Sophie Bowman erzählt, dass sie eher zufällig Koreanisch als zweite Fremdsprache gewählt habe. Seitdem entwickelte sie eine Leidenschaft für Koreanisch und beschloss, Übersetzerin zu werden, was in ihren Worten „ein glücklicher Zufall“ ist.
Bowman meint, dass das Studium und die Übersetzung der koreanischen Literatur nicht einfach seien, aber dass ihr beides Spaß mache. Links ist „Let Me Linger as a Flower in Your Heart” zu sehen, das sie ins Englische übersetzte.
Was hat Sie ursprünglich dazu veranlasst, Koreanisch zu lernen?Als ich an der SOAS, University of London, studierte, dachte ich, dass Koreanisch eine exotische Sprache sei. Damals wurde sie im Vergleich zu heute nicht von vielen Leuten gelernt. Es war ein Zufall, aber ich dachte, dass ich Glück hatte. So war es ein glücklicher Zufall.Sie haben beschlossen, koreanische Literatur zu übersetzen, nachdem Sie die koreanische Sprache mehr als sieben Jahre gelernt haben. Warum haben Sie diese Herausforderung auf sich genommen?Ich habe 2007 begonnen, Koreanisch zu lernen. Nach Abschluss meines M.A. habe ich am Korean Language Institute der Yonsei University studiert. 2012 habe ich bei einem koreanischen Unternehmen gearbeitet. Ich war die einzige Person dort, die Englisch sprechen konnte. Während ich dort arbeitete, habe ich viel Koreanisch gelernt und mit einigen Übersetzungen begonnen. Seitdem habe ich mich in einem Intensivkurs, der vom Literature Translation Institute of Korea angeboten wurde, intensiver mit Übersetzungen auseinandergesetzt.Gibt es irgendetwas Bestimmtes, das Sie dazu veranlasst hat, sich stärker für die koreanische Literatur zu interessieren oder ein Interesse für sie zu entwickeln? Wenn ja, was war es?Während ich mein Grundstudium an der University of London absolvierte, wuchs mein Interesse an Korea. Die meisten Bücher, die ich während meines M.A.-Studiums über Korea las, wurden von Westlern geschrieben. Als ich koreanische Literatur las, entdeckte ich, dass koreanische Werke, die von Koreanern geschrieben wurden, viel mehr Substanz haben, da diese Geschichten von denjenigen stammten, die die koreanische Geschichte in der Realität erlebt hatten. Es gibt einen großen Unterschied zwischen ausländischen Gelehrten, die ein Buch über Korea schreiben und koreanischen Autoren, die über ihr Zuhause schreiben.Der erste koreanische Roman, den ich las, war „The Guest” von Hwang Seok-young. Das Buch war sehr gut übersetzt und sehr kontrovers. Danach las ich mehr Werke von koreanischen Schriftstellern wie Park Wansuh und war in der Lage, Korea etwas besser zu verstehen. Damals habe ich nicht daran gedacht, einmal Übersetzerin für koreanische Literatur zu werden. Ein Professor, der mich für das KLTI-Programm interviewte, erkannte allerdings meine Leidenschaft. Tatsächlich ist es nicht einfach, literarische Werke zu lesen, zu verstehen und ihre Bedeutung zu übermitteln. Es ist aber seltsam aufregend. Es macht mir wirklich Spaß.Gibt es einen Grund dafür, dass Sie „Sosdae Munhak”, eine Gedichtsammlung verfasst von Dichtern mit körperlicher Behinderung, übersetzt haben?Einer meiner Freunde kennt Professor Bang Gui-hee, und wir haben eines Tages zusammen gegessen. Danach schlug mir Professor Bang diese Arbeit vor und schickte mir drei Gedichte. Eines davon war das „I’ve Got Ten Eyes” von Son Byeong-geol, das mich tief beeindruckt hat. Viele von uns halten unser Augenlicht für selbstverständlich. Für einige ist es jedoch nicht selbstverständlich. Ich habe am Anfang einige Gedichte übersetzt und Bang erzählt, dass ich die Arbeit sehr interessant fände und dass sie mir wirklich Spaß gemacht habe. Das war der Anfang. Ich brauchte vier Monate, um insgesamt 53 Gedichte