Kürzlich hat sich in großen Rundfunkanstalten in Korea ein neuer Trend entwickelt. Sie haben begonnen, Nichtkoreaner/innen vorzustellen, die fließend Koreanisch sprechen und umfangreiche Kenntnisse über die koreanische Kultur besitzen. TV-Shows wie „Beauty Talk“ und „Abnormal Summit“ haben koreanische Fernsehzuschauer darin unterstützt, sich der Globalisierung Koreas stärker bewusst zu werden, bei der Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds an der heutigen multikulturellen Gesellschaft teilhaben. Diese Programme bieten koreanischen Fernsehzuschauern die Gelegenheit, die Unterschiede und Ähnlichkeiten wahrzunehmen, die zwischen den Menschen bestehen, und ihnen zu helfen, die Kulturen anderer Länder zu verstehen.
Ilya Belyakov, ein 33-jähriger Russe, der in Wladiwostok geboren wurde, einer Hafenstadt ganz im Osten Russlands, die weniger als zwei Flugstunden von Seoul entfernt liegt.
Dieser junge Mann kam zum ersten Mal vor 13 Jahren nach Korea und sprach damals schon fließend Koreanisch. Nachdem er an der Far Eastern Federal University Koreanisch im Hauptfach studiert hatte, setzte er am Korean Language Institute an der Yonsei University seine Studien als Stipendiat fort, der von der Korea Foundation unterstützt wird.
Seine Koreanischkenntnisse verbesserten sich immer weiter, und Belyakov stieg zum ersten Russen auf, der das bestmögliche Ergebnis im Test of Proficiency in Korean (TOPIK) erzielte. Er setzte seine Studien fort und erhielt einen Master von der Yonsei University. Er macht gegenwärtig seinen Doktor in Anthropologie und Lingustik in der Abteilung für Anthropologie an der University of South Carolina-Columbia. Dank seiner ausgeprägten linguistischen Fähigkeiten – fließende Beherrschung nicht nur des Koreanischen, sondern auch des Japanischen, Französischen und Spanischen – und seiner soliden Kenntnisse war er in den unterschiedlichsten Bereichen tätig: Dolmetscher im medizinischen Bereich, Angestellter in einem großen Unternehmen, Kolumnist, Journalist und TV-Star. Korea.net traf sich mit ihm, um über sein Leben in Korea sowie die Geschichte und Kultur Koreas und Russlands zu sprechen.


Der koreanische Linguist Ilya Belyakov engagiert sich aktiv für die kulturelle Kommunikation im Fernsehen und im Print-Journalismus.
Es ist beeindruckend zu sehen, wie fließend Ihr Koreanisch ist. Wie haben Sie Koreanisch gelernt? War es schwierig für Sie, sich an die Grammatik, das Vokabular und die idiomatischen Ausdrücke im Koreanischen zu gewöhnen, in einer Sprache, die sich völlig vom Russischen unterscheidet?
Es ist 13 Jahre her, dass ich das erste Mal nach Korea kam, im Jahr 2003. Auch wenn ich die koreanische Sprache im Hauptfach studiert habe, hatte ich keine besonderen Lern- oder Studienmethoden. Ich denke, dass es einfach das Ergebnis von großen Anstrengungen ist. Ich habe Bücher gelesen, Vokabular und Grammatik gelernt. Etwa 99 Prozent der Professoren waren Russen, mit nur zwei koreanischen Dozenten in der Fakultät. Als ich Koreanisch in Russland studierte, gab es einige Spezialisten für die koreanische Sprache im Land, aber definitiv nicht viele. Wenn es zum Beispiel 20 Professoren in der Abteilung für Mandarin-Chinesisch gab, gab es im Vergleich nur einen Professor in der Fakultät für die koreanische Sprache. Sie können die beiden Sprachen einfach nicht vergleichen.
Was hat Ihr Interesse am Koreanischen geweckt? Es gibt ja so viele Sprachen in der Welt.
