Ausland

KUNST

„V-Project Shifting Moments“ der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft  NRW in Kooperation mit der Galerie Choi&Lager Köln/Seoul und dem Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung


„The Time Now I” von Sooyeun Lee  
Foto: Lilly Lipsch, Lara Schäfer

 

Auf dem Weg ständiger Veränderung und auf der Suche nach dazu passenden künstlerischen Ausdrucksformen befinden sich Sooyeun Lee, Hanna Noh, Hye Young Sin, Seongmin Yuk, Jiha Jeon und Hyeseon Jeong in ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung „Shifting Moments“. Alle stammen aus Südkorea, leben und arbeiten in Deutschland und sind Studierende der renommierten Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln. 

In Kooperation mit der Galerie Choi&Lager Köln/Seoul und dem Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung (Kulturgetriebe Köln) ist unter Führung der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft NRW im dafür gegründeten Projekt „V-Project Shifting Moments“ eine Videodokumentation in Vorbereitung, die denjenigen einen visuellen Zugang ermöglichen soll, die die Ausstellung wegen der derzeitigen Corona-Beschränkungen nicht sehen können. In kurzen Statements kommen die Künstler*innen dabei selbst zu Wort und stellen ihre künstlerischen Perspektiven dar. Die Dokumentation steht ab dem 15. Mai zur Verfügung.


Ausschnitt aus „The Time Now I” von Sooyeun Lee Foto: Sooyeun Lee - this work is a derivative of "Kwawu 2.0 Prosthetic Hand" by Jacquin Buchanan, used under CC BY 4.0.

 

„The Time Now I“ von Sooyeun Lee ist eine kinetische Installation, in der sich die Finger von jeweils zwei Händen durch Mitzählen der Uhrzeit in Köln und Seoul fortbewegen. Die Idee dahinter ist, dass damit die unterschiedliche Zählform in beiden Ländern in anschaulicher Weise sichtbar gemacht wird.

„The Time Now II” von Sooyeun Lee
Foto: Lara Lipsch, Lilly Schäfer

 

„The Time Now II“ ist eine Wandinstallation und zeigt jeweils ein Ziffernblatt auf weißem und schwarzem Grund als Synonym für kulturelle Unterschiede am Beispiel der beiden Hauptstädte Berlin und Seoul. Diese zeigen sich in den in der jeweiligen Zählposition aufgetragenen Fingerzeichen, die als Symbole für die arabischen Ziffern einer Uhr ver-wendet werden.

„Sound of Breath“ ist eine Klanginstallation, die durch Wind Bewegung und damit Klang erzeugt. Je nach Windstärke und -richtung werden verschiedene akustische und optische Wahrnehmungen sicht- und hörbar. Durch konzentriertes Zuhören werden die visuellen, akustischen und taktilen Sinne der Betrachter*innen angeregt und führen, sobald sie sich darauf einlassen, zu einem wohltuenden Moment der Entspannung. 
https://www.sooyeunlee.com/

Hanna Noh interessiert sich für die Wiederherstellung vergangener kultureller Narrative und die visuelle Darstellung ihrer Verbindung zur Gegenwart. In ihrer Plastik „Ich bin nicht aus Zucker“ geht es ihr um die Verarbeitung neuer kultureller Erfahrungen als Frau, die sie in Deutschland und anderen Ländern erlebt hat. Für sie gab es manchmal Schwierigkeiten, im kulturellen Anpassungsprozess Stellung zu beziehen und das hat, wie sie sagt, nicht nur ihre Gedanken, sondern auch ihren Körper beeinflusst. In der deutschen Redewendung „Ich bin nicht aus Zucker“ findet sie eine passende Entsprechung zwischen diesem emotionalen Zustand und der Substanz Zucker.


