Ehrenberichterstatter

04.12.2025

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Big Ocean ist in Weihnachtsstimmung und tritt am 07. Dezember nochmals in Europa auf  © Big Ocean Press Instagram

Big Ocean ist in Weihnachtsstimmung und tritt am 07. Dezember nochmals in Europa auf © Big Ocean Press Instagram



Von Ehrenberichterstatter Manuel Guthmann aus Deutschland

Der Dezember ist da. Während wir uns langsam auf die Weihnachtszeit einstimmen, steht am 3. Dezember ein Datum im Kalender, das wir nicht übersehen sollten: der Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen. Meistens ist dieser Tag eher still und nachdenklich. Doch in diesem Jahr passt er zeitlich bemerkenswert gut zum Tourplan einer Gruppe, die beweist, dass man Töne nicht zwingend hören muss, um sie zu fühlen. Pünktlich zu dieser Woche ist Big Ocean zurück in Europa.

Mit ihrem zweiten Album Underwater und ihrer aktuellen Tour zeigen sie, dass sie künstlerisch ernst genommen werden wollen und ihren Platz in der Musikwelt suchen.

Von Mainz über Frankfurt nach Paris

Die Band ist aktuell fast greifbar nah. Wer im Juli 2025 bei der „K-Pop Revolution“ in Mainz war, hat vielleicht schon erlebt, wie viel Energie die drei auf die Bühne bringen. Doch das war erst der Anfang. Erst vor wenigen Tagen, am 29. November, waren sie für das Fan-Meeting „Vibe Seoul“ in Frankfurt zu Gast.

Nun kehren sie für das große Finale nach Frankreich zurück. Am 7. Dezember geben sie im Le Bataclan in Paris ihr Jahresabschlusskonzert unter dem Titel „HEARTSIGN“. Dass dieser Termin so kurz auf den internationalen Gedenktag folgt, gibt der Veranstaltung eine besondere Note.

Ihre Fans nennen sich „Pado“, das koreanische Wort für Welle. Und wer einmal gesehen hat, wie die Fans bei Konzerten, statt zu schreien, oft mit Lichtern und Handzeichen wellenartige Bewegungen machen, versteht die Bedeutung sofort.

Warum das weltweit einzigartig ist

Wenn man sich in der Musikwelt umsieht, findet man kaum Vergleiche. Natürlich gibt es gehörlose Musiker wie die Percussionistin Evelyn Glennie oder Rapper wie Signmark. Aber im Pop-Bereich, speziell im Segment der Boybands, ist Big Ocean weltweit ein Unikum. Weder in den USA noch in Europa oder Deutschland gibt es eine vergleichbare Formation, die im Mainstream erfolgreich ist.

Das Besondere daran ist die Anforderung an den Tanz. K-Pop ist berühmt für „Kalgunmu“, den messerscharfen und absolut synchronen Tanz. Dass eine Gruppe, die den Beat nicht im klassischen Sinne hört, genau diese Präzision als Einheit liefert, ist der eigentliche „Wow-Effekt“. Sie erfüllen die extrem hohen Standards der koreanischen Pop-Industrie, nur eben auf einem anderen Weg.


Leidenschaft bis zur Perfektion

Big Ocean ist die erste gehörlose K-Pop-Gruppe überhaupt. Ihr Können basiert auf einer intensiven Ausbildung, die typisch für die Professionalität der koreanischen Branche ist. Die Mitglieder haben rund anderthalb Jahre lang intensiv trainiert, Choreografien bis ins Detail einstudiert und an ihrem Ausdruck gefeilt, bevor sie am 20. April 2024 offiziell debütiert haben. Das Debüt ist im K-Pop die entscheidende Hürde. Wer sie nimmt, hat bewiesen, dass er den extremen Anforderungen der Industrie gewachsen ist. Big Ocean hat diesen Schritt gemeistert und sich damit seinen Platz auf der Bühne gesichert.

In der K-Pop-Szene entscheidet am Ende die Qualität auf der Bühne. Big Ocean beweist, dass eine Hörbeeinträchtigung kein Hindernis für eine Karriere als Idol ist. Wenn die Musik stimmt, der Look passt und die Choreografie sitzt, sind sie ein vollwertiger Teil der Szene. Sie werden an denselben Maßstäben gemessen wie alle anderen Gruppen auch. Und weil sie diese erfüllen, sind sie ganz selbstverständlich dabei. Wer das Talent hat, wird gefeiert. Die körperlichen Voraussetzungen spielen dabei keine Rolle mehr.

