Viele Menschen haben eine besondere Vorliebe für Lieder – das gilt sowohl für die Vergangenheit als auch für heute. Zahllose niedergeschriebene und mündliche Berichte zeigen, dass überall in Korea im Alltag der Menschen Lieder und Feste eine wichtige Rolle spielen. Leute schließen sich zu Gruppen zusammen, um Essen und Trinken, Gesang und Tanz zu genießen, den ganzen Tag bis tief in die Nacht.
Gayo, ein Genre des folkloristischen koreanischen Lieds, ist ebenfalls tief in der Gesellschaft verwurzelt. Es gibt einen konstanten Strom von neuen Liedern, die von zahllosen SängerInnen veröffentlicht werden, Lieder, die die Öffentlichkeit im Alltag vor sich hinsummt. Diese Lieder muntern die Menschen manchmal auf, und mitunter lassen sie sie Trauer und Wut durchleben.
Niemand würde zögern, Lee Mi-ja zu einer der beliebtesten und besten koreanischen Sängerinnen zu erklären. Lee, die in diesem Jahr 73 wird, ist seit 55 Jahren im Showbusiness und hat in ihrer Karriere mehr als 2000 Songs gesungen. Selbst nach einer Karriere von fünf Jahrzehnten bleibt sie eine der begehrtesten Sängerinnen.
Ihre berühmten Songs, von denen man sagt, dass sie mit einer „von Gott gegebenen Stimme” gesungen werden, sind sehr schwierig zu meistern, selbst für professionelle Sänger. Jede Sängerin, die Lees Lieder bewältigen kann, muss über ein hohes Maß an stimmlicher Virtuosität verfügen und in der Lage sein, die notwendige große Bandbreite an Emotionen abzurufen.
Die Sängerin Romina Alexandra Follinus hat ihre Liebe zum koreanischen Lied entdeckt (Foto: Jeon Han).
Eine junge Sängerin aus Deutschland erfüllt diese Kriterien. Es ist Romina Alexandra Follinus, die den Bühnennamen „Romina“ trägt.
Die 29-jährige Blondine, die in einen traditionellen Hanbok gekleidet ist und Lees Lieder auf Koreanisch vorträgt, versetzt Zuhörer in ungläubiges Staunen. Die junge deutsche Sängerin hat bereits viel Anerkennung für ihr Gesangstalent erfahren: in dem Maße, dass sie die Chance erhielt, die begabte Sängerin Lee als regelmäßige Gastsängerin auf ihren landesweiten Tourneen zu begleiten.
„Ich hoffe, dass ich diese koreanischen Lieder der Welt nahebringen kann”, sagte Romina in fließendem Koreanisch.
Ihre natürlich klingenden, makellosen Koreanischkenntnisse und ihre Aussprache rufen bei allen Leuten Erstaunen hervor, wenn sie hören, dass sie erst seit fünf Jahren in Korea lebt.
Ihre Liebe zu koreanischen Liedern begann, als sie das Haus einer koreanischen Freundin besuchte, die sie während ihres Studiums in Korea kennenlernte. Dort hörte sich der Vater ihrer Freundin Lee Mi-jas „Junge Kameliendame“ an.
„Ich fühlte mich sofort von den Empfindungen und dem Gefühl in ihrer Stimme angezogen”, erinnert sich Romina.
Romina wurde 1986 in Hamburg geboren und studierte Ostasienwissenschaften im Hauptfach an der Universität Hamburg. Sie ging nach China, um dort Mandarin-Chinesisch zu lernen. Dort traf sie einen koreanischen Studenten und erfuhr erstmalig mehr über Korea.
Sie entwickelte allmählich ein Interesse für die koreanische Kultur und Geschichte und entschloss sich, in Korea zu studieren. Sie wurde an der Hankuk University of Foreign Studies als Austauschstudentin aufgenommen und begann mit dem Koreanischlernen.
Nachdem sie dank des Vaters ihrer Freundin ihre Liebe für das koreanische Lied entdeckt hatte, war Romina entschlossen, eine Karriere als Sängerin zu verfolgen.
Mit einem Lehrer und einer Gruppe gleichgesinnter Freunde übte sie das Singen und das Gitarrenspiel. Eines Tages machte ihr Lehrer ein Video von ihr, wie sie Lees „Junge Kameliendame“ sang, während sie sich selbst auf der Gitarre begleitete. Das Video wurde auf YouTube hochgeladen und sofort von zahlreichen Internetnutzern angeklickt. Anscheinend waren koreanische YouTube-Nutzer neugierig, zu erfahren, wer diese blauäugige, blonde Frau war, die im Internet koreanische Lieder sang.
