Szenische Darstellung einer Demonstration der koreanischen Freiheitsbewegung von 1919 im Modernen Geschichtsmuseum Mokpo I
Von Ehrenberichterstatterin Jasmin Mikolay aus Deutschland | Fotos: Jasmin Mikolay
Zum 80. Jahrestag der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft am 15. August 1945 stehen landesweit Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen und Konzerte ganz im Zeichen der Unabhängigkeitsbewegung. Der Gwangbokjeol (광복절), Tag der Befreung, wörtlich, Tag der wiedergewonnenen Lichtstrahlen‘, ist einer der bedeutendsten Nationalfeiertage der Republik Korea. Er erinnert sowohl an die Rückkehr der nationalen Souveränität als auch an den langen, opferreichen Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung. Auch für die koreanische Diaspora weltweit ist dieser Tag ein wichtiger Moment des Gedenkens und der Identifikation. Besonders eindrucksvoll lässt sich dieser historische Prozess in verschiedenen Museen sowie an mehreren Orten in Seoul nachvollziehen.
Vom Protest zur Tradition: Der Ruf nach Unabhängigkeit
Der Ausruf
„Daehan Dongnip Manse!“ (대한 독립 만세!), wörtlich ins Deutsche übersetzt: „Lang lebe das unabhängige Korea!“, war während der Unabhängigkeitsbewegung gegen die japanische Kolonialherrschaft ein zentraler Ausdruck des Widerstands und der Hoffnung. Auch heute ist er vielerorts noch zu hören:
- An Gedenktagen wie dem Gwangbokjeol (15. August) oder dem Samiljeol (1. März) erklingt der Ruf häufig dreimal feierlich, etwa beim Hissen der Taegeukgi.
- In Ausstellungen und Museen wird der Ruf an Originalschauplätzen oder multimedialen Stationen zitiert, um Besuchende in die Atmosphäre der Proteste zu versetzen.
- Bei Nachinszenierungen und Schulprojekten zur Unabhängigkeitsbewegung erklingt er als lebendiger Teil der historischen Erinnerung.
- In koreanischen Romanen, Dramen und Filmen wird der bedeutungsvolle Ruf bis heute immer wieder aufgegriffen, vor allem dann, wenn der Widerstand gegen die Kolonialherrschaft oder der Kampf für nationale Selbstbestimmung thematisiert wird.
Außenansicht des Museumsgebäudes in Mokpo – heute Gedenkort, früher Kolonialverwaltung
Modernes Geschichtsmuseum Mokpo I: Geschichte mit Tiefgang
In Mokpo, einer bedeutenden Hafenstadt der Provinz Jeollanam-do, befindet sich das Moderne Geschichtsmuseum I (목포근대역사관 1관). Die Außenfassade des Gebäudes mag vielen K-Drama-Fans aus der Serie Hotel del Luna vertraut sein, in der Realität jedoch trägt der Ort eine ganz andere, historische Bedeutung: Einst diente er als Verwaltungsgebäude der japanischen Kolonialregierung, heute ist er ein Ort des Erinnerns. Besucher:innen erwarten im Museum eine eindrucksvolle Ausstellung, die Originaldokumente, Zeugnisse von Freiheitskämpfer:innen sowie multimediale Installationen vereint. Die Ausstellung ist dauerhaft zu sehen und bietet auch abseits offizieller Feiertage einen intensiven Einblick in die Geschichte der Unabhängigkeitsbewegung.
Hier noch ein Tipp und Hinweis: Hinter dem Hauptgebäude führt zudem ein kleiner interessanter unterirdischer Rundgang, der ein oft übersehener, aber bedeutender Teil des Museums ist.
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Adresse: 6 Yeongsan-ro 29beon-gil, Mokpo-si, Jeollanam-do
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Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 09:00–18:00 Uhr (montags geschlossen)
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Eintritt: Erwachsene 2.000 Won
Patriotischer Liedtext in Hangeul und animierte Wandinstallation zur Erinnerung an die Freiheitsbewegung
Modernes Geschichtsmuseum II in Mokpo: Porträts des Widerstands
Einen besonders tiefgehenden Einblick in die Unabhängigkeitsbewegung bietet zudem das Moderne Geschichtsmuseum II in Mokpo (목포근대역사관 2관). In stimmungsvoll inszenierten Räumen werden dort bedeutende Persönlichkeiten der Freiheitsbewegung vorgestellt, etwa über illuminierte Porträtkästen, interaktive Stationen und historische Dokumente. Besucher:innen erhalten so nicht nur einen Überblick über das lokale Engagement in Mokpo während der Kolonialzeit, sondern auch über die verzweigten Netzwerke der nationalen Unabhängigkeitsbewegung insgesamt. Der Ort lädt ein, Geschichte unmittelbar zu erfahren, jenseits der Hauptstadt, aber nicht weniger eindrucksvoll. Tipp: Wer Mokpo besucht, sollte unbedingt auch das nahegelegene Geschichtsmuseum I einplanen. Beide Häuser liegen nur wenige Gehminuten voneinander entfernt und ergänzen sich thematisch ideal.
