1996 tauchte ein koreanischer Spieler in seinen Zwanzigern auf dem Handballspielfeld in Gummersbach, einer kleinen deutschen Stadt, auf. Anders als der stereotype Asiate war er mit 2,30 m sehr groß und robust gebaut. Trotz seiner Größe besaß er Agilität und Kraft. Der Athlet verfügte auch über eine sehr gute Technik, die ihresgleichen in der europäischen Liga suchte. Auf diese Weise begann die legendäre Geschichte des ehemaligen Handballspielers Yoon Kyung-sin in der Handball-Bundesliga (HBL), der professionellen deutschen Handball-Liga.
Seit seinem Debüt 1996 in Deutschland hat Yoon eine Reihe von Rekorden erzielt; acht Male war er Torschützenkönig, und er spielte in insgesamt zwölf Saisons in der Liga, zehn in Gummersbach und zwei in Hamburg.
In der Saison 2000-2001 erzielte er 324 Tore und erreichte so die höchste Torzahl, die jemals in einer Saison erreicht wurde und überschritt das scheinbar nicht zu knackende Limit von 300 Toren.
2001 wurde er von der Internationalen Handballföderation (IHF) zum Besten Spieler des Jahres ernannt. Während seiner Zeit in Deutschland erreichte er eine Gesamtzahl von 2908 Punkten, die höchste Zahl in der Geschichte der Liga und ein Rekord, der bis heute ungebrochen ist.
Der ehemalige Handballspieler Yoon Kyung-sin, der gegenwärtig Trainer des Doosan-Handballteams der Männer ist, sieht seinen Spielern beim Training im Uijeongbu Sports Complex in Gyeonggi-do (Provinz Gyeonggi) zu.
Es schien niemanden zu geben, der es mit ihm aufnehmen konnte. Er baute seine unvergleichlichen Fähigkeiten immer weiter aus und wurde Torschützenkönig bei den Weltmeisterschaften 1995 und 1997 sowie bei den Olympischen Spielen von Athen 2004.
Als Mitglied der koreanischen Nationalmannschaft absolvierte Yoon mehr als 250 Spiele. Er nahm auch an sechs Asienspielen teil, einschließlich Peking (1990) und Guangzhou (2010). Er spielte in insgesamt fünf Olympischen Spielen, von Barcelona (1992) bis London (2012), aber er ließ die Spiele 1996 in Atlanta aus.
2008 beendete Yoon seine zwölfjährige Spielzeit in Deutschland und kehrte nach Hause zurück. Nachdem er seine aktive Karriere als Spieler beendet hatte, wurde er zum neuen Coach des Doosan-Handballteams der Männer ernannt. Yoon ist es gelungen, dass das Doosan-Team fünf Jahre in Folge seine Führung beibehalten konnte.
Korea.net traf sich neulich mit Yoon, der nun Anfang 40 ist, um mehr über seine Karriere als Spieler und Coach zu erfahren.
* Interview mit Yoon Kyung-sin
Der ehemalige Handballspieler Yoon Kyung-sin (links), der nun Coach des Doosan-Handballteams der Männer ist, spricht über sein Leben, das dieser Sportart gewidmet ist.
Sie haben Ihre Karriere in Deutschland erfolgreich abgeschlossen und sind dann nach Korea zurückgekehrt. Sie könnten jetzt in Deutschland oder in irgendeinem anderen Land sein, um als Coach zu arbeiten, anstatt hier in Korea. Sie müssen ziemlich viele Angebote erhalten haben. Gibt es einen besonderen Grund, dass Sie diese Angebote abgelehnt haben und in die Heimat zurückgekommen sind?
Ich habe dort in der Tat viele Angebote erhalten. Damals hatte ich allerdings einen vier Jahre alten Sohn, und meine Frau wollte nach Korea zurück. Ich musste mich entscheiden, ob ich bleiben sollte oder nicht. Schließlich habe ich mich entschlossen, zurückzukehren, in erster Linie für meine Familie, aber auch für mich persönlich, da ich es schwierig fand, so lange außerhalb meines Heimatlands zu leben.