zu übersetzen.Gab es unter den 53 Gedichten welche, die Ihnen besonders im Gedächtnis haften geblieben sind oder die Sie besonders fanden? Welche waren es?Neben dem Werk von Son Byeong-geol würde ich gern drei weitere nennen. „Suffering and Beauty Live Up On Hilltops” von Kim Yul-do basiert auf seinem Leben in Seoul vor mehr als 20 Jahren. Ich musste das Geräusch eines Huhns in „Hey, Chicken“ von Lee Myeong-yun übersetzen. Der Prozess des ausbrechenden Frühlings wird in „The Camelia’s Labour” von Mun Yeong-yeol als der Prozess beschrieben, einer Blume zu ihrer Geburt zu verhelfen. Dann gibt es „Growing a Quince Tree“ von Nam In-u. Keines dieser Gedichte in dem Buch spricht über die Behinderungen der Dichter. Stattdessen handeln sie von menschlichen Emotionen, wie Freude, Trauer, Liebe und so weiter. Da die Übertragung von Gefühlen und Emotionen ins Englische wichtig waren, habe ich mich auf diese Themen konzentriert.Ihre schriftlichen Kompetenzen im Koreanischen sind ziemlich hoch, selbst vom Standpunkt eines koreanischen Muttersprachlers. Wie ist es Ihnen gelungen, einen so hohen Grad zu erreichen? Haben Sie irgendein Geheimnis oder ein besonderes Know-how?Was die Notizen des Übersetzers in diesem Buch angeht, habe ich jeden der Sätze sowohl auf Englisch als auch auf Koreanisch geschrieben. Bei der Kenntnis einer Sprache geht es um Kommunikation und auch um den Zugang zur Welt in dieser Sprache, wie durch Menschen, Fernsehen, Magazine und so weiter. Es geht nicht darum, hohe Punktzahlen in einem Examen zu bekommen.Was mich betrifft, lebe ich in Korea, treffe koreanische Freunde und spreche meist Koreanisch. Wenn ich nach Hause nach London fahre, machen meine Familie und Freunde oft Witze darüber, dass mein Englisch komisch klingt. Ich dachte sogar, dass ich mich irgendwo in der Mitte befinde und dass es eine Frage der Identität sein könnte. Ich denke allerdings nicht, dass diese Situation so schlecht ist. Wenn ich meinen Mund öffne, um etwas zu kaufen oder jemanden zu treffen, sind etwa 90 Prozent der Leute überrascht und sagen: „Ihr Koreanisch ist so gut“. Ich denke, dass sich Koreaner daran gewöhnen müssen, da es immer mehr Nichtkoreaner mit einer guten Beherrschung der koreanischen Sprache geben wird.Wenn ich im Koreanischen schwierige Passagen der klassischen Literatur finde oder chinesische Redewendungen aus vier Schriftzeichen, verlasse ich mich zum großen Teil auf Lexika. Eine meiner Freundinnen unterrichtet chinesische Schriftzeichen (Hanja) an einer Oberschule. Ich rufe sie oft an, um ihr Fragen zu stellen. Einige Ausdrücke haben jedoch unterschiedliche Übersetzungen, selbst unter Koreanern. Ich entscheide, welche Übersetzung oder Meinung – ihre oder meine – die richtige ist, und manchmal ist meine richtig, was mich dann sehr glücklich macht.Das Lesen von Werken der koreanischen Literatur dauert länger, weil ich neue Wörter in meinem Lexikon nachschauen muss. Ebenso ist es bei lokalen Dialekten. Nun kann ich teilweise den lokalen Dialekt von Gyeongsang-do (Provinzen Nord- und Süd-Gyeongsang) verstehen. In vielen Fällen frage ich aber andere. Ich habe einmal ein literarisches Werk mit einem nordkoreanischen lokalen Dialekt übersetzt, was schwierig war, weil es kein Lexikon dafür gab.Wer hat Ihnen Ihren koreanischen Namen gegeben? Hat er eine besondere Bedeutung?Als ich im Sommer am Korean Language Institute der Yonsei University studierte, habe ich meinen Geburtstag mit Freunden gefeiert. Einige von Ihnen, die bis spät in der Nacht mit mir aufblieben, schlugen vor, dass ich einen koreanischen Namen haben sollte. Sie wählten „So-hee“, da es so ähnlich wie mein englischer Vorname klingt. Als koreanischen Familiennamen