Ehrenberichterstatter

01.04.2022

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 Südkorea – ein Land zwischen Tradition und Moderne, über dessen Sprache, Geschichte und Kultur im Studienfach Koreanistik ausgiebig gelernt wird. ⓒ Korea.net DB

Südkorea – ein Land zwischen Tradition und Moderne, über dessen Sprache, Geschichte und Kultur im Studienfach Koreanistik ausgiebig gelernt wird. ⓒ Korea.net DB


Von Korea.net-Ehrenberichterstatterin Anna-Lena Kwelik aus Deutschland 


Mit dem wachsenden Interesse an koreanischer Popkultur und koreanischer Sprache steigt seit einiger Zeit auch die Zahl der Personen, die sich beispielsweise nach ihrem Schulabschluss dazu entscheiden, Koreanistik an der Universität zu studieren. Koreanistik als Studienfach wird in Deutschland an einigen wenigen Universitäten angeboten – darunter auch an der Ruhr-Universität Bochum in Nordrhein-Westfalen. Das Bachelorstudium Koreanistik, welches als Zweifach-Bachelor zusätzlich ein gleichwertiges Zweitfach erfordert, beläuft sich dort auf sechs Semester Regelstudienzeit und endet mit einem Bachelor of Arts. Auch ein Masterstudium bestehend aus vier Semestern Regelstudienzeit ist im Anschluss an den Bachelor möglich und sinnvoll.

Aber was genau lernt man in der Koreanistik, welche Argumente sprechen für diesen Studiengang und welche beruflichen Perspektiven stehen am Ende des Studiums offen? Um diese Fragen zu beantworten und allen Interessierten einen hilfreichen Einblick in das Studium der Koreanistik zu bieten, wurden fünf Studierende sowie Prof. Dr. Marion Eggert – Professorin und Leiterin der Sektion Sprache und Kultur Koreas an der Ruhr-Universität Bochum – nach ihren eigenen Erfahrungen, Meinungen und Empfehlungen befragt.


Welche Gründe haben dich persönlich dazu bewegt, Koreanistik zu studieren?

Joeline W. (22, Zweitfach Medienwissenschaft): Ich hatte seit mehreren Jahren großes Interesse an der koreanischen Kultur, insbesondere der Musik und der Filmbranche. Daraus ist dann der Wunsch entstanden, Koreanisch zu lernen. Gleichzeitig habe ich mein Erststudium abgeschlossen und als ich mir die Frage gestellt habe, was ich danach gerne machen möchte, kam mir direkt das Koreanistik Studium in den Sinn.

Jolina L. (20, Zweitfach Medienwissenschaft): Hauptsächlich hat mich eine große Begeisterung für fremde Kulturen und Sprachen zu einem Studium bewegt, das genau darauf einen Fokus legt. Koreanistik anstelle eines anderen sprachenorientierten Fachs wurde es dann aus dem persönlichen Grund, dass ich mit koreanischem Migrationshintergrund, jedoch nur wenig kulturellem Verständnis und ohne jegliche Kenntnisse der koreanischen Sprache aufgewachsen bin. Das Studium betrachte ich als Gelegenheit, einen größeren Bezug zur koreanischen Sprache und Kultur (und auch zu meiner koreanischen Familie) herzustellen und in dem Zuge auch persönliche Identitätsfragen aufzuarbeiten.

Pia H. (23, Zweitfach Japanologie): Ich habe zum Ende meines vorherigen Studiums gemerkt, dass ich mir mehr Kreativität wünschte und dass ich doch eigentlich schon immer gern Sprachen gelernt und mich mit anderen Kulturen beschäftigt habe. Hinzu kam, dass ich seit geraumer Zeit angefangen hatte, mich mit Korea zu beschäftigen. So kam die Idee auf, mich für Koreanistik einzuschreiben.

Veronique R. (24, Zweitfach Medienwissenschaft): Ich interessierte mich vor Beginn des Studiums schon viele Jahre für die koreanische Popkultur und diese wurde für mich zum Alltag. Die Sprache selber finde ich ebenfalls sehr schön und interessant und ich habe versucht mir diese beizubringen. Nachdem Freunde mich ermutigt hatten Medienwissenschaften zu studieren, benötigte ich noch ein Zweitfach. Die Wahl viel mehr sehr leicht, da Koreanistik zur Verfügung stand. Neben dem Sprachstudium hat mich besonders die intensive Lehre der Geschichte Koreas gereizt. Meine persönlichen Interessen mit meinem Studium vereinen zu können und mehr über die Kultur Koreas zu lernen, würde ich als Hauptgrund nennen.