Big Ocean bewegt sich sicher im etablierten K-Pop. Ihr Debüt „Glow“ war ein Remake des Klassikers „Hope“ von H.O.T.. H.O.T. war die erste K-Pop-Band überhaupt. Sie haben in den 90ern den Grundstein für alles gelegt, was heute passiert. Mit diesem Song hat sich Big Ocean direkt auf die Wurzeln des Genres bezogen. Es ist eine Verbeugung vor der Geschichte.

Big Ocean ist die erste gehörlose Idolgruppe © 조태형/Parastar Entertainment

Big Ocean ist die erste gehörlose Idolgruppe © 조태형/Parastar Entertainment


Der Text von „Hope“ ist optimistisch und kraftvoll. Er passt gut zu ihrer Botschaft. Auch die Zusammenarbeit mit Young K von DAY6 für den Song „Slow“ war ein wichtiges Signal. Young K ist ein respektierter Musiker und Songwriter. Dass er mit Big Ocean arbeitet, zeigt Anerkennung. Sie werden von den etablierten Künstlern respektiert. Sie werden musikalisch unterstützt. Das ist wichtig für die Akzeptanz in der Szene.

Vom Skiprofi und Audiologen zum Idol

Ein Blick auf die Biografien zeigt mir zudem, dass Big Ocean keine gewöhnliche Casting-Band ist. Die Mitglieder haben ein Leben vor dem K-Pop geführt. Kim Jiseok war professioneller Skirennläufer und nahm an Wettbewerben der Deaflympics teil. Er tauschte die Piste gegen das Tanzstudio.

Ganz anders ist die Geschichte von Lee Chanyeon. Er arbeitete zuvor als Audiologe in einem Krankenhaus der Korea University. Jahrelang hat er das Gehör anderer Menschen gemessen, jetzt steht er selbst im Rampenlicht. Park Hyunjin wiederum war bereits als YouTuber aktiv. Diese Lebenserfahrung gibt der Gruppe eine Reife, die man bei blutjungen Newcomern oft vermisst.

Wie die Performance funktioniert

Damit Tanz und Gesang synchron laufen, greifen sie auf spezielle Hilfsmittel zurück. Da die Mitglieder die Musik unterschiedlich oder gar nicht hören, nutzen sie vibrierende Smartwatches. Diese Uhren sind mit dem Soundsystem verbunden. Sie übertragen den Takt direkt als Vibration auf das Handgelenk. Es ist wie ein Metronom, das man fühlt.

Zusätzlich helfen Monitore mit visuellen Metronomen dabei, das Tempo zu halten. Auf Bildschirmen sehen sie blinkende Signale, die den Rhythmus angeben. Sie müssen also fühlen und sehen, um zu hören. Das erfordert eine enorme Konzentration. Man darf den visuellen Kontakt nicht verlieren. Man muss dem Gefühl am Handgelenk vertrauen.

Die eigene Sprache im S-Pop

Sie bezeichnen ihren Stil selbst als „S-Pop“. Das S steht für Sign Language. Sie integrieren Gebärdensprachen fest in ihre Choreografien. Sie nutzen KSL (Koreanisch), ASL (Amerikanisch) und IS (International). Das ist mehr als nur eine Übersetzung der Texte. Die Gebärden werden zu Tanzschritten. Sie fließen organisch in die Bewegungen ein.

Für hörende Zuschauer sieht es aus wie eine komplexe Handchoreografie. Für gehörlose Fans ist es der Text des Liedes. Das macht ihre Auftritte visuell sehr dicht und interessant. Es ist eine Erweiterung des Ausdrucks. K-Pop war schon immer sehr visuell. Big Ocean treibt das auf die Spitze. Sie nutzen die Hände, um zu singen.

Fazit

Es ist leicht, Big Ocean nur als Phänomen zu betrachten. Aber bei ihren Auftritten stehen vor allem drei junge Koreaner auf der Bühne, die extrem hart für ihren Traum arbeiten. Wer am 3. Dezember an den Internationalen Tag der Behinderung denkt, findet hier ein passendes Beispiel aus der Praxis. Big Ocean zeigt, dass Musik vor allem im Kopf und im Herzen entsteht.

Dieser Artikel wurde von einem Korea.net-Ehrenberichterstatter verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.

dlektha0319@korea.kr