wählten wir Ban, indem wir den ersten und letzten Buchstaben meines Nachnamens verwendeten. Die Mutter von einem meiner Freunde wählte die chinesischen Schriftzeichen für meinen koreanischen Namen mit glücksbringenden Bedeutungen aus. Dann schrieb sogar ihr Großvater meinen koreanischen Namen, und ich war wirklich gerührt.Sind Sie bei ihrem Leben in Korea irgendwelchen Schwierigkeiten begegnet? Gibt es auf der anderen Seite positive Aspekte des Lebens in Korea? Wenn ja, welche?Ich lebe seit 2011 in Korea. Am Anfang habe ich viel Hilfe von meinen Freunden erhalten. Ich hatte immer Angst, wenn es um Visa- oder Immigrationsangelegenheiten ging, weil ich niemals zuvor damit zu tun hatte. Jetzt habe ich nicht viele Probleme, da ich Koreanisch sprechen kann. Ich hatte manchmal Heimweh, da mein Leben hier ganz anders ist als das in London. Ich habe meine Familie und Freunde sehr vermisst.Als positive Aspekte des Lebens in Korea würde ich den komfortablen öffentlichen Nahverkehr und die billigen Taxis nennen, ein schnelles Liefersystem, das alles, was man bestellt, spätestens am nächsten Tag bringt und die Tatsache, dass alles schnell ist. Ich denke, dass ich mich heute an einen solchen Lebensstil gewöhnt habe.Ich habe gehört, dass Sie gern bergsteigen. Welche Parks besuchen Sie am häufigsten, und warum gehen Sie gern dorthin?Ich war acht oder zehn Male am Berg Jirisan. Ich kann dort bis zur Spitze oder zu einem Ort irgendwo in der Mitte gehen. Ich gehe über Cheongju oder Namwon dorthin. Ich besuche häufiger den Berg Bukhansan, aber der Jirisan ist mein Favorit. Im Falle des Nogodan ist er leicht zu besteigen, und der Aufstieg dauert etwa eine Stunde. Er ist hoch und bietet eine großartige Aussicht.Sie haben Korea und die koreanische Gesellschaft durch Ihr Leben in Korea und die koreanische Literatur kennengelernt. Welche Meinung haben Sie von der „koreanischen Bevölkerung“ und der „koreanischen Gesellschaft“?Das ist schwierig zu sagen, da jedes Individuum anders ist. Meiner Ansicht nach führt das Leben in der Stadt aber dazu, dass die Menschen weniger freundlich sind. Außerhalb Seouls treffe ich auf viele Leute, die freundlich sind und einander helfen und ihr Essen miteinander teilen. Das Teilen von Essen lässt sich außerhalb der Stadt häufiger finden als in den Städten.Ich schätze Ihre Liebe zur koreanischen Literatur. Literatur aus Großbritannien, Ihrem Heimatland, hatte einen beträchtlichen Einfluss auf die koreanische Literatur. Bitte stellen Sie uns einige Romane oder Gedichte von britischen Autoren vor, die Sie koreanischen Lesern gern empfehlen würden.Ich bin mir nicht sicher über zeitgenössische Schriftsteller, aber ich mag Gedichte. Ich würde gern Dichter wie Seamus Heany empfehlen, der den Nobelpreis gewonnen hat, und Philip Larkin. Ich liebe wirklich Science Fiction. Mein Favorit ist „ The Hitchhiker's Guide to the Galaxy" von Douglas Adams. Dieses Buch ist in der Welt des Science Fiction wirklich bekannt. Es wurde ins Koreanische übersetzt, aber ich wünschte, dass ich es selbst irgendwann übersetzen könnte, wenn möglich.Haben Sie irgendwelche zukünftigen Pläne und Wünsche in Bezug auf die koreanische Literatur?Ab März dieses Jahres werde ich zwei Jahre lang an der Fakultät für koreanische Literatur der Ewha Woman’s University studieren. Mein Ziel ist es, so viele Werke der koreanischen Literatur wie möglich zu lesen und so viel wie möglich auf Koreanisch zu schreiben. Mein Hauptfach wird zeitgenössische koreanische Literaturkritik sein, und der Schwerpunkt wird darauf liegen, den Text zu verstehen, da dies auch für die Übersetzung wichtig ist. Mein Hauptziel ist es, mein Leseverständnis im Koreanischen auszubauen.