Saniye A. (22, Zweitfach Japanologie): Der Hauptgrund für meine Entscheidung, Koreanistik zu studieren, war mein Interesse an der Popkultur Koreas und das daraus entstandene Interesse für die Sprache, Kultur und Geschichte des Landes. Mein Wunsch, die faszinierende Kultur Koreas besser zu verstehen und die Sprache zu erlernen, um mit Einheimischen zu kommunizieren, ist sehr groß.



Von links und im Uhrzeigersinn: Film „Minari“ ⓒ Pan Cinema, K-Pop-Boyband BTS. ⓒ Yonhap News, Film „Parasite“ und Netflix-Superhit „Squid Game“.

Von links und im Uhrzeigersinn: Film „Minari“ ⓒ Pan Cinema, K-Pop-Boyband BTS. ⓒ Yonhap News, Film „Parasite“ und Netflix-Superhit „Squid Game“.



Welche deiner Erwartungen an das Studium haben sich bewahrheitet – und welche nicht?

Joeline W.: In meinem Studium habe ich wie erwartet viel über die koreanische Geschichte im Kontext Ostasiens gelernt. Zudem begann das Studium mit einer intensiven Sprachausbildung, die jedoch leider nicht bis zum Studienende durchgezogen wird. Überrascht hat mich die intensive Hanmun-Ausbildung, also klassisches Chinesisch. Wir müssen nicht nur mehrere hundert chinesischer Zeichen in koreanischer Aussprache und deutscher Übersetzung lernen, sondern auch Texte in klassischem Chinesisch übersetzen können.

Jolina L.: Vor Beginn des Studiums habe ich befürchtet, dass es sehr zeit- und arbeitsintensiv sein würde, und ich war mir unsicher, inwiefern meine hohen Erwartungen in Bezug auf die Sprachausbildung erfüllt werden würden. Mittlerweile empfinde ich das Studium als weniger aufwändig als gedacht, was vielleicht auch daran liegt, dass ich im Laufe der Zeit an Motivation und Spaß am Fach dazu gewonnen habe. Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass die koreanischen Sprachkurse im Koreanistik-Studium noch intensiver und umfassender wären, da ich einen Großteil des Sprachenlernens außerhalb von der Universität leisten musste, um meine erhofften Lernziele zu erreichen.

Pia H.: Ich denke, dass ich den Anteil des Selbststudiums etwas unterschätzt habe. Im Unterricht gibt es zwar schon auch die eine oder andere praktische Übung, aber um wirklich zu üben, Konversationen zu führen, muss man sich selbst zum Beispiel eine*n Tandempartner*in suchen. Meine Erwartung, dass das Studium zu einem großen Teil aus Sprachkursen besteht, hat sich allerdings erfüllt und ich bin sehr froh darüber.

Veronique R.: Dass es sehr intensiv ist. Ansonsten hatte ich eigentlich keine besonderen Erwartungen, viel mehr habe ich mich einfach darauf gefreut, viel Neues und Interessantes lernen zu können. 


Saniye A.: Der Gedanke, im Sprachkurs schnell und einfach die koreanische Sprache zu erlernen, hat sich in im Studium etwas anders herausgestellt als erwartet. Das intensive Erlernen von Grammatik und Vokabeln bringt nicht direkt eine Anwendbarkeit in der Praxis mit sich; dies ist mir schnell aufgefallen und hat mich dazu bewegt, selber viel Mühe in das tatsächliche Sprechen der Sprache zu stecken. Insgesamt ist das Studium sehr informativ und deckt auch viele meiner Interessenbereiche ab, wenn auch etwas intensiver als manch einer von einem Kultur- und Sprachstudium erwarten würde.

Was hat dir in deinem bisherigen Koreanistik-Studium am meisten Freude bereitet? Was war bisher die größte Herausforderung?

Joeline W.: Am meisten Spaß habe ich an der Sprache. Die verschiedenen Sprachkurse mit Schwerpunkten auf Grammatik, Sprachaktivierung und Übersetzung sind der Hauptgrund dafür, warum mir dieses Studium so viel Freude bereitet. Die größte Herausforderung ist das Übersetzen klassisch chinesischer Texte.

Jolina L.: An meinem bisherigen Studium hat mir die größte Freude bereitet, gemeinsam mit Menschen, die sich für ähnliche Dinge begeistern wie ich, mehr über Korea und all seine Facetten zu lernen. Überraschenderweise habe ich im Laufe des Studiums auch eine große Leidenschaft für chinesische Schriftzeichen entwickelt; ein Bestandteil des Studiums, den ich vorher als eher müßig eingeschätzt habe. Die größte Herausforderung für mich war es, die nötige Disziplin für das Studium zu bewahren, d.h. beispielsweise Vokabeln regelmäßig zu wiederholen, ohne dabei den Spaß und meine eigenen Ansprüche an das Studium aus den Augen zu verlieren.