Ursprünglich hatte ich gar nicht vor, die koreanische Sprache zu lernen. Es war eher ein Zufall. Ich habe mich während meiner Zeit an der Highschool so sehr für Fremdsprachen interessiert, dass ich beschloss, eine fremde Sprache zu studieren, wenn ich an der Universität bin. Ich habe mich bei vielen Sprachfakultäten beworben, und die Fakultät für die koreanische Sprache war eine von ihnen. Ich wurde bei den anderen Sprachen nicht angenommen, außer beim Koreanischen. So begann es. Auch wenn alles eher durch einen Zufall zustande kam, habe ich niemals gedacht, dass ich so weit mit der koreanischen Sprache kommen würde und dass ich hier Wurzeln schlagen würde.
Mit welchem Thema haben Sie sich in Ihrer Master-Arbeit beschäftigt?
Ich habe meinen M.A. in Linguistik an der Graduate School of Korean Literature and Language an der Yonsei-University gemacht. Das Thema meines Masters war ähnlich wie das meines Bachelors.
Der Titel meines M.A. lautete: „Unterschiede der syntaktischen Konzepte in der koreanischen und russischen Sprache, und syntaktische Konzepte im Russischen aus dem Koreanischen.”
In welchem Ausmaß haben sich die koreanische Popkultur und Kunst in Russland verbreitet?
Als ich Anfang der 2000er Jahre mit dem Koreanischstudium begann, gab es keine Informationen über Korea. Wenn ich koreanische Musik hören oder einen koreanischen Film sehen wollte, musste ich jemanden, der nach Korea fuhr, bitten, mir etwas mitzubringen. Es gab keine Bücher auf Koreanisch, keine koreanische Musik und keine koreanischen Filme. Auch das Internet war damals nicht in vollem Umfang entwickelt, ebenso die sozialen Medien wie YouTube oder Facebook. Es gab keine Informationen über Korea. Die einzige verfügbare Information waren einige Bücher und CDs, die meine Professoren zurückbrachten, nachdem sie Korea im Urlaub besuchten. Ich stieß buchstäblich mit dem Kopf gegen die Wand.
In den 1990er Jahren, als Korea und Russland ihre diplomatischen Beziehungen etablierten, gab es keine russischen Dolmetscher in Korea. So musste die Regierung dringend jemanden finden.
Richtig, das liegt daran, dass die beiden Länder weder einen Austausch untereinander noch Wissen übereinander hatten. Wenn man die damaligen Zeiten bedenkt, haben sich sehr viele Dinge in weniger als zehn Jahren verändert, in einer relativ kurzen Zeitspanne.
Russische Literatur, von den Werken Pushkins, Tolstois und Dostojewskis bis zu denen Solschenizyns, sind bei Koreanern seit mehr als 100 Jahren beliebt. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie herausgefunden haben, dass russische literarische Werke ins Koreanische übersetzt wurden?
Ich wusste nicht, dass russische Literatur in Korea so bekannt ist. Ich war sehr überrascht, als ich das herausfand. Ich kann allerdings nicht ehrlich behaupten, dass viel russische Literatur ins Koreanische übersetzt wurde. Aus russischer Perspektive habe ich nicht das Gefühl, dass russische Literatur in Korea sehr bekannt ist. Ich nehme an, dass es daran liegt, dass Russland so viele Schriftsteller und Künstler hat.
In vielen Friseurläden in Korea hängt ein bekanntes Gedicht von Pushkin an der Wand. An diesem Beispiel können Sie erkennen, dass die russische Kultur in die unterschiedlichsten Bereiche der koreanischen Gesellschaft eingebettet ist.
Tatsächlich ist die koreanische Literatur nun in Russland sehr bekannt. Allerdings werden dieser Tage nach und nach mehr Arbeiten übersetzt und vorgestellt. Sie sind jedoch nicht sehr beliebt. Da die beiden Länder solche großen kulturellen Unterschiede aufweisen, scheint es, dass die koreanische Literatur nicht sehr gut zur Gefühlswelt der Menschen in Russland passt.
Auf YouTube findet sich ein Video der russischen Nationalhymne, das einige der repräsentativsten Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft des Landes zeigt. Es scheint, dass Russland tatsächlich ein Land des „Inhalts“ ist. Dennoch scheint es, dass Russland die Gesamtheit dieses „Inhalts” nicht voll nutzen kann.
Das stimmt. Ich bin mir nicht sicher, ob Russland seinen „Inhalt” nicht in vollem Umfang nutzen möchte, oder ob es dazu einfach nicht in der Lage ist. Es hat ihn jedenfalls überhaupt nicht genutzt. Ich glaube, dass dies finanzielle Gründe hat. Es mag in Russlands gegenwärtiger Situation Einschränkungen geben.