Es gibt andere Ballspiele wie Baseball oder Volleyball. Warum haben Sie sich für Handball entschieden?
Ich begann damit in meinem vierten Jahr der Seoul Soongin Elementary School. Als Teil der außerschulischen Aktivitäten nahm ich an einer Handballklasse teil. Als ich zum ersten Mal einen Handball berührte, einen Ball, der kleiner als ein Basketball oder Fußball, aber größer als ein Baseball oder Pingpongball ist, weckte das meine Neugier. Ich liebte es einfach. Es interessierte mich, mit der einzigartigen und ungewöhnlichen Größe des Balls zu spielen.
Ich wechselte zur Seoul Soongduck Elementary School, eine Schule, die ihr eigenes Handballteam aufgebaut hatte. Ballspiele wie Basketball oder Volleyball waren der Öffentlichkeit vertraut, aber Handball war damals ziemlich unbekannt. So war ich neugierig, worum es sich dabei wirklich handelte.
Als ich meinen Eltern erzählte, dass ich den Sport machen wollte, waren sie dagegen. Später fand ich heraus, dass meine Mutter Torwart in einem Handballteam gewesen war. Sie versuchte mich dazu zu überreden, diesen anstrengenden Sport nicht anzufangen.
Sind die Rekorde, die Sie in Deutschland erzielt haben, immer noch ungebrochen?
Ich habe in meiner Karriere dort 2908 Punkte erzielt, was mich zum Torschützenkönig machte. Es tut mir allerdings etwas leid, dass es mir nicht gelungen ist, die 3000er-Marke zu erreichen. Ich denke, dass es schwierig sein wird, meinen Rekord zu brechen.
Sie sind in guter körperlicher Verfassung. Liegt das in der Familie?
Ja. Meine beiden Eltern sind ziemlich groß. Mein Vater hat eine Größe von 1,81 m und meine Mutter eine Größe von 1,70 m. Meine ältere Schwester ist 1,75 m groß. Mein jüngerer Bruder war ebenfalls ein Doosan-Handballer, aber er musste wegen Verletzungen mit dem Spielen aufhören.
Alle meine Familienmitglieder haben einen gesunden und kräftigen Körperbau. Da auch ich von Natur aus kräftig gebaut bin, bin ich in all den Kämpfen gegen wuchtige Spieler, die während eines Wettkampfs stattfinden, nicht einen Schritt zur Seite gewichen. Ich habe nicht so viele Verletzungen erlitten. Dank meiner von Natur aus starken Statur war ich auch in der Lage, so lange international aktiv zu sein, denke ich.
Wie sind Sie mit dem Gummersbach-Team in Kontakt gekommen? Welches Image haben der Sport und das Team bei den Bewohnern der Stadt?
Als ich in meinem dritten Jahr im College war, hatte ich die Chance, 1995 an der Handball-Weltmeisterschaft in Island teilzunehmen. Damals nahm die Mannschaft Gummersbach an den Spielen teil. Die Funktionäre des Vereins sahen mich spielen. Ich denke, dass es für sie ein Abenteuer war, einen Asiaten und darüber hinaus noch einen Koreaner in die Mannschaft aufzunehmen. Da ich damals immer noch jung war, entschieden sie sich für mich. Tatsächlich war es eines meiner Ziele, in der europäischen Szene und noch genauer in Deutschland zu spielen. Der vage Traum wurde plötzlich zur Realität. Ich sagte sofort zu, ohne mir darüber Gedanken zu machen, was man mir zahlen würde. Ich erinnere mich daran, wie ich sagte: „Ich werde auf alle Fälle gehen”.
Gummersbach ist eine kleine Stadt mit einer sehr niedrigen Einwohnerzahl. Deshalb kann man dort sehen, wie sehr die Öffentlichkeit den Sport liebt. Das Handballsystem und die professionelle Liga sind in der Region sehr gut aufgestellt.
