gerne auch für Touristen offen stehen, um ihnen den Buddhismus nahezubringen. Einer davon ist der weltbekannte Tempel Haeinsa, der auch auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO steht. Haeinsa ist einer der Juwelen des koreanischen buddhistischen Jogye-Ordens und wurde 802 gegründet. Die Bedeutung des Tempels rührt daher, dass er seit der Joseon-Zeit Aufbewahrungsort der „Tripitaka Koreana“ ist, das sind ca. 81.258 Druckplatten aus Holz, die buddhistische Schriften beinhalten. 16 Jahre hatte deren Erstellung damals gedauert. Der Tempel ist einer von zehn, die auf der Lehre der Avatamsaka-Sutra erbaut wurden. Innerhalb der Avatamsaka-Sutra gibt es eine Phrase, die sich auf „Haein Sammae“ bezieht, von der sich der Name Haeinsa ableitet. Der Haeinsa-Tempel befindet sich im Gayasan National Park und liegt in der Provinz Gyeongsangnam-do.
In diesem Tempel kann man, so wie in vielen buddhistischen Tempeln Koreas, einen Tempelstay machen. Für mich stand bereits vor Beginn der Reise fest, dass ich unbedingt einen kurzen Tempelstay absolvieren wollte – am liebsten in allen Tempeln. Das war natürlich nicht möglich. Die Auswahl war nicht ganz leicht, zumal es auch in meinen vollgepackten Reiseplan 2017 passen musste. Die Buchung läuft zum Glück recht einfach über die Templestay-Webseite des Cultural Corps of Korean Buddhism. Dort kann man alle verfügbaren Templestays anschauen und sich über die Zeiten und Programme informieren.
Nachdem man mir bestätigt hatte, dass ich auch ohne Koreanischkenntnisse teilnehmen konnte, buchte ich mich in das Wochenendprogramm des Haeinsa-Tempels ein. Auch ohne Buddhismus zu praktizieren, ist der Aufenthalt sehr spannend, da man den Tempel und seine Bewohner von einer anderen Seite kennenlernt als vielleicht bei einem kurzen ein- bis zweistündigen Streifzug durch den Tempel. Für die Anreise sollte man ein wenig Zeit einplanen, da von der Bushaltestelle bis zum Tempel ein circa 25-minütiger Fußmarsch oder eine Taxifahrt liegt. Auch muss man sich vorab registrieren, was nur bis zu einer gewissen Uhrzeit möglich ist. Danach ging es zur Begrüßung weiter mit einem Kratzbild, bei dem eine Figur mit Trommel mit einem kleinen Holzstift freigekratzt werden konnte. Dabei kann man die Gedanken gut abschalten und sich ganz auf die Beschäftigung fokussieren – ein Trend der übrigens um dieselbe Zeit auch im deutschen Kinderbuchsegment unter der Bezeichnung Kratzelbild oder Krickel-Kratz-Bild stark vertreten war.
Mönche beim Schlagen der Dharma-Trommel. ⓒ Bianca Kuchenbrod
Danach wird die große Dharma-Trommel, genannt Beopgo, nach einer fest vorgegebenen Rhythmenfolge geschlagen. Dieser Klang soll die Tiere zur Erleuchtung führen. Ich lausche fasziniert dem rhythmischen Schlagen. Langsam zieht ein leichtes Abendrot auf und zum Abschluss des Tages führen wir unter Anleitung eines Mönches eine Geh-Meditation durch. Dabei laufen wir über eine Wiese und versuchen, die Gedanken frei zu bekommen und uns auf das Plätschern des nahen Flusslaufes zu konzentrieren. Anschließend gibt es noch eine wenig freie Zeit, bis es zwischen neun Uhr abends und Mitternacht Zeit für die Bettruhe ist. Es empfiehlt sich allerdings, früher schlafen zu gehen, denn die Yebul, die täglichen Gebete, beginnen am Morgen bereits um drei Uhr. Wenig Zeit also, um sich auszuschlafen. Das rhythmische Schlagen der Moktak ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben, sodass mir deren Auftauchen im Drama „Vincenzo“ ein kleines Grinsen entlockt. Die Morgengebete sind hart, denn es stehen insbesondere die 108 Niederwerfungen auf dem Programm begleitet von den melodiösen Gebeten der Mönche. Diese Gebete finden in der Haupthalle statt.
Das Frühstück ist wieder genauso lecker wie bereits das Abendessen mit Kohlsuppe, Reis, Kimchi, Algen und noch weiterem Gemüse. Die Tempelküche hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen. Später gibt es noch die Teestunde mit einem Sunim, also mit einem Mönch. An die genauen Gesprächsthemen kann ich mich leider nicht mehr erinnern, aber ich war sehr beeindruckt von der Weltoffenheit der Mönche. Zum Tee dazu gibt es „Songpyeon“, traditionelle Reiskuchen, die die Form eines Halbmondes haben und verschiedene Füllungen wie rote Bohnen oder Kastanien haben können. Danach steht ein letztes, überaus leckeres Mittagessen an, bevor es heißt: Abschied nehmen.
Das Programm und auch die Räumlichkeiten, in denen der Templestay stattfindet, haben sich ein wenig verändert, seit ich da war. Mittlerweile wird vor allem angeboten, dass man mit einer Nachbildung eines Tripitaka Koreana Blocks selbst einen Druck herstellen kann oder auch ein Gebetsarmband aus Holzperlen. Andere Tempel haben andere Bastel- und Meditationsangebote. Auch sind die Unterkünfte inzwischen mit Betten oder mit Stockbetten ausgestattet. Falls die Zeit für den Templestay zu knapp sein sollte, so empfiehlt sich auf jeden Fall ein Besuch im Temple Stay Information Center in Seoul. Auch dort kann man im Tempelrestaurant „Balwoo Gongyang“ die leckere Tempelküche probieren. Einmal mehr inspiriert von der Netflix Serie „Chef's table“, kann ich hoffentlich eines Tages den Baegyangsa-Tempel besuchen und die Tempelküche von Nonne Jeong Kwan probieren.
Mittagessen im Haeinsa-Tempel mit leckerer frischer Tempelküche. ⓒ Bianca Kuchenbrod
Geh-Meditation im Sonnenuntergang. ⓒ Bianca Kuchenbrod
Die Unterkünfte der Programmteilnehmer. ⓒ Bianca Kuchenbrod
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