Ehrenberichterstatter

09.07.2021

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Während Koreas 5.000-jähriger Geschichte hat sich der Hanbok als Grundkleidungsstück des Alltags bewährt, während sich Stile und Formen basierend auf dem Lebensstil, den sozialen Bedingungen und den ästhetischen Vorlieben, im Laufe der Zeit wandelten. ⓒ Bianca Kuchenbrod



Von Korea.net-Ehrenberichterstatterin Bianca Kuchenbrod aus Deutschland

Eine der wichtigsten Epochen der koreanischen Geschichte bis heute ist vermutlich die Joseon-Zeit von 1392 bis 1910. Zahlreiche historische Dramen laden uns auch heute noch ein, in dieser Zeit zu schwelgen und die aufwendige Bekleidung aus der damaligen Zeit zu bewundern, allen voran auch das beliebte Zombie-Drama „Kingdom“.

Bis heute noch kann man die Wachen vor dem Gyongbokgung-Palast in ihren Jeonboks, einer Abwandlung des international bekannten Hanboks ohne Ärmel und Kragen, bewundern. Dieser war bis 1883 als Uniform für Militärsoffiziere im Einsatz. Ab 1888 wurde er zur täglichen Kleidung für zivile und Militärsoffiziere. Auch sämtliche Touristen posen gerne vor dem Palast in geliehenen Hanboks und fühlen sich dabei in die Joseon-Zeit zurückversetzt.

Der Hanbok, wörtlich übersetzt koreanische Kleidung, wurde ebenso stark von der Joseon-Zeit geprägt. Obwohl seine Geschichte bis in die Zeit der Drei Reiche von Korea zurückgeführt werden kann, als Männer und Frauen bereits die Oberbekleidung Jeogori sowie weite Hosen Baji für Männer und lange Röcke Chima für Frauen trugen, stammen die wichtigsten Züge und das Grunddesign aus des modernen Hanboks aus der Joseon-Zeit.

Wichtiger Bestandteil des Hanbok ist nach wie vor die bereits erwähnte Oberbekleidung Jeogori, die es sowohl für Frauen als auch für Männer gibt. Die Oberschicht der Joseon-Zeit, genannt Yangban, setzte sich durch besonders auffällige Farben auf dem Ausschnitt und dem Kragen des Jeogori von der Unterschicht ab, die nur ein einfacheres Design mit weniger Farbauswahl tragen durfte. Ein ähnliches Konzept findet sich in Deutschland auch im Mittelalter, wo die Farbe der Kleidung vom Stand der Person abhing und tendenziell natürlich Bauern und einfaches Volk sich keine farbenfrohe Kleidung und teure Stoffe leisten konnten. Beliebte Farben für den Hanbok waren rötliches Violett und Indigoblau, für den Jeogori wählte man innerhalb der Oberschicht gerne gelb. Auch trug man in der Oberschicht bevorzugt Accessoires und Schmuck wie Anhänger aus Gold und anderen Edelsteinen, genannt Norigae, die an einem Goreum hingen. Auch das Haar schmückte man reichlich mit einer Haarnadel, der sogenannten Binyeo, kleinen Haarnadeln, den Dwitkkoji, und Ringen. Dieser Haarschmuck war besonderen Feiern vorbehalten. Es gab einen genauen Farbcode für die Jeogori. Anhand der Jeogori-Farbe ließ sich auch der Heirats-Status einer Frau ablesen. So trugen unverheiratete Frauen gelbe Jeogori in Verbindung mit scharlachroten Chima, junge Bräute trugen grüne Jeogori mit scharlachroten Chima und verheiratete Frauen trugen gelbe Oberbekleidung mit einem blauen Rock.

Eine Gruppe von Darstellern des jährlichen „Hello, Mr. K‘-Konzert 2019 posiert im Hanbok im Garten Huwon des Palastes Changdeokgung, Seoul. ⓒ Korea.net DB



Weiterer Bestandteil des Hanbok ist traditionell der Chima für Frauen oder die Hosen Baji für Männer. Jeogori und Chima ergänzten sich oftmals durch Kontrastfarben und -materialien. Auch können die einzelnen Betandteile jeweils die Figur der tragenden Person betonen oder kaschieren. Auch beim Chima konnte sich die Oberschicht wieder absetzen, indem ihre Chima mehr Bundfalten hatten, weiter waren und auf der anderen Seite überlagert wurden als beim einfachen Volk. Der Chima wird über die Taille gezogen und mithilfe einer seidenen Schärpe, oftmals in Blau oder Indigo, über der Jacke am Oberkörper festgebunden. Der heutige Hanbok für Frauen orientiert sich an denen der adeligen Frauen der Joseon-Zeit und drückt gleichzeitig reservierte Schönheit aus, indem nicht zu viel Haut gezeigt wird. Fließende Linien und Kurven machen nach wie vor die Ästhetik des Hanboks aus.