Zunächst fiel es mir schwer, mich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Am schwierigsten war die Kommunikation mit anderen. Da ich überhaupt kein Deutsch sprach, konnte ich mich in keiner Weise mit den anderen Spielern oder Trainern verständigen. Die Unterstützung und Liebe der deutschen Fans munterten mich allerdings auf. Einige Fans machten sogar Kimchi für mich. Man kann natürlich nicht erwarten, dass ihr Kimchi so gut schmeckt wie das Original-Kimchi, aber ich bin ziemlich gerührt über dieses ernstgemeinte Geschenk. Zunächst dachte ich, dass die deutsche Sprache etwas schroff klingt, aber mit der Zeit fühlte ich eine starke Verbindung zu den Deutschen. In einem Wort: Sie sind loyal. Sie wenden sich niemals von dir ab, wenn sie dich mögen und dir vertrauen. Insbesondere die Unterstützung von Fans mittleren Alters oder älteren Fans ist etwas, das ich niemals vergessen werde.
Die Sorgen über Sprachbarrieren waren schnell verschwunden, als meine Kollegen und ich versuchten, einander zu verstehen und von den unterschiedlichen Kulturen zu lernen, die wir alle hatten. Wir kamen uns schnell näher. Nachdem ich vier Jahre in der Stadt war, konnte ich besser Deutsch sprechen. Da sie Verständnis für meine sprachlichen Fehler hatten, fühlte ich mich selbstbewusster beim Sprechen der deutschen Sprache. Ich denke, dass ich Glück hatte, von guten Leuten umgeben zu sein.
Was war der denkwürdigste Moment in Ihrer Karriere?
Das war der Moment, als meine deutsche Mannschaft 2007 das seit vielen Jahren an der Spitze stehende Team beim Champions Cup der Europäischen Handballföderation (EHF) besiegte. Auch war ich wirklich bewegt, als ich meine Karriere in Gummersbach beendete. Zu meiner Abschiedszeremonie kamen mehr als 20.000 heimische Fans, um sich von mir zu verabschieden. Ich war geradezu schockiert darüber, so viele Fans zu sehen, die mich unterstützten. Ich bleibe mit deutschen Fans immer noch über soziale Netzwerkdienste in Verbindung. Einige deutsche Fans sind sogar nach Korea geflogen, um mich in der Heimat spielen zu sehen. Rund zehn Fans kamen sogar zu meiner Hochzeit. Ich bin ihnen allen so dankbar.
Sie haben an der Kyung Hee University eine Doktorarbeit geschrieben, eine Arbeit, die sich mit „Führungsstil, Selbstmanagement und Mannschaftskultur der Spieler” befasst. Was schafft Ihrer Ansicht nach einen idealen Führungsstil?
Die Entscheidung ist nicht einfach, welcher Führungsstil richtig ist und welcher nicht. Beim Führungsstil ist es am wichtigsten, wie man mit den Spielern kommuniziert und wie man ihre Gedanken liest. Gleichzeitig sollten Sie auf dem Spielfeld einen charismatischen Führungsstil beibehalten. Als Trainer muss ich immer noch einen langen Weg gehen und weiter daran arbeiten, so gut wie möglich zu werden.
Die meisten Spieler, mit denen ich arbeite, haben seit ihrer Zeit in der Mittel- und Oberschule viel Druck von ihren Trainern erhalten – so war es auch bei mir. Nun gebe ich ihnen allerdings mehr Zeit, über Wege nachzudenken und sich näher damit zu befassen, damit sie ihre Fähigkeiten eigenständig weiterentwickeln, anstatt nur streng mit ihnen zu sein. Nur das zu tun, was von Ihnen verlangt wird, ist sehr roboterhaft. Bevor ein Coach herauskommen kann und ihnen dieses und jenes erzählt, besprechen sie es untereinander und kommen mit ihren eigenen Ideen. Diese Art freie, sich auf die eigenen Fähigkeiten stützende Umgebung ist es, die ich schaffen möchte. Ich weiß, dass es leichter gesagt als getan ist. Ich arbeite hart daran, damit es passiert, und ich kann einige Veränderungen sehen. Das ist es, was meiner Ansicht nach einen idealen Führungsstil ausmacht.