Romina singt Anfang dieses Jahres Lee Mi-jas „Lady” bei der KBS-Sendung „GayoStage” (aufgenommenes Bild von der Website des KBS).
Am 10. Februar erhielt Romina eine unerwartete Chance: Sie wurde gebeten, bei dem traditionsreichen Programm „GayoStage” aufzutreten, das beim Sender Korean Broadcasting System (KBS) ausgestrahlt wird.
Romina sang Lee Mi-jas „Lady”. Sie schlug sich ziemlich gut. Bei ihrem Debütauftritt erhielt sie einen warmen Empfang und viel Applaus vom Publikum.
Dies brachte ihr eine weitere Chance ein, eine einmalige Gelegenheit für sie. Lee Mi-ja kontaktierte sie und lud sie ein, als Gastsängerin an ihrer laufenden landesweiten Tournee teilzunehmen.
„Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ich es so weit bringen würde, ich meine, auf der Bühne mit ihr aufzutreten und darüber hinaus bei vielen ihrer Konzerte”, sagte Romina. „Die Sache, von der ich niemals im Entferntesten geglaubt hätte, dass sie Wirklichkeit wird, ist eingetreten, und ich bin so motiviert, mein Bestes zu geben, um sie zufriedenzustellen.“
Darüber hinaus stellte Romina ihr Gesangstalent im März unter Beweis, als sie im Rahmen des KBS-Unterhaltungsprogramms „Immortal Song” (,Unsterbliches Lied‘) in einem besonderen Teil der Sendung auftrat, der Lee Mi-ja gewidmet war.
Nun, da sie kurz vor der Veröffentlichung ihres Debütalbums Ende des Monats steht, traf sie sich mit Korea.net, um über ihre Passion für koreanische Lieder und ihre Liebe zu koreanischen Dingen zu sprechen.
Die Sängerin Romina ist als Special Guest auf einem offiziellen Poster für Lee Mi-jas landesweite Tournee aufgeführt (Foto mit freundlicher Genehmigung von Romina).
Was ist Ihrer Ansicht nach der größte Unterschied zwischen deutscher und koreanischer Musik?
Das ist wie der Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen. Wenn man von deutscher Musik spricht, könnte man an Klassische Musik denken, so wie Beethoven, während der Großteil der koreanischen Lieder auf folkloristischen Liedern basiert. Viele traditionelle folkloristische Lieder scheinen etwas an sich zu haben, das Alltagsgeschichten in einen Strom von Melodien verwandelt. Es gibt eine riesige Bandbreite an unbeschreiblich tiefen Emotionen in ihnen, die von den Sängern selbst zum Ausdruck gebracht werden.
Es dreht sich alles um die koreanische Kultur und ich denke, dass die koreanische Musik sehr einzigartige Elemente in sich trägt, die man nicht in deutscher Musik findet.
Die meisten Leute Ihres Alters lieben Popmusik oder Hip-Hop. Erzählen Sie uns, wie Sie Interesse für die Lieder von SängerInnen wie Lee Mi-ja entwickelt haben!
Ich liebe sie, weil ihre Texte sehr poetisch sind. Sie beinhalten die Kultur und tiefe Emotionen. Viele junge Menschen entwickeln tatsächlich ein Interesse für K-Pop. Ich denke aber, dass die Texte des K-Pop zu stark und etwas provokant sind. Dagegen befindet sich das Leben einer Person, sein oder ihr Leben, in den Texten der Lieder, die ich liebe.
Romina erzählt von ihren Erfahrungen in Korea in den vergangenen fünf Jahren (Foto: Jeon Han).
Wie hat Ihre Familie reagiert, als Sie ihr gesagt haben, dass Sie nach Korea gehen, um Sängerin zu werden?
Die Neuigkeit machte sie sprachlos. Sie hätten niemals damit gerechnet, dass ich einmal Sängerin werden würde, da ich früher ein introvertiertes und schüchternes junges Mädchen war. Meine Eltern nahmen mir sogar meine Entscheidung nicht ab, aber sie haben mich immer unterstützt und mir vertraut. Sie sagten: „Wenn du gehen möchtest, dann geh und probier es aus. Wenn Du scheiterst, dann brich es ab und komm zurück.“ Glücklicherweise hatte ich viele großartige Chancen hier, und das beruhigt sie. Ich hoffe, dass meine Eltern einmal die Gelegenheit erhalten werden, zu kommen und zu sehen, wie ich auf der Bühne vor Publikum singe. Das wäre wirklich fantastisch.