Pia H.: Was immer wieder schön ist, ist die Leidenschaft der Kommiliton*innen, die mir immer wieder begegnet. Es ist sehr inspirierend zu sehen, wie viel Herzblut viele in dieses Studium stecken und mit was für einer Begeisterung sie dabei sind. Gleichzeitig ist das Studium an sich eine große Herausforderung, besonders in Verbindung mit dem Zweitfach, da es einfach sehr viel Zeit und Muße benötigt, wenn man eine Sprache tatsächlich gut erlernen und sich zusätzlich noch mit anderen Aspekten des Fachs (Politik, Geschichte, gesellschaftliche Themen, Literatur etc.) beschäftigen möchte. Die größte Herausforderung war für mich einerseits der Zeitaspekt und andererseits, mich nicht mit anderen zu vergleichen und einfach in meinem eigenen Tempo am Ball zu bleiben.

Veronique R.: Am meisten Freude haben mir bis jetzt die sämtlichen geschichtsbezogenen Kurse bereitet! Koreas Geschichte ist so unglaublich vielseitig und faszinierend. Eine Vorlesung hatte mich sogar so weit mitgerissen, dass mir tatsächlich die Tränen kamen. Natürlich bereitet mir das Lernen der Sprache auch eine große Freude, jedes Mal wenn ich bemerke, dass ich in Dialogen oder Liedern mehr verstehe als vorher, fühlt es sich an wie ein kleiner Triumph. Die größte Herausforderung ist mit Abstand das Lernen der Hanja (Anm.: klassische chinesische Schriftzeichen). Es ist super, dass wir Hanja so tiefgehend lernen, aber leider auch sehr aufwendig.

Saniye A.: Mir persönlich hat bisher der Sprachkurs die größte Freude am Koreanistik-Studium bereitet. Das Erlenen von Sprachen hat mir schon immer großen Spaß gemacht und ist auch einer meiner Stärken, somit fiel mir auch das Lernen für den Sprachkurs immer leichter als für andere Module. Eine große Herausforderung für mich war das Lernen der Hanja, da man keinen allzu großen Nutzen im gegenwärtigen Korea für diese finden kann und diese auch immer weniger dort verwendet werden. Die Hanja sind jedoch für historische Arbeiten notwendig und somit für Koreanisten unabdingbar.

Was für einen Beruf oder was für eine weitere Laufbahn strebst du nach Abschluss des Studiums an?

Joeline W.: Noch bin ich mir sehr unsicher, welche Laufbahn ich gerne anstreben würde und kann. Einige Jahre in Korea zu leben und dort beispielsweise Deutsch oder Englisch zu unterrichten hätte für mich einen besonderen Reiz. Auch literarisches Übersetzen könnte ich mir als potenzielle Berufslaufbahn vorstellen.

Jolina L.: Ehrlich gesagt habe ich mich damit noch nicht wirklich beschäftigt, da es mir momentan am wichtigsten ist, etwas zu studieren, in dem ich aufgehe und für das ich mich begeistere. Ich bin der festen Überzeugung, dass ich nach Abschluss des Studiums einen Beruf finden werde, der auf diesen Grundlagen aufbaut. Momentan kann ich mir aber gut vorstellen, später mit koreanistischem Bezug in der Forschung tätig zu sein.

Pia H.: Ich könnte mir sehr gut vorstellen, als Übersetzerin von beispielsweise Büchern oder auch Filmen zu arbeiten, oder auch als Dolmetscherin. Was mich auch interessieren würde, wäre als Dozentin oder anderweitig zu lehren. Ich bleibe offen für vieles.

Veronique R.: Da ich dieses Studium einfach aus dem Verlangen heraus angefangen habe, meinen Horizont zu erweitern und mich mit dem zu beschäftigen, was mir Spaß macht, habe ich keine konkrete Antwort darauf. Mich würden viele Bereiche interessieren und ich bin offen allem gegenüber.

Saniye A.: Für mich liegt der Fokus bei meinem Studium auf dem sprachlichen Teil, somit strebe ich einen Beruf an, bei dem ich meine Sprachfähigkeiten anwenden kann. Jedoch fehlt es mir an praktischen Fähigkeiten, die das Koreanistik-Studium nicht beinhaltet. Daher sehe ich eine Fortbildung oder Ausbildung nach Abschluss meines Studiums vor, um weitere Fähigkeiten zu erhalten und einen Beruf mit Koreabezug anzutreten.