Wir haben gehört, dass Heiner Brandt, der frühere Trainer der Mannschaft von Gummersbach, Ihr Vorbild sei. Welche Dinge an ihm haben Sie inspiriert?
Er war der erste Coach des deutschen Teams. Er hat mich oft zum Essen eingeladen und versucht, mit mir mit Hilfe eines koreanisch-deutschen Wörterbuchs zu kommunizieren. Er war wie der nette Onkel von nebenan. Er war sehr freundlich und höflich, aber wenn er in seinen Modus als Trainer umschaltete, konnte er etwas fordernd sein.
Ich war sehr beeindruckt von diesem professionellen Verhalten. In Profiligen in Europa gab es eine Null-Toleranz-Haltung gegenüber Fehlern oder unverschämtem Verhalten. Sie sollten sich frei fühlen, waren aber gleichzeitig gezwungen, sich an bestimmte Regeln zu halten.
In diesem Sinne haben mir die Zuvorkommenheit und Bescheidenheit, die ich seit meiner Kindheit beibehalten habe, wirklich geholfen. Ich denke, dass die Organisationskultur in Deutschland und meine traditionelle Etikette, die von der konfuzianistischen Kultur beeinflusst war, eine Harmonie gebildet haben.
Yoon Kyung-sin, Trainer des Doosan-Handballteams, sagt: „Handball repräsentiert mein ganzes Leben. Dabei habe ich eine ganze Bandbreite an Emotionen gefühlt, von Glück und Freude bis zu Zorn und Trauer.“
Worin liegt Ihrer Ansicht nach der Reiz des Sports?
Ich denke, dass sein Charme in seiner Geschwindigkeit und in seinen körperlichen Herausforderungen liegt. Handball ist eine der kämpferischsten Sportarten, und Sie müssen agil sein und sich in ständige körperliche Auseinandersetzungen mit ihren Gegnern verwickeln lassen.
Um in den körperlichen Auseinandersetzungen nicht zu unterliegen, habe ich in Deutschland mehr als 10 kg zugenommen, sodass ich 110 kg wog. Handballspieler treten auch in psychologische Kriegsführung miteinander. Das weitet sich dann zu körperlichen Auseinandersetzungen aus. Die, gegen die ich gekämpft habe, sind nun meine guten Freunde. Der Sport hat mir viele gute Freunde gebracht. Manchmal treffe ich einige von ihnen, die jetzt wie ich als Trainer arbeiten, bei internationalen Wettkämpfen. Nach den Wettkämpfen sprechen wir bei einem Bier über die gute alte Zeit. Ich habe Freunde in vielen Ländern. Wenn ich nur zu Hause gespielt hätte, würde ich diese guten Freunde niemals getroffen haben.
Trainer Yoon Kyung-sin (links) und sein Doosan-Handballteam der Männer
Was bedeutet Handball für Sie?
Er ist mein Leben. Er ist etwas, für das ich immer noch arbeite und das mir ein Gefühl von Lebendigkeit verleiht. Er repräsentiert mein Leben. Bei der Ausübung dieses Jobs habe ich eine ganze Bandbreite an Emotionen gefühlt. Ich habe Glück und Freude empfunden. Manchmal war ich zornig und habe Tränen vergossen. Ich hoffe, dass ich das gute Image dieser Sportart aufrechterhalten kann, solange ich diese Tätigkeit ausübe.
Yoon Kyung-sin übermittelt eine handgeschriebene Botschaft auf Deutsch, um allen Fans von Gummersbach und Hamburg Glück zu wünschen.
Von Wi Tack-whan, Sohn JiAe
Redakteure, Korea.net
Fotos: Jeon Han
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