„Ich bin nicht aus Zucker“ von Hanna Noh  
Foto: Lara Lipsch, Lilly Schäfer

 

Ausschnitt aus „Internal Other“ von Hanna Noh 
Foto: Choi&Lager Gallery, Hanna Noh

 

„Internal Other“ ist eine 3D-Animation, eine Reise in eine virtuelle metaphorische Landschaft im „Grenzübergreifenden Schutzgebiet“ der Demilitarisierten Zone zwischen Nord- und Südkorea. Der Protagonist, ein Rotkronenkranich, der in der koreanischen Kultur und Tradition ein Symbol für  Langlebigkeit, Treue, Moral und Glück darstellt, nimmt dabei die Rolle eines schamanistischen Erzählers ein. In Hanna Nohs Arbeit treibt er spirituell zu den Göttern der Berge zwischen Himmel und Erde und nimmt die Betrachter*innen mit auf einen „magischen Flug" durch metaphorische und virtuelle Landschaften. Es geht zu verschiedenen Orten in der DMZ, von real bis imaginär, bis zu den „inneren Bergschneefeldern“ in unserem Kopf, wie es Robert R. Desjarlais in seinem Beitrag Healing through images: The magical flight and healing geography of Nepali shamans, American Anthropological Association (1989) bezeichnete.  
http://hannanoh.com


„Early growth-cuttage” von Hye Young Sin  
Foto: Lara Lipsch, Lilly Schäfer

 

Die Media-Installation von Hye Young Sin „Early growth-cuttage“ basiert auf ihren Beobachtungen von Pflanzen, während sie sie in ihrer Wohnung züchtete. Ihre Neugier wuchs, als sie sowohl die Blätter als auch die Wurzeln in ihrer Entwicklung regelmäßig beobachtete und dabei erkannte, dass trotz gleicher Art und Bedingungen die Wachstumsprozesse unterschiedlich sein können. Diese - wie Hye Young Sin es ausdrückt - „doppelte“ Erweiterung wurde zum Ausgangspunkt ihrer ausgestellten Arbeit, die ihren überraschenden Effekt aus der Verbindung von herkömmlichem Verpackungsmaterial mit besonderen Klang- und Bewegungselementen bezieht.
http://hyeyoungsin.info/


Ausschnitt aus „I could once speak under two moons” von Seongmin Yuk
Foto: Lara Lipsch, Lilly Schäfer

 

Die Videoarbeit „I could once speak under two moons“ von Seongmin Yuk reflektiert den Schöpfungsmythos der Insel Jeju aus der Perspektive zweier Motten, die von einem Soldaten rekonstruiert und wiedererzählt wird. Inspiriert dazu wurde der Künstler während seines Militärdienstes, als er alle zwei Tage schwere Container voller Waffen bewachen musste. Im nächtlichen Kontrast zwischen dichten Bäumen, Wachtürmen, hellen Lampen und den in deren Licht kreisenden Motten entstand in ihm ein neuer Blick auf den Ursprung der humanozentrischen Legitimation, wie er es ausdrückt.
http://www.seongminyuk.com 


Ausschnitt aus „Combined fish IV“ von Jiha Jeon
Foto: Lara Lipsch, Lilly Schäfer

 

In seiner seriellen Arbeit „Combined fish“ schafft Jiha Jeon eine Wechselbeziehung zwischen dem Individuum und der Gruppe. Die Serie entstand aus der Verwandlung eines einzelnen Fisches in eine Reihe von Varianten und wird hier in Form einer Digital-Fotomontage und 3D-Animation gezeigt. Jeder Fisch beißt oder verflechtet sich zu einem „Klumpen“, wie es Jiha Jeon nennt. Diese „Fischmassen“ stehen für verschiedene Arten von Gruppenformen, wobei die Eigenschaften und die Festigkeit strukturierter Gruppen manchmal durch individuelle Abweichungen durchbrochen werden. Die Arbeit soll die Wechselbeziehungen zwischen Individuen und Gruppen aus sozialer Sicht neu interpretieren und als visuelle Symbole porträtieren.
https://jihajeon.com/

„Combined fish II”  von Jiha Jeon
Foto: Jiha Jeon

 