Es gibt sein vielen Jahren einen Austausch zwischen Korea und Russland. Im Alltagsleben der koreanischen Bevölkerung finden sich viele russische Einflüsse, nicht nur in der Literatur, sondern auch in berühmten russischen Liedern wie „Katyusha“, „Those Were the Days" und „Cranes" von Iosif Kobzon. Anders als bei der jahrhundertealten russischen Kultur hat die Beliebtheit koreanischer Popmusik und Fernsehserien in einer relativ kurzen Zeitspanne zugenommen. Woher kommt Ihrer Ansicht nach die koreanische Vitalität?
Ich denke, dass die koreanische Kultur viele Aspekte hat, die der russischen Kultur ähneln. Es gibt ein historisches Vertrauen zwischen Koreanern und Russen, aber Koreaner wissen nur wenig darüber. König Gojong suchte in der russischen Gesandtschaft Zuflucht, um den japanischen Truppen zu entkommen. Der Schlüssel zur Vitalität der russischen Kultur und zur Art und Weise, wie sie tief in den Alltag der koreanischen Bevölkerung eingebettet ist, liegt meiner Ansicht nach darin begründet, dass beide Länder geografisch gesehen Nachbarn sind. So ist dies nur natürlich.
Heute haben die beiden Länder einen regeren Austausch im Kulturbereich als im Wirtschaftsbereich. Natürlich führt der verstärkte Austausch zwischen Unternehmen zu einem verstärkten Austausch im Kunstbereich. Wenn beide Länder mehr Austausch in Politik und Wirtschaft hätten, könnten wir auch mehr Austausch im Kunstbereich haben, denke ich.
Russland spielte eine wesentliche Rolle für den Sieg im Zweiten Weltkrieg, dem Großen Patriotischen Krieg. Der Widerstand der Russen, der zu dem Sieg führte, scheint auf einer Linie mit den Koreanern zu liegen, die die Befreiung erreichten, indem sie sich der Kolonialisierung widersetzten. Welche Emotionen haben Russland Ihrer Ansicht nach so stark gemacht?
Wenn ich die russische Kultur als Russe sehe, scheinen die russischen Menschen ein ausgeprägtes Temperament zu haben, das nach Freiheit strebt. Das kommt insbesondere in unserem Nationalcharakter zum Ausdruck. Wenn ich die russische Geschichte Revue passieren lasse, gab es keinen Augenblick ohne Krieg. Lassen Sie uns sagen, dass Korea alle 500 Jahre einen Krieg hatte. Russland hatte alle 10 Jahre einen Krieg. Ich denke, dass wir insgesamt ungefähr 200 Kriege hatten. Wir hatten viele Kriege mit Nachbarländern und anderen Ländern in Übersee. Wir hatten viele Territorialkämpfe. Korea hatte seinen letzten Krieg vor 70 Jahren, aber Russland befindet sich immer noch im Krieg. Die Russen haben einen solchen Charakter. Sie streben nach Freiheit und betrachten die Unabhängigkeit als wichtiges Gut. Ich denke, der Grund ist, dass sie im Laufe ihrer Geschichte so viele Schwierigkeiten und schwere Zeiten durchmachen mussten.
Insbesondere im Zweiten Weltkrieg existierte in der Sowjetunion eine starke Ideologie. In den Köpfen russischer Menschen ist eine starke Ideologie wie die Stalins sehr stark verankert. Ich denke, dass die Russen aus diesem Grund einen ausgeprägten Kampfeswillen hatten, der zu einer Geschichte voller Kriege führte.
Die Stalin-Ära war sehr harsch, aber im Ausgleich zu dem Leid scheint es viele Errungenschaften gegeben zu haben.
Ja. Es gibt gemischte Beurteilungen. Natürlich gibt es die negative Seite. Historiker haben sogar bis heute unterschiedliche Ansichten darüber.
Ein Video, das während der Amtszeit des früheren Präsidenten Dmitri Medwedew produziert wurde, zeigt alle Führungspersönlichkeiten von der Vergangenheit bis zur Gegenwart, einschließlich Stalins, Lenins und russischer Kaiser wie Nikolaus der Zweite. Abgesehen von der Unterscheidung zwischen Gut und Schlecht scheinen Sie einen unterschiedlichen Blick auf die Geschichte zu haben.