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Adresse: 18 Beonhwa-ro, Mokpo-si, Jeollanam-do
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Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 09:00–18:00 Uhr (montags geschlossen)
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Eintritt: Erwachsene 2.000 Won
Koreanische Unabhängigkeitsaktivist:innen in der Ausstellung des Modernen Geschichtsmuseums II in Mokpo
Gedenkstätten und Feierlichkeiten in Seoul
Im Gegensatz zu den ganzjährig zugänglichen Ausstellungen in Mokpo und anderen Museen finden in Seoul anlässlich des Gwangbokjeol zahlreiche einmalige Veranstaltungen und Sonderprogramme statt.
Am 15. August 2025 selbst stehen folgende Programmpunkte auf dem Plan:
- Die traditionelle Glockenzermonie am Bosingak-Pavillon findet in Jongno, Seoul statt. Sie beginnt um 11:30 Uhr und symbolisiert das Gedenken an gefallene Unabhängigkeitskämpfer. Ein Chor aus rund 230 Stimmen wird den Moment begleiten.
- Das Seoul Philharmonic Orchestra veranstaltet ein besonderes Gedenkkonzert im Seoul Arts Center (Seocho-gu) in der Zeit von 17:00–18:30 Uhr. Der Eintritt ist kostenfrei.
- Im Rahmen des Hangang River Festival (26. Juli – 24. August 2025) gibt es zahlreiche Aktivitäten mit Bezug auf den 80. Gwangbokjeol, darunter Bootsrennen mit Taegeukgi-Flaggen, Musik und Picknicks am Flussufer.
Zahlreiche Museen, darunter das Seoul History Museum, zeigen begleitende Ausstellungen, darunter Porträts von Unabhängigkeitsführer:innen wie Lee Sang-ryong sowie Alltagsgegenstände aus der Befreiungszeit.
Moderne Projekte: Street-Art-Gedenken
Auch abseits offizieller Gedenkstätten wird in Korea Geschichte sichtbar gemacht: Im vergangenen Jahr etwa verwandelten lokale Künstler:innen anlässlich des Gwangbokjeol eine Mauer in der Nähe des Bukchon Hanok Village in eine Freiluftgalerie. Diese farbig gestalteten Wandbilder waren Teil eines lokalen Kunstprojekts, das historische Persönlichkeiten wie Gwan Soon Yu, Joon-Geun Ahn, Kim Maria oder Yun Bong-gil mit Kreide an Mauern porträtiert. Ergänzt durch Lebensdaten und Symbole wie die Taegeukgi sollten vor allem junge Besucher:innen dazu angeregt werden, sich mit der Geschichte ihrer Vorfahren auseinanderzusetzen.
Künstlerisch gestaltete Mauern mit Porträts von koreanischen Freiheitsaktivist:innen
Gedruckter Widerstand und nationale Symbole
Wer sich unabhängig vom Gwangbokjeol-Datum intensiver mit der koreanischen Freiheitsbewegung auseinandersetzen möchte, findet in zahlreichen weiteren Museen des Landes eindrucksvolle Zeugnisse. Dort lässt sich nicht nur nachvollziehen, wie die koreanische Nationalflagge (Taegeukgi) entstanden ist, sondern auch, welche Rolle frühe Medien für die Aufklärung spielten, etwa die Tongnip Sinmun (독립신문), die 1896 von Unabhängigkeitsaktivist Seo Jae-pil gegründet wurde. Als erste moderne Zeitung Koreas erschien sie auf Hangeul und markierte einen wichtigen Schritt in der Vermittlung demokratischer Ideale. Wer die koreanische Gegenwart verstehen möchte, sollte deshalb auch den Blick für die Vergangenheit schärfen und die Geschichten jener würdigen, die den Weg in die Freiheit bereitet haben.
Tongnip Sinmun und frühe Nationalflagge. Im Museum wird die Geschichte der koreanischen Unabhängigkeit greifbar
Erinnern, würdigen, weitertragen
80 Jahre nach der Befreiung Koreas bleiben Orte wie Museen in ganz Korea, Ausstellungen in Seoul oder künstlerische Projekte im Umfeld des Bukchon Hanok Village lebendige Erinnerungsstätten. Sie zeugen von nationaler Identität und kollektivem Engagement. Der Gwangbokjeol lädt als Gedenktag dazu ein, den langen Weg zur Unabhängigkeit bewusst nachzuvollziehen und das historische Erbe in Gegenwart und Zukunft weiterzutragen. Gleichzeitig würdigt er die kulturelle Vielfalt und den gemeinsamen Mut, auf dem die moderne Republik Korea aufgebaut ist.
Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.
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