Welchen Personen würdest du ein Koreanistik Studium empfehlen und welchen Tipp oder Ratschlag möchtest du diesen Personen gern mitgeben?

Joeline W.: Für ein Koreanistik-Studium sollte man auf jeden Fall eine Affinität für das Erlernen von Sprachen mitbringen. Außerdem wäre es von Vorteil, große Ausdauer beim Auswendiglernen von koreanischen und chinesischen Vokabeln mitzubringen. Im späteren Verlauf des Studiums sollte man fähig sein, sich sehr gut mit fremdsprachlichen Texten auseinandersetzen zu können.

Jolina L.: Ich würde das Koreanistik-Studium jeder Person empfehlen, die sich für Korea begeistert, und ein großes Interesse an nicht nur der Sprache, sondern auch an dessen umfangreichen Geschichte und vielseitiger Kultur hat. Mein Ratschlag an dieser Stelle ist, das Koreanistik-Studium stets mit Dingen zu verknüpfen, die einen selbst auch außerhalb der Universität bewegen, seien es koreanische Literatur oder Formen des koreanischen Entertainments, um stets den Spaß am Lernen zu bewahren, aber auch den eigenen Fortschritt besser nachvollziehen zu können. Kaum etwas ist bereichernder, als plötzlich historische Bezüge oder sprachliche Ausdrücke in einem Buch oder einem Lied (wieder-)erkennen zu können!

Pia H.: Eine Sprache lernt sich nicht von allein, Du solltest also bereit sein, dich auch viel damit auseinandersetzen und dich auch im Selbststudium fortzubilden. Mein Tipp: Gib dabei gut auf Dich Acht. Manche Koreanistik Studierende kommen vielleicht schon mit viel mehr Vorwissen in das Studium als du selbst. Aber die einzige Person, mit der du dich vergleichen solltest, bist du selbst und du hast dein eigenes Tempo. Wenn du dich auf deine eigenen kleinen und großen Erfolge konzentrierst, siehst du viel besser, wie du dich im Vergleich zum Anfang verbessert hast, und das ist ein tolles Gefühl! 😊

Veronique R.: Ich würde es Leuten empfehlen, die wie ich, auch wirklich ein geschichtliches Interesse an Korea haben und mein Ratschlag wäre, am besten schon vorher etwas Koreanisch zu lernen, das wird es wesentlich leichter machen.

Saniye A.: Ich empfehle denjenigen das Koreanistik Studium, die sich sicher und überzeugt davon sind, nicht nur die Sprache, sondern auch die Geschichte und Kultur Koreas auf einem hohen und intensiven Niveau erlernen zu können. Das Studium ist viel mehr als nur ein einfacher Sprachkurs; viel mehr als nur Squid Game oder K-POP; viel mehr als das oberflächliche Bild Koreas, welches von Medien vermittelt wird.. Es fordert viel Kraft und Geduld. Wenn man großes Interesse und Motivation mit sich bringt, dann bringt das Studium der Koreanistik auch viel Freude mit sich.

Prof. Dr. Marion Eggert ist Leiterin der Sektion Sprache und Kultur Koreas in der Fakultät für Oastasienwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum, wo sie seit dem Jahr 1999 als Professorin für Koreanistik tätig ist. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen unter anderem Kulturtransfer und Wissenszirkulation zwischen Korea und China beziehungsweise Korea und Europa sowie Literatur- und Ideengeschichte Koreas. Auch sie wurde für diesen Artikel nach ihren Einschätzungen befragt.



 Das Erlernen der klassischen chinesischen Schrift, die auch in Korea bis etwa zum 20. Jahrhundert vorwiegend genutzt wurde und auf der ein Großteil des koreanischen Vokabulars aufbaut, ist eine Herausforderung – aber auch ein wichtiger Bestandteil des Koreanistik Studiums. ⓒ Korea.net DB

Das Erlernen der klassischen chinesischen Schrift, die auch in Korea bis etwa zum 20. Jahrhundert vorwiegend genutzt wurde und auf der ein Großteil des koreanischen Vokabulars aufbaut, ist eine Herausforderung – aber auch ein wichtiger Bestandteil des Koreanistik-Studiums. ⓒ Korea.net DB





Wie und seit wann nehmen Sie ein erhöhtes Interesse am Studium der Koreanistik wahr? Woran, glauben Sie, liegt das?