Es muss einen Grund geben, dass Sie Lee Mi-jas Lieder so lieben. Worin besteht er?
Ihre Songs sind bei Weitem die besten, die die Emotionen der Menschen in Korea verkörpern, denke ich. Ich liebe ihre Stimme. Sie ist so schön und hat einen anders- und einzigartigen Charme.
Als Special Guest waren Sie Teil einer Serie von Konzerten auf Lees landesweiter Tournee. Erzählen Sie uns, wie es dazu kam!
Zunächst hörte ich, dass Lee meinen Clip auf YouTube gesehen hatte. Sie fand es ziemlich interessant, zu sehen, wie eine ausländische Frau ihre „Junge Kameliendame” singt, und darüber hinaus noch auf Koreanisch. Ich erhielt die entscheidende Chance, als ich Anfang des Jahres eingeladen wurde, in der Sendung „GayoStage“ aufzutreten.
Der Produzent der Sendung rief mich erst einmal an und stellte mich Lee vor. Ich erhielt Kontakt zum Produzenten dank eines gemeinsamen Freundes, mit dem ich geübt hatte. Wenn ich an all die Menschen denke, die ich in Korea getroffen habe - von der Freundin, die mich zum ersten Mal mit koreanischen Liedern vertraut machte, über die Freunde, mit denen ich geübt habe, bis zu meiner Lieblingssängerin Lee -, sind alle diese Beziehungen, die ich hier geknüpft habe, nichts weniger als „großes Glück”.
Ich möchte diese Gelegenheit ergreifen und Lee wirklich meinen tiefen Dank aussprechen.
Romina sagte, dass sie koreanisches Essen liebt, insbesondere Makgeolli und Jeon (Foto: Jeon Han).
Sie leben seit fünf Jahren in Korea. Haben Sie irgendwelche Schwierigkeiten erfahren?
Keineswegs. Tatsächlich ist es für mich komfortabler und interessanter, in Korea als in Deutschland zu leben. Wie viele Leute in meinem Umfeld bemerkt haben, bin ich fröhlicher und aufgeschlossener, seitdem ich hier lebe.
Noch wichtiger: Das koreanische Essen trifft meinen Geschmack ziemlich gut. Ich liebe scharf gewürzten Hühnereintopf, bekannt als Dakdoritang, und Jeon, ein pfannenkuchenähnliches Gericht, besonders die Sorte mit Kürbis und Süßkartoffeln, und auch Makgeolli, den traditionellen Alkohol, der auf der Grundlage von Reis hergestellt wird. Ich bin ein großer Fan von Makgeolli. Ich habe die regionalen Variationen davon probiert, von Sorten mit Mais bis zu Sorten mit Walnuss.
Was mich dazu veranlasst, hier zu bleiben, sind das schöne Wetter und die sicheren Städte. Hamburg, die Stadt, in der ich früher lebte, ist oft sehr bewölkt, was mich ebenfalls in eine düstere Stimmung versetzt. Hier genieße ich dagegen die warmen, sonnigen Tage, und Korea ist eines der sichersten Länder der Welt, wo ich mich frei bewegen kann, selbst spät am Abend.
Ich liebe auch die „Rund-um-die-Uhr-Kultur“ von Korea. Hier gibt es Nachtcafés, die es mir ermöglichen, zu jeder Tages- oder Nachtzeit mit meinen Freunden einen Kaffee zu trinken.
In jüngster Zeit bin ich für Lees Konzerte viel gereist, da sie in anderen Teilen des Landes stattfinden. Wenn ich durch das Land reise, probiere ich all die regionalen Spezialitäten, was ein weiterer Bonuspunkt meines Berufs ist. Ich denke, dass ich in meinem früheren Leben Koreanerin gewesen sein muss. Eine meiner besten Freundinnen ist auch eine Koreanerin, die nach Deutschland ausgewandert ist. Ich denke, dass ich auf irgendeine Weise eine tiefe Verbindung zu dem Land haben muss.
Was war Ihr ursprünglicher Traum, bevor Sie sich in koreanische Lieder verliebten?