Auch wenn Stalin in der Vergangenheit viele schlechte Dinge getan hat, schätzen ihn die Russen immer noch hoch. Der Grund ist, dass er Russland zum Sieg im Zweiten Weltkrieg verholfen hat und er das Land aus dem Nichts in eine weltweit führende Nation verwandelt hat. Er hat auch eine russische Version der Industrialisierung vollzogen, die Russland zu einem sicheren Land machte und zu einem Land, das sich auf Augenhöhe mit den USA befindet. Während der Stalin-Ära hat Russland das weltweit erste Raumschiff ins All geschickt. Der weltweit erste Astronaut war Russe. Deshalb gibt es positive Einschätzungen Stalins.
Der Sputnik-Schock saß in der Tat tief. Warum musste Russland trotz solcher großartiger Leistungen eine solch schwere Zeit durchmachen?
Es gibt viele Gründe, und es ist wirklich kompliziert, das zu erklären.
In den rund 30 Jahren Ihres Lebens scheint es in Russland eine Zeit der rasanten politischen Veränderungen gegeben zu haben. Sie wurden in der Spätzeit der ehemaligen Sowjetunion geboren und haben dann Glasnost, Perestroika und so viele andere Veränderungen erlebt.
Auch wenn ich in der Sowjetunion geboren wurde, habe ich nicht viele Erinnerungen an diese Zeit, da ich zu klein war. Ich erinnere mich nur daran, dass Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 1990er Jahren ein demokratisches Land wurde. Russland hat auch in den 2000er Jahren viele Veränderungen erlebt. Nun hat das Land ein florierendes kapitalistisches System, in anderen Worten einen uneingeschränkten Kapitalismus.

Ilya Belyakov spricht über die rapiden Veränderungen, die Russland durchlaufen hat, die immer größere Kluft zwischen den Generationen und die Schwierigkeiten, die die russische Gesellschaft bei der Anpassung an diese Veränderungen hat.
Es muss schwierig für die Russen gewesen sein, sich diesen Veränderungen anzupassen, da sich das Land von einer sozialistischen in eine kapitalistische Gesellschaft verwandelt hat.
Ja. Meine Eltern beispielsweise haben sich nicht an diese Veränderungen gewöhnt. Wenn ich mich mit ihnen unterhalte, kann ich spüren, dass sie gedanklich immer noch in der Ära der Sowjetunion leben. In Russland existieren aus diesem Grund viele Konflikte zwischen den Generationen, da es im Denken der Leute so viele Veränderungen gab. Es scheint ein größerer Konflikt als der zwischen Koreas jüngerer Generation und der Babyboom-Generation nach dem Krieg zu sein. Der Grund ist, dass sich solch ein Wandel in der Ideologie und Weltansicht der Menschen vollzogen hat. Es passierte nicht nur in Russland, sondern auch anderswo in der Welt: die Transformation von einem sozialistischen in ein demokratisches System in einer Zeitspanne von zehn Jahren.
Andere Länder, die dem Weg des Sozialismus gefolgt sind, wie China, Kuba, Nordkorea und Venezuela, folgen immer noch dem Sozialismus, außer Russland. Es ist das einzige Land, das solche drastischen Veränderungen durchmachte. Solche Transformation verhärtete die Menschen, als sie sich anpassten, was Probleme in den 1990er Jahren erzeugte.
Der ferne russische Osten einschließlich Wladiwostok, Ihrer Heimatstadt, war traditionell eine Bastion für Koreaner, wo sie sich versammelten, um in der Spätzeit des Joseon-Reiches Ihre Unabhängigkeitsbewegungen zu starten. Es ist bekannt, dass Russland die Koreaner unterstützte, sowohl öffentlich als auch privat.
Es war damals der richtige Zeitpunkt, dass Russland Korea so viel unterstützt hat. Damals wurde Russland von Japan im Russisch-Japanischen Krieg 1905 besiegt. Russland hatte traditionell keine positive Einstellung gegenüber Japan. Im frühen 20. Jahrhundert tat Japan viele kontroverse Dinge im Pazifik, die zu gemischten Beurteilungen führten. So hatte Russland ein größeres Verständnis für diejenigen, die litten. Da sie ebenfalls die Opfer Japans waren, hegte Russland wahrscheinlich Sympathien für Korea.
