Das offizielle Filmposter zu KPop Demon Hunters © NETFLIX
Von Ehrenberichterstatterin Jasmin Mikolay aus Deutschland
Als der Animationsfilm
KPop Demon Hunters im Juni auf Netflix veröffentlicht wurde, ahnte kaum jemand, welches Phänomen er innerhalb kürzester Zeit auslösen würde. Schon wenige Wochen nach dem Start stand die Produktion in dutzenden Ländern an der Spitze der Streaming-Charts. Mittlerweile sind zwei Fortsetzungen angekündigt und selbst eine Live-Action-Adaption ist bereits in Planung.
Der Erfolg erklärt sich nicht nur durch die mitreißende Handlung, die eingehenden Songs und die charismatischen Figuren. Entscheidender ist, dass der Film weit über eine klassische Fantasy-Geschichte hinausgeht: Er vermittelt ein authentisches Bild der koreanischen Kultur. Zahlreiche Details – von kulinarischen Spezialitäten über traditionelle Architektur bis hin zu symbolträchtigen Accessoires – sind so in die Handlung eingewoben, dass Zuschauer:innen das Gefühl bekommen, tatsächlich durch Seoul zu spazieren.
Für viele Korea-Fans bedeutet das ein Wiedererkennen vertrauter Eindrücke, für andere einen neugierigen Blick auf eine Stadt, die sie vielleicht noch nie besucht haben. Auch mich persönlich hat der Film an zahlreiche Szenen meines Aufenthalts in Korea erinnert. Drei davon sind besonders eindrücklich.
Links: Szene mit Gimbap aus dem Film, rechts: frisch zubereitetes Gimbap in Korea © Screenshot aus dem Film, Jasmin Mikolay
1. Gimbap - das perfekte Streetfood für unterwegs
Eine der wiederkehrenden kleinen Gesten im Film ist das gemeinsame Essen. Ob im Hotelzimmer oder zwischen zwei Auseinandersetzungen mit Dämonen, die Protagonistinnen greifen immer wieder zu Gimbap, um Energie zu tanken. Die unscheinbare Rolle aus Reis, Algen und variablen Füllungen ist nicht nur ein Requisit im Film, sondern auch ein Symbol für die Alltagskultur in Korea.
Wer schon einmal in Seoul war, weiß, wie präsent Gimbap im städtischen Alltag ist. Kaum eine Straßenecke ohne einen kleinen Gimbap-Stand, kaum ein Convenience Store ohne frische Rollen im Kühlregal. Für Reisende sind sie ein praktischer Begleiter: handlich, preiswert und sättigend. Ob mit Thunfisch, Bulgogi, Ei oder Kimchi, die Vielfalt ist nahezu unbegrenzt.
Während meines Aufenthalts in Seoul, aber auch in Yeosu habe ich Gimbap genossen. Oft diente es als schneller Snack, wenn ich unterwegs von einem Viertel ins nächste zog. Einmal kaufte ich mir mehrere Rollen, um sie bei einem Picknick am Hangang-Fluss zu genießen, eine Erfahrung, die viele junge Menschen in Seoul teilen. Der Film zeigt diese alltägliche Normalität auf charmante Weise: Essen ist Gemeinschaft und Gimbap steht exemplarisch für die unkomplizierte koreanische Esskultur.
Bukchon Hanok Village: zwischen alten Dächern und modernen Hochhäusern © Soyeon Park, Jasmin Mikolay
2. Hanok-Dörfer – ein Spaziergang in die Vergangenheit
Eine der atmosphärisch dichtesten Szenen des Films spielt auf den Dächern traditioneller Hanok-Häuser. Hier treffen die Figuren Rumi und Jinu erstmals aufeinander und singen auch ihr Duett. Der Kontrast zwischen der modernen Fantasy-Story und der historischen Kulisse verdeutlicht die Vielschichtigkeit Seouls.
Besonders stark erinnerte mich diese Szene an meine eigenen Spaziergänge durch das Bukchon Hanok Village. Die engen Gassen, die dunklen Holzdächer und die kunstvoll gestalteten Tore lassen Besucher:innen in eine andere Zeit eintauchen. Auch wenn das Viertel längst ein beliebtes Touristenziel geworden ist, strahlt es noch immer Ruhe und Geschichte aus. Vor allem die besonderen architektonischen Dächer fallen in den Gassen auf.