Ich war ein Mädchen voller Träume. Ich war verrückt nach Indiana-Jones-Filmen. Ich wollte eine Entdeckerin sein. Zu einem bestimmten Zeitpunkt glaubte ich, dass ich eine Schauspielerin sein sollte. Dann träumte ich davon, Diplomatin zu werden, ein Beruf, der es mir erlauben würde, in viele Teile der Welt zu reisen und ihre Geschichte zu erforschen, was ich wirklich liebe. Was ich jetzt tue, macht allerdings viel mehr Spaß. Während ich durch das gesamte Land reise, treffe ich viele neue Leute und erlebe viele aufregende Dinge.
Romina sagt, dass es Teil ihres Schicksals gewesen sei, nach Korea zu kommen und Sängerin zu werden (Foto: Jeon Han).
Gibt es irgendetwas anderes, was Sie hier ausprobieren möchten?
Gern würde ich in einer historischen Serie mitspielen. Ich war süchtig nach dem Historiendrama „Königin Seondeok“, das bei MBC ausgestrahlt wurde. Ich verliebte mich in die männliche Hauptperson Bidam, gespielt vom Schauspieler Kim Nam-gil. Die traditionellen Hanboks und die Paläste, die in der Serie gezeigt wurden, sind faszinierend. Die Serie enthielt eine Palette der „besten Elemente“, die die koreanische Tradition repräsentieren. Es war großartig. Es wäre wundervoll, eines Tages bei so einer Serie mitzuwirken.
Zunächst einmal bin ich entschlossen, das zu bewältigen, was ich gerade tue. Ich hoffe, dass bald der Tag kommen wird, an dem ich in anderen Ländern singe, insbesondere in Nordkorea. Korea ist seit Langem ein geteiltes Land, so wie es mein Heimatland war. Ich hoffe, dass die beiden Koreas bald wiedervereinigt sein werden, so wie Deutschland. Dann hoffe ich, in den Norden zu gehen und Lieder in Pjöngjang zu singen, darunter meine Lieblingslieder „Junge Kameliendame“ und Nam In-sus „Geh 38 Linien“. Ein wiedervereinigtes Korea könnte eine Rezession erleben, aber wichtiger sind seine Menschen. Ich hoffe, dass ich diesen Tag bald erlebe.
„Ich hoffe, dass bald der Tag kommen wird, an dem die beiden Koreas wiedervereinigt sind. Dann werde ich in Pjöngjang singen. Das ist einer meiner Träume”, sagte die deutsche Sängerin (Foto: Jeon Han).
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich möchte mit dem Singen weitermachen und hier den Rest meines Lebens verbringen. Ich vermisse hin und wieder meine Heimat und meine Familie in Deutschland. Wenn ich allerdings nach Hause fahre, um die Feiertage mit meiner Familie zu verbringen, wie zu Weihnachten, vermisse ich schon bald Korea. Deshalb denke ich, dass ich hier leben sollte.
Ich liebe alles an Korea und seinen Menschen, den großzügigsten und warmherzigsten Menschen, die ich jemals getroffen habe. Als meine Mutter das letzte Mal Korea besuchte, gerieten wir in einen Platzregen, als wir die Straße heruntergingen. Eine fremde Frau kam aus dem Nichts auf uns zu und gab uns ihren Regenschirm. So sind die Koreaner. Wir waren gerührt von dieser unerwarteten Freundlichkeit.
Romina glaubt, dass sie in ihrem früheren Leben vielleicht eine Koreanerin war. „Ich möchte den Rest meines Lebens hier in Korea singen”, sagt sie (Foto: Jeon Han).
Was bedeutet „Singen” für Sie?
Es ist mein Schicksal. Rückblickend ist es mein Schicksal, die Bekanntschaft mit koreanischen Liedern und diesem Land gemacht zu haben. Ich habe den Traum, koreanische Lieder in größeren Teilen der Welt bekannt zu machen. Das sind Lieder, die unsere Lebensgeschichten erzählen und es uns erlauben, innezuhalten und über unser Leben nachzudenken.
Die deutsche Sängerin Romina übermittelt am 16. Mai eine Dankesbotschaft an die Leser des Korea.net mit ihrer Unterschrift. Darin steht geschrieben: „Ich danke und liebe Korea so sehr.“
Von Wi Tack-whan, Sohn JiAe
Redakteure, Korea.net
whan23@korea.kr
Übersetzung: Gesine Stoyke