Während Ihres Lebens in Korea in den vergangenen 12 Jahren müssen Sie viele Veränderungen erlebt haben. Ihre Heimatstadt unterscheidet sich sehr von Seoul. Wie haben Sie sich diesen Veränderungen angepasst? Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten, seitdem Sie in Korea leben?
Um ehrlich zu sein, habe ich keinen größeren Kulturschock erlebt. Ich war offen, aber vielleicht noch wichtiger ist, dass ich bereits Spezialwissen über Korea hatte, bevor ich hierherkam. Ich konnte bereits auf einem bestimmten Niveau Koreanisch sprechen und hatte bis zu einem gewissen Grad ein Verständnis von Korea. Als ich in Wladiwostok war, hatte ich guten Kontakt zu koreanischen Studenten. So habe ich keinen Kulturschock erlebt, da ich vorbereitet war.
Natürlich brauchte ich etwas Zeit, um mich anzupassen. Ich war anders als andere Nichtkoreaner, die nach Korea ohne jedes Wissen über das Land kamen. Auch wenn es nicht besonders umfassend war, hatte ich bereits ein gewisses Verständnis von Korea. Ich erlebte eine Art sanfte Landung und hatte kein Problem damit, in der ersten Hälfte meines Aufenthalts im Land zu leben. Als ich sich mein Aufenthalt ausdehnte, ich zu arbeiten begann und tiefer in die Gesellschaft eindrang, wurde es jedoch schwieriger. Die größte Herausforderung stellte die Arbeitswelt in Korea dar. Die Hierarchien hier waren das Schwierigste von allem. Wir haben auch in Russland Hierarchien, aber es ist nicht das Gleiche wie in Korea. Es gab einige Bereiche, die ich nicht verstehen oder akzeptieren konnte.
Wenn es ums Trinken geht, konsumieren Koreaner statistisch gesehen mehr als Russen. Da der Wodka einen hohen Alkoholgehalt hat, trinken Russen nicht viel, was das Volumen angeht. Soju ist nicht so stark wie Wodka. So trinken die Koreaner wirklich sehr viel. Wenn wir die beiden durchschnittlichen Alkoholmengen vergleichen, die pro Person konsumiert werden, trinken Koreaner mehr als Russen.
Was mögen Sie an Korea?
Ziemlich viel. Ich liebe das Reisen. Deshalb fahre ich überall hin. Wann immer ich auf Reisen gehe, möchte ich nach Korea zurückkehren, weil alles so komfortabel hier ist. Ich würde am liebsten alles erwähnen, aber das Beste, insbesondere an Seoul, ist die gute Infrastruktur. Auch wenn sich viele Koreaner dessen nicht bewusst sind, finden es viele Nichtkoreaner sehr komfortabel, Toiletten innerhalb von U-Bahnstationen vorzufinden. Sie sind sauber, und was noch wichtiger ist: Sie sind kostenlos. Das ist wirklich wunderbar. In Europa finden Sie vielleicht an einigen Orten eine Toilette in der U-Bahnstation, aber sie ist nicht kostenlos.
In der Tat hatten wir vor 30 Jahren auch in Korea schmutzige Toiletten, auf die niemand gehen wollte. Sie wurden sauber, weil wir Anstrengungen unternommen haben.
Richtig. So viele Dinge haben sich verändert. Wenn ich es mit dem Jahr 2003 vergleiche, als ich das erste Mal nach Seoul kam, kann ich heute viele Veränderungen feststellen. Damals hatten wir nicht den Strom Cheonggyecheon in Seoul. Es gab nicht genug öffentlichen Nahverkehr, und wir hatten nur sieben U-Bahnlinien. Heute haben wir neun U-Bahnlinien. Wenn wir uns Russland ansehen, ist Moskau vielleicht so komfortabel wie Seoul, auch wenn sich die beiden Städte natürlich unterscheiden. Aber andere Städte sind anders, da Russland ein großes Land mit mehr als 60 ethnischen Gruppen ist.
Wenn Sie im Fernsehen auftreten, weisen Sie auch auf einige negative Seiten der koreanischen Gesellschaft hin, darunter die privaten Nachhilfeinstitute für Schüler und die Vorschulerziehung. Wie haben Sie den scharfen Blick für diese Dinge entwickelt?