In der Farbwahl war neben den bereits genannten Farben lange Zeit weiß sowohl für Männer- als auch für Frauenkleidung sehr beliebt. Andererseits ist gerade beim Hanbok die Kombination kräftiger Farben auch eine Eigenschaft. Während das einfache Volk die Grundfarben hauptsächlich zu saisonalen Festlichkeiten und Zeremonien wie Hochzeiten anzogen, trug die Oberschicht sie jederzeit. Von den fünf Kardinalfarben stand gelb für Kaiser und Kaiserin und rot für König und Königin. Die Farbe der Kleidung für besondere Anlässe ergab sich aus der Klasse und dem Rang des Ehemanns. Generell gestaltete sich die Farbkombination der Hanboks komplementär, das heißt grün und rot wurden kombiniert sowie gelb und blau. Auch Regenbogenfarben wurden für Hochzeitskleider oder für Festlichkeiten und für Kinder benutzt.

Auch über die Farbgebung hinaus gibt es noch eine weitere Symbolik in den Mustern und Ornamenten des Hanboks. So konnte man über das Muster des Hanbok seine Wünsche ausdrücken. Aufgestickte Pfingstrosen auf dem Brautkleid drückten Wünsche von Wohlstand und Ehre aus. Die Lotusblume, das Zeichen für Vornehmheit und Adel, war beispielsweise beliebt auf Raumteilern. Fledermäuse und Granatäpfel symbolisierten viele Kinder. Dekorationen mit Drachen, Phönix, Reiher und Tiger hingegen waren exklusiv der Oberschicht vorbehalten. Auch konnte man seine Wünsche über chinesische Schriftzeichen ausdrücken.

Je nach Schicht gab es noch weitere Unterschiede in der Bekleidung. Der König und die Königin hatten eigene Kleidung, aber auch für Mitglieder der Yangban-Oberschicht gab es Dangui für kleinere Zeremonien und eine eigene offizielle Kleidung genannt Jobok als offizielle Hofbekleidung. Auch die Gelehrten, die eine wichtige Rolle in der Joseon-Zeit einnahmen, hatten eigene Bekleidung wie das Oberkleid Dopo als tägliche Oberbekleidung. Auch die Hochzeitskleidung unterschied sich gemäß Stand und Adel voneinander. Zusätzlich gab es auch für die Gisaeng, die weiblichen Unterhalterinnen eigene Farben und Symbolik. Selbst für Trauer gab es einen eigenen Hanbok.

Im Übergang zur Moderne kamen andere Einflüsse dazu wie beispielsweise Jokki, die Weste im westlichen Stil, oder auch Magoja, eine äußere Jacke, die ursprünglich aus der Mandschurei stammt. Bei den Männern verschwand der Hut, der Gat heißt, und wurde später unter anderem durch den Panama-Hut aus dem Westen ersetzt.

Nach und nach änderte sich auch durch westlichen Einfluss die Rolle der Frau bis schließlich in den 1920ern der Begriff Shinyeoseong – neue Frau – beliebt wurde. Das bezog sich auf Frauen, die eine bessere Bildung genossen hatten, westliche Kleidung trugen und unabhängiger waren. 1899 trug die Frauenrechtsaktivistin Yun Ko-Ra das erste Mal westliche Kleidung. Schließlich wurden im Zuge der Emanzipierung auch seitens der Frauen Änderungen am Hanbok gefordert, damit er sich im Altag besser den Aktivitäten anpassen kann.

Gab es während der Joseon-Zeit noch eine Kopfbedeckung, so wurde diese jetzt abgeschafft und die Länge der Jeogori wuchs. Mit dem Verschwinden der Kopfbedeckung wuchs auch das Interesse an Frisuren. Sonnenschirme gewannnen an Beliebtheit, zum Teil hielten westliche Schuhe Einzug und der Wickelrock wurde zu einem nahtlosen Einteiler. Auch die Länge des Rocks wurde kürzer von über Knöchelhöhe bis hin zu Kniehöhe. Ende der 1920er verschwanden die Ornamente. Zur gleichen Zeit kamen neue Kleidungsstücke in der weiblichen Mode auf mit einteiligen Kleidern, Jacken, Pullovern und verschiedenen Röcken. Umhänge und Mäntel wurden beliebt und zu dieser Zeit kamen auch Sportkleidung, Schwimmkleidung und die Handtasche auf. Auch die Farben wurden in den 1930ern vielfältiger und Sandalen hielten ebenso Einzug in die Schuhmode.

