Welche Reaktionen zeigen die zeitgenössischen Künstler/-innen darauf? Gibt es heute mehr Interesse an Themen wie Natur, Ökologie, Umweltschutz als vorher? Das scheint besonders wichtig, wenn man bedenkt, dass Künstler/-innen dazu neigen, der Gesellschaft vorauszudenken und auf bestimmte Themen aufmerksam zu machen.
Natasha Ginwala: Diese Biennale korreliert mit den in der Erdoberfläche vergrabenen Informationen. Verwandtschaftsmodi existieren nicht nur zwischen Menschen, sondern auch jenseits der menschlichen Welten. In unserer Ausstellung konvergieren wir inmitten transformierender Ökologien mit kommunalen Praktiken, die von der koreanischen Halbinsel bis nach Sápmi (Siedlungsgebiet der Samen in Fennoskandinavien, Anm. d. Red.) und Aotearoa (Neuseeland) reichen. Die ausgestellten Werke beziehen sich aktiv auf die visuelle Kultur Koreas, die über den Bereich der zeitgenössischen Kunst hinausgeht, und konzentrieren sich auf mündliche Kulturen, ländliche Kosmologien und Arbeitsformen im Agrarleben, um die Grundlage für die kontinuierliche Entstehung von Intelligenzen des „kommunalen Geistes“ zu schaffen.
Die diesjährige Biennale befasst sich mit der Erforschung organischer und kommunaler Intelligenz. Wie werden heute Ausstellungen genutzt, um diese Ideen zu erforschen?
Natasha Ginwala: Die 13. Biennale untersucht einige der dringlichsten Fragen unserer heutigen Zeit, nämlich wie wir die komplexe Beziehung zwischen organischer und maschineller Intelligenz, zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Lebensformen, zwischen Tod, Trauer und dem Leben nach dem Tod verstehen. Daneben geht es um soziale Modelle und Intelligenz, die verborgen sind und unterdrückt bleiben, indem sie sich aktiv mit indigenen, angestammten, queeren und matriarchalischen Seinsmodi in der heutigen Welt auseinandersetzen. Die Ausstellung wurde auf mehrere Veranstaltungsorte verteilt: das Gwangju-Nationalmuseum, das Horanggasy Artpolygon in Yangnim-dong, das Gwangju-Theater sowie die fünf Galerien der Gwangju-Biennale. Jeder dieser Orte hat seine eigene Geschichte, und so wird das Publikum durch die verschiedenen Aspekte der künstlerischen und wissenschaftlichen Untersuchung geführt, werden lokale und internationale Künstler/-innen und Denker/-innen zusammengebracht. Viele der Themen, mit denen sich die Biennale befasst − theoretisches, wissenschaftliches, physisches, klangliches und spirituelles Vokabular in Strategien der Dissidenz, der kollektiven Intelligenz und der kommunalen Heilung haben wir schon vor der Covid-19-Pandemie besprochen, in der heutigen Zeit haben sie sogar noch an Relevanz gewonnen.
Defne Ayas: Wir wollten, dass die Biennale zu einer Plattform wird, die über die in der westlichen Moderne verwurzelten Untersuchungen hinausgeht und die Fortschritte der Neurowissenschaften für die Geisteswissenschaften anspricht. Es gibt den Begriff „kulturelle Ökologie“, und diese hat in Korea eine große Nachfrage nach ökologischer Kunst ausgelöst, was für die Biennale eine große Sache ist, insbesondere in diesem Jahr, wenn das Publikum, zumindest vor Ort, eher lokal als international sein wird. Das ist positiv, denn die Kulturökologie Koreas verlangt nach Kunst. Ökologische Kultur drückt sich in der Wahrnehmung eines Menschen als Teil der Natur aus. Umweltbewusstsein ist eines der Elemente der Umweltkultur. Kunst, die verbunden ist mit der Fähigkeit, die emotionale Sphäre eines Menschen zu beeinflussen, ist ein nützliches Instrument für die effektive Wahrnehmung von Umweltinformationen und die Motivation zum Umweltschutz. Durch ihre Polyfunktionalität kann Kunst zur Bildung einer ökologischen Identität auf kognitiver, informativer, pädagogischer sowie emotionaler Ebene beitragen.