Es liegt nicht dran, dass ich eine besonders scharfe Beobachtungsgabe habe. Ich kann diese Dinge beobachten, während ich in Korea lebe. Da ich mit Koreanern zusammenwohne, jeden Tag mit meinen koreanischen Freunden rede und die Nachrichten sehe, kann ich diese Dinge erkennen, da ich nicht von allem isoliert bin. Als ich 2003 nach Korea kam, gab es nicht viele Menschen kaukasischer Abstammung. Koreaner hielten europäisch aussehende Menschen immer für US-Amerikaner. Das war unangenehm.
Vielleicht lag es daran, dass die koreanische Gesellschaft nicht die Chance hatte, in Berührung mit Nichtkoreanern zu kommen.
Ja, und ich kenne die historischen Gründe. Aber deshalb fühlten sich die Menschen, die aus Osteuropa stammten, einschließlich Russlands, so verletzt. Auch ich. Jetzt haben sich allerdings so viele Dinge verändert. Viele dieser Veränderungen haben sich in den vergangenen zehn Jahren ereignet.
Der „immer in Eile”-Aspekt der modernen koreanischen Gesellschaft scheint die Einstellung der Koreaner gegenüber Nichtkoreanern verändert zu haben. Sie sind lockerer geworden.
Richtig. Das kann eine gute Sache sein. Die Einstellung verändert sich schnell und deutlich. Die Macht der Massenmedien kann einer der Gründe dafür sein. Dank der TV-Show „Beauty Talk“ werden sich Koreaner stärker der Tatsache bewusst, dass Nichtkoreaner Koreanisch sprechen können. Auch tauchen nun mehr Nichtkoreaner im Fernsehen auf. Ebenso ist es mit der Sendung „Abnormal Summit“. Diese Sendungen haben Koreaner dazu veranlasst, daran zu denken, dass Nichtkoreaner in Korea leben und die koreanische Sprache sprechen können. Das ist dem großen Einfluss der Massenmedien zu verdanken.
Sie haben sich mit Linguistik befasst, haben aber auch als Dolmetscher im medizinischen Bereich gearbeitet, was man sowohl als unerwartet als auch als sehr praktisch betrachten kann.
Es liegt an meinem Charakter, dass ich diese Dinge tun wollte. Ich dachte, dass ich erst einmal Einblicke in verschiedene Bereiche sammeln sollte. So habe ich in einer großen Firma, als Dolmetscher im medizinischen Bereich und als Freiberufler gearbeitet. Ich wurde Lehrer, übernahm Halbtagsjobs, arbeitete als Journalist und trat im Fernsehen auf. Was den Journalismus angeht, arbeitete ich sowohl für einen russischen als auch für einen koreanischen Rundfunksender.
Wenn man Ihr Alter bedenkt, scheinen Sie viele Erfahrungen gesammelt zu haben. Würde man sie niederschreiben, könnte Ihre Geschichte mehrere Bücher füllen.
Ich träume in der Tat davon, irgendwann in der Zukunft ein Buch zu schreiben.
Welches ist Ihr koreanisches Lieblingsessen?
Als Teil meines Alltags esse ich immer koreanisches Essen. Ich mag viele Gerichte, aber ich bevorzuge Suppen wie Ginseng-Hühnersuppe oder Rinderknochensuppe. Ich bin mir nicht sicher, ob viele Russen koreanisches Essen mögen, da sich die koreanische Küche sehr stark von der russischen unterscheidet. Wenn ich ein Gericht auswählen sollte, wäre Ginseng-Hühnersuppe meine erste Wahl. Es gibt große Unterschiede zwischen der russischen und der koreanischen Küche, und beide Küchen verwenden unterschiedliche Zubereitungsmethoden.

Ilya Belyakov weist darauf hin, dass mehr Wissen über Russland, sein Heimatland, Korea und Russland einander näherbringen würde.
Korea und Russland haben einst ihre Beziehungen aufgrund von ideologischen Differenzen abgebrochen, aber in den vergangenen 25 Jahren haben die beiden ein nachbarschaftliches Verhältnis entwickelt. Welche Bemühungen sind notwendig, um die beiden Länder einander näherzubringen?