„No one can stop" von Hyeseon Jeong besteht aus einer Reihe experimenteller Dokumentar- und Fotocollagen, die den widersprüchlichen Zyklus Olympischer Spiele thematisieren. Nach Beendigung der Sportveranstaltungen werden Veranstaltungsorte leer und unbrauchbar hinterlassen, die Zeit scheint stehengeblieben, Verkaufsautomaten funktionieren nicht mehr, Zweige von Olivenbäumen wie auch Wegweiser und Werbetafeln liegen auf dem Boden, und im Gegensatz dazu zirkulieren in der digitalen Umgebung des Internet ständig Souvenirs und Fotos aus der Zeit der Wettkämpfe. 

Gerade auch während der Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang war für Hyeseon Jong sichtbar, dass Sponsoren und Firmen immer mehr den eigentlichen Sport verdrängen, das öffentliche Interesse aber nach kurzer Zeit abrupt schwindet und der Verfall des gestern noch gegenwärtigen Fortschritts einsetzt, während dieser nur noch im digitalen Umfeld weiterbestehen kann. 
https://www.heysun.xyz/


Während des Foto-Shootings im Team zeigt sich, dass die gemeinsame Ausstellung mehr ist als die Summe ihrer einzelnen Arbeiten. So greifen die Studierenden aus unterschiedlichen, teilweise traditionellen Perspektiven ihre wahrgenommenen Umgebungen in Korea und Deutschland auf und vermitteln eine eigene Sicht auf räumliche und zeitliche Entwicklungen bis hin zu absurden Entgleisungen. Damit gelingt im Projektteam ein deutlich wahrnehmbarer interdisziplinärer Austausch, der das Verständnis des koreakundigen Betrachters reflektieren und so zu einer differenzierteren Wahrnehmung seiner bisherigen Sichtweise beitragen kann. Für Interessenten, die Korea noch nicht so gut kennen, werden tiefere Einblicke in Kultur und Lebensweise eröffnet und mit authentischen Statements der Künstler*innen zu ihren Werken angereichert und erfahrbar gemacht. 

Diese teilweise sehr individuellen, sich in ihrer Gesamtheit aber entsprechenden interkulturellen künstlerischen Eindrücke und Sichten werden in der Videodokumentation möglichst authentisch festgehalten und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.


Team „V-Project Shifting Moments“  Foto: Wolfram van Stephold

 

Weitere Informationen


„V-Project Shifting Moments“ soll dazu beitragen, den Kulturaustausch zwischen

Deutschland und Korea während der immer noch bestehenden Corona-Beschrän-

kungen weiter zu fördern. Das Projekt wird von der Botschaft der Republik

Korea-Außenstelle Bonn, der DKG Berlin, dem DKG Regionalverband NRW, der

Galerie Choi&Lager Köln / Seoul und dem Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung

Köln unterstützt.

 

Die Videodokumentation ist ab dem 15.Mai 2021 verfügbar und wird auf Anfrage und

nach Rücksprache mit den Künstlern und der Galerie Choi&Lager von der DKG NRW

zur Verfügung gestellt. Das Copyright liegt bei den Künstlern, der Galerie und der

Deutsch-Koreanischen Gesellschaft NRW und ist zu beachten.

 

Fotos und Video:    

Kölner Institut für Kulturarbeit u. Weiterbildung (Kulturgetriebe Köln), Lara Lipsch, Lilly Schäfer

Choi&Lager Gallery, Dalra Nam, Mareike Tocha (www.choiandlager.com)

Bild von Wolfram van Stephold

Bild von Wolfram van Stephold

Foto: W. van Stephold-Lee

Wolfram van Stephold

Wolfram van Stephold ist von Beruf Diplom-Kaufmann und lebt in der Nähe von Köln. Seine Frau stammt aus Korea, und durch sie entdeckte er sein Faible für Land und Leute. Seitdem verbringt er jedes Jahr seinen Urlaub zusammen mit Familie und Freunden in Korea.

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