Ab den 1950ern begann man, Nylon zu importieren, was einen großen Einfluss auf die koreanische Mode haben sollte. Selbst die erste Modeshow wurde am 29.11.1956 abgehalten und zeigte Werke der ersten koreanischen Modedesignerin Norah Noh. Die Designerin begann danach Kleider für Schauspielerinnen und Musikerinnen zu entwerfen. Sie mischte in ihrem Stil westliche und traditionell koreanische Kleidung. In den 1960ern beeinflussten der Minirock und die westliche Popkultur die Gesellschaft, zudem waren Modezeitschriften wie die „Vogue“ jetzt verfügbar. Auch die Modedesigner begannen sich zu organisieren. Nach wie vor blieb der Trend, sich an traditionellen koreanischen Mustern zu orientieren, so auch durch die koreanische Designerin Choi Gyeong-ja, die sich an Mustern und Stickereien aus der Goryeo-Zeit orientierte.

In den 1970er Jahren wuchs die Textilindustrie und wandelte sich zur Exportindustrie. Zudem wurden jetzt auch synthetische Textilien hergestellt wie Acryl-, Polyester- und Nylonfasern. Zur gleichen Zeit hielt auch die „Hippiekultur“ Einzug in die Modewelt der jungen Generation zusammen mit amerikanischen Einflüssen wie Minirock, Hot Pants und Blue Jeans während bei den wohlhabenden Koreanerinnen Leder, Pelz und Fell begehrt waren. Bei den Männern wuchs die Beliebtheit des Anzugs. Westliche Marken wie Nike und Adidas hielten Einzug und im Luxusbereich Marken wie Yves Saint Laurent. „Unisex“ und „Retro“ waren beliebte Trends in dieser Zeit.

Schließlich wendete sich langsam das Blatt mit Beginn der 1990er, als auch K-Pop geboren wurde. Koreanische Mode gewann auch im Ausland an Interesse. So kamen Lee Young Hees Hanbok-Kollektionen 1993 als erstes nach Paris in die Prêt-à-Porter-Kollektion. Weitere koreanische Designer wie Lie Sang Bong und Kim Ji-hae folgten ihrem Beispiel und eroberten damit Paris. Alle hatten gemeinsam, dass sie die traditionelle koreanische Kleidung und Ästhetik reinterpretierten und mit modernen Materialien kombinierten.

Die Ausstellung „Working in Hanbok“ wurde im Juni 2021 in Seoul eröffnet. Verschiedene Designer haben zusammengearbeitet, um die traditionellen Kleidungen im täglichen Leben einzubeziehen. ⓒ Korea.net DB



Heutzutage hat der Hanbok einen Kultstatus gewonnen und wird von First Ladys wie von Modedesignern stolz präsentiert. Auch die koreanischen Dramen haben weltweit dazu beigetragen. 2013 gab es in Los Angeles eine Ausstellung zum Hanbok von Designerin Lee Hyon-sook, die verschiedene Hanbok-Repliken ausstellte von der Zeit der Drei Reiche von Korea bis heute. Mittlerweile wurden auch westliche Designer wie die venezuelanisch-amerikanische Designerin Carolina Herrera oder auch der belgische Designer Dries von Noten davon inspiriert. Seit 2004 gibt es sogar ein ganzes Museum in Manhattan, das Lee Young Hee Museum of Korean Culture, welches dem Hanbok gewidmet ist. Es wurde von der Modedesignerin Lee Young Hee eröffnet und mit einer Spende von 1.000 Hanboks, Accessoires und Antiquitäten von ihr ausgestattet.

Weitere Designer, die auch international zum Bekanntheitsgrad des Hanbok beitragen, sind Kim Hye-soon, die sämtliche historische Dramen mit Outfits ausgestattet hat, Lee Cinu, die sehr moderne Stoffe mit sehr traditionellen Elementen vermischt, und Jin Tae-ok, die ebenfalls westliche und koreanische Elemente kombiniert. Seit 1996 hat der Hanbok seinen eigenen Tag im Kalender, um die Koreanerinnen und Koreaner anzuregen, an diesem Tag den Hanbok zu tragen. Auch im Bereich K-Pop hat der Hanbok Einfluss genommen, so zum Beispiel durch die Hanbok-Marke Leesle, die auch LOONA als diesjährige Botschafterinnen für das KOCIS, aber auch viele andere Idols und Athleten ausgestattet hat.

Die Beliebtheit des Hanbok und auch sein Einfluss auf die aktuelle Mode sind also ungebrochen, auch wenn der klassische Hanbok eher mittlerweile zu Festlichkeiten wie Feiertagen und Hochzeiten getragen wird. Dafür gibt es moderne Formen, die schlichter und mit weniger Lagen ausgestattet, aber somit alltagstauglicher sind. Die verschiedenen Ornamente und Farbgebungen des Hanbok sowie dessen Muster beeinflussen aber weiterhin auch die aktuelle Mode und die Streetwear.

jesimin@korea.kr

Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.