Daneben gibt es weitere Orte, an denen Hanok erhalten und erlebbar sind, etwa das
Hanok-Dorf Namsangol (남산골한옥마을), bei dem auch kleine Aufführungen und Workshops besucht werden können. Der Film weckt damit nicht nur Erinnerungen, sondern macht neugierig auf diese besonderen Orte, die das kulturelle Gedächtnis Koreas bewahren.
Links: Im Film tragen die Protagonistinnen Norigae-Schmuck an ihren Outfits, rechts: mein eigenes Norigae-Souvenir aus Seoul © Screenshot aus dem Film, Jasmin Mikolay
3. Koreanische Muster und Accessoires – Eleganz und Symbolkraft
Nicht nur große Kulissen, sondern auch kleine Accessoires spielen in KPop Demon Hunters eine bedeutende Rolle. Besonders auffällig sind die Norigae, die kunstvollen Anhänger, die die Mitglieder der Gruppe Huntrx tragen. Ursprünglich waren Norigae schmückende Elemente am Hanbok, dem traditionellen Kleidungsstück der Joseon-Zeit. Heute gelten sie als Symbol koreanischer Kultur und finden ihren Platz sowohl in der Mode als auch als Souvenir.
Der Film greift dieses Detail nicht zufällig auf: Norigae stehen für Eleganz, Tradition und Kontinuität. Sie bilden einen ästhetischen Gegenpol zur modernen Pop-Inszenierung der Figuren und zeigen, wie sehr Vergangenheit und Gegenwart in Korea miteinander verwoben sind.
Darüber hinaus wird in der Geschichte ein weiteres starkes Symbol sichtbar: der blaue Tiger, Jinus ständiger Begleiter in der Serie. In Korea gilt der Tiger als mythisches Tier, das für Mut, Schutz und Kraft steht. Nicht ohne Grund ist er in unzähligen Bereichen präsent, von traditionellen Malereien über kunstvolle Vasen bis hin zu modernen Accessoires. Auch als Motiv in Mode und Design erfreut er sich großer Beliebtheit. Dass der Film dieses Symbol aufgreift, unterstreicht einmal mehr seine tiefe Verankerung in der koreanischen Kultur. In Seoul kann das Symbol des Tigers in Schaufenstern oder an anderen Stellen oft gesehen und entdeckt werden.
Während meines Besuchs in Seoul konnte ich diese Symbole immer wieder entdecken. Ein Norigae habe ich mir als Andenken mit nach Deutschland gebracht, den koreanischen Tiger als Magnet für den Kühlschrank meiner besten Freundin. Kleine Souvenirs, die große kulturelle Bedeutung tragen.
Links: Jinus blauer Tiger im Film, rechts: traditionelles Tigermotiv auf einer koreanischen Vase © Screenshot aus dem Film, Jasmin Mikolay
Wenn Animation zur Reise wird
Der Erfolg von KPop Demon Hunters ist kein Zufall. Der Film verbindet moderne Popkultur mit authentischen kulturellen Bezügen, die nicht nur koreanische Zuschauer:innen, sondern auch ein weltweites Publikum ansprechen.
Für Menschen, die Korea bereits besucht haben, bietet er die Möglichkeit, eigene Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Für alle anderen öffnet er eine Tür in eine Kultur, die reich an Symbolen, Farben und Geschichten ist und die Neugierde auf die koreanische Kultur weckt.
Ob beim Genuss einer Rolle Gimbap, beim Spaziergang durch ein Hanok-Dorf oder beim Betrachten kunstvoller koreanischer Symbolen, der Film erinnert daran, dass koreanische Kultur mehr ist als nur ein dekorativer Hintergrund für K-Pop. Sie ist ein lebendiges Universum, das in jedem Detail eine Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schlägt.
Besonders eindrücklich ist dabei die Figur des blauen Tigers, Jinus Begleiter. Er steht stellvertretend für die Rolle Koreas als kulturelles Kraftzentrum: tief verwurzelt in Mythologie und Geschichte, aber zugleich präsent in Design, Mode und moderner Popkultur. Der Tiger, seit Jahrhunderten Schutzsymbol der koreanischen Halbinsel, wird durch den Film einem globalen Publikum neu vorgestellt, als stolzes Zeichen koreanischer Identität.
Am Ende bleibt der Eindruck, dass Animation weit mehr leisten kann als Unterhaltung: Sie kann eine Reise ersetzen, ergänzen oder vorbereiten. KPop Demon Hunters zeigt dies auf eindrucksvolle Weise und macht Lust, selbst durch die Straßen von Seoul zu gehen, um die eigene Version dieser Szenen zu erleben.
Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.
dlektha0319@korea.kr