Mehr Wissen ist notwendig. Zurzeit existiert fast kein Wissen über Russland in Korea. Und wenn es welches gibt, ist es zum größten Teil verzerrt. Ich hoffe, dass sich das ändern kann. Der Großteil der Informationen über Russland, die Sie in Korea finden, ist sehr stark verzerrt. Darunter gibt es auch einige Informationen, die schlicht falsch sind, und das trifft auf alle Bereiche zu: Kunst, Wirtschaft oder Politik.
Koreaner haben einen sehr geringen Kenntnisstand, was Russland angeht. Ich finde hier so viele Fehlinformationen. So erhalte ich von meinen Fans oft ähnliche Fragen. Wenn sie ein YouTube-Video über Russland finden, fragen sie: „Ist das wirklich in Russland?“ Dabei handelt es sich wirklich um gefälschte Videos, in denen Fehlinformationen über Russland verbreitet werden, aber die Leute hier glauben ihnen, auch wenn sie ein Drehbuch wie ein Film haben. Die Videos sind sehr weit von der Realität entfernt.
Lassen Sie mich einige Beispiele nennen: Vom letzten Jahr bis Anfang dieses Jahres wurden viele Informationen über Präsident Putin, über die Wirtschaft in Russland und Gerüchte verbreitet, dass Russland ein Moratorium verkünden werde. Die Russen selbst wussten nichts darüber, aber die Gerüchte verbreiteten sich überall. So begannen die Russen, an sich selbst zu zweifeln. „Sind wir wirklich pleite?“ Das ist weit von der Realität entfernt. Wenn ich solche falschen Nachrichten höre, werde ich ehrlich gesagt ärgerlich, aber es gibt nichts, was ich tun kann. Wenn beispielsweise Koreas staatlicher Rundfunksender solche Lügen verbreitet, kann ich nichts dagegen unternehmen. So wie überall in der Welt vertrauen die Leute auch hier gewöhnlich den Informationen, die die Medien ausstrahlen. Ich sage immer, dass die Informationen, die koreanische Medien über Russland verbreiten, verzerrt sind, aber dann greifen die Leute mich an, wenn ich das sage. Was KBS seinen Zuschauern präsentiert, ist beispielsweise anders als das, was ich ausstrahlen würde. Leute vertrauen den Medien. Ich allerdings nicht, weil es nicht stimmt. Deshalb denken die Russen, die in Korea leben, dass das alles nicht fair ist. Ich wünschte, Sie wären sich dessen stärker bewusst.

Ilya Belyakov betont seine Affinität zu Korea, indem er sagt, dass er sich dafür einsetzen werde, mehr Wissen über Korea zu verbreiten, wo immer er sich befindet.
Es scheint, dass Sie eine untrennbare Affinität zu Korea und der koreanischen Gesellschaft besitzen. Was erhoffen Sie sich durch die Kommunikation mit Korea?
Mein Traum ist es, Professor zu werden. Ich möchte weiterstudieren, meinen Doktor machen und an der Universität Linguistik lehren. Ich interessiere mich so sehr für Linguistik und ich liebe diesen Bereich. Deshalb möchte ich weiterstudieren, um mich zu qualifizieren und Studierende zu unterrichten. Das kann entweder in Korea oder in einem anderen Land sein, aber ich möchte etwas unterrichten, das mit Korea zu tun hat.
Welcher Reiz liegt für Sie als Linguist in der koreanischen Sprache?
Das Koreanische ist sehr logisch. Wenn wir es mit dem Russischen vergleichen, können Sie den deutlichen Unterschied sehen. Aus linguistischer Perspektive gibt es eine Regel in der Grammatik, und 99 Prozent der koreanischen Grammatik folgt dieser Regel. Im Russischen gibt es in 50 Prozent aller Fälle eine Ausnahme. Auch wenn das Russische seine Regeln hat, gibt es dort auch so viele Ausnahmen. Wenn wir nichtrussischen Muttersprachlern die russische Sprache beibringen, haben viele von ihnen Schwierigkeiten beim Lernen. Koreanisch ist dagegen logisch: Es hat eine Struktur, die man leicht verstehen kann. Wenn Sie die Regeln kennen, können Sie die Grammatik anwenden, ähnlich wie im Deutschen.
Von Wi Tack-whan, Yoon Sojung
Redakteure, Korea.net
Fotos: Jeon Han
whan23@korea.kr