Prof. Dr. Eggert: Seit ich 1999 an die Ruhr-Universität kam, ist das Interesse am Koreanistik-Studium stetig gestiegen – erst langsam, dann immer schneller. Der jetzige Höhenflug begann vor etwa 10 Jahren. Hauptgrund dafür ist offensichtlich die auch in Europa immer stärker wahrgenommene koreanische Populärkultur, insbesondere Musik und TV-Serien, aber auch das generell positive Image Südkoreas als dynamische Demokratie in Ostasien spielt sicher eine Rolle.

Welche Anreize bietet ein Koreanistik-Studium (an der Ruhr-Universität Bochum oder auch generell)?



Prof. Dr. Eggert: Man lernt eine fremde Sprache und eine neue Schrift (oder gleich zwei); im Laufe des Studiums lernt man verschiedene Facetten der koreanischen Geschichte, Kultur und Gesellschaft kennen und entwickelt nicht nur eine vergleichsweise tiefe Kenntnis des Landes, sondern auch ein Bewusstsein dafür, in welcher Weise generell Geschichte und Kultur die Gesellschaft und die Lebensverhältnisse eines Landes prägen. So lernt man auch die eigene Position in der Welt genauer zu bestimmen.

Was darf man von einem Koreanistik-Studium (an der Ruhr-Universität Bochum) erwarten – und was nicht?

Prof. Dr. Eggert: Zumindest an allen mit Vollprofessur ausgestatteten Standorten der Koreanistik in Deutschland darf man eine solide Sprachausbildung erwarten sowie eine Grundausbildung in koreanischer Geschichte; abgesehen davon sind die Studieninhalte recht unterschiedlich. Wer in Bochum Koreanistik studiert, wird darüber hinaus tiefere Einblicke in die koreanische Kulturgeschichte sowie in Literatur und Religionen Koreas gewinnen als anderswo. Wer sich vor allem für Politik und Wirtschaft interessiert, ist in Bochum ebenfalls richtig; das Fach der Wahl wäre dann Politik und Wirtschaft Ostasiens mit Schwerpunkt Korea.

In welchen beruflichen Bereichen finden sich Absolventen und Absolventinnen der Koreanistik wieder? Wie sehen die Zukunftsperspektiven im Bereich der Koreanistik heutzutage aus?

Prof. Dr. Eggert: Eine ganze Reihe unserer Absolventen arbeiten inzwischen im Bereich Übersetzung (manhwa, Film-Untertitel etc.). Andere kommen in koreanischen Firmen in Deutschland (oder deutschen Firmen in Korea), in der Verwaltung oder in diplomatischen Vertretungen unter. Ein Koreanistikstudium kann einem auch den Weg zur Arbeit in Kulturinstitutionen verschiedener Art oder in Medien öffnen. Wenn man das anstrebt, sollte man allerdings frühzeitig entsprechende Praktika absolvieren. Leider bekommen wir viel zu selten Rückmeldung von unseren Absolventen, was ihren weiteren Lebensweg angeht, so dass es auch schwer ist, etwas Qualifiziertes zu den aktuellen Zukunftsperspektiven von Koreanistikstudierenden zu sagen. Ich habe aber den Eindruck, dass wir derzeit so gut wie keine „Park-Studierenden“ im Master haben, was man als Hinweis darauf deuten kann, dass der Berufseinstieg recht gut gelingt.

Welchen Herausforderungen stellt sich ein*e Student*in der Koreanistik und welche persönlichen Voraussetzungen sind Ihrer Einschätzung nach für das Studium von Vorteil?

Prof. Dr. Eggert: Die wichtigsten Voraussetzungen sind Sprachbegabung (Englisch darf schon mal keine Hürde sein) und hermeneutisches Interesse. Damit meine ich die Freude am Verstehen und Interpretieren von nicht eindeutigen Sachverhalten. Auch wenn quantitative Methoden aufgrund der Möglichkeiten der Datenverarbeitung wichtiger werden, bleibt die Kernkompetenz, die man in humanwissenschaftlichen Fächern einübt, doch das Deuten und Beurteilen von qualitativen Daten und – vor allem – Texten. An charakterlichen Eigenschaften sollte man Fleiß, Durchhaltevermögen und Neugier mitbringen. Fleiß, weil dieses Studium nicht mit Begabung allein zu schaffen ist, es gehört viel Arbeit dazu; Durchhaltevermögen, weil es Durststrecken gibt, v.a. im zweiten Studienjahr, wenn sich das Gelernte noch zu keinem Gesamtbild zusammenfügt und vielen auch nicht ersichtlich ist, wozu sie sich mit genau den angebotenen Inhalten auseinandersetzen sollen; und Neugier, weil es bei uns ganz wesentlich um (strukturiertes und reflektiertes) Erkunden des Unbekannten geht.

jesimin@korea.kr

Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus aller Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft für Korea.