Nunchi (눈치) ist ein koreanischer Begriff, der sich auf die Fähigkeit bezieht, bei sozialen Interaktionen indirekte Kommunikation mit Leichtigkeit zu interpretieren und sein Verhalten daran auszurichten. Mentale Zustände des Gegenübers werden erfasst und adäquat beantwortet. Nunchi bedeutet wortwörtlich „Augenmaß“. Das Konzept von Nunchi wurde vermutlich erstmals im 17. Jahrhundert unter dem Wort „nunch'ŭi (眼勢)“ gegenwärtig. Der Begriff Nunchi beinhaltet mehrere Definitionen, sodass es selbst für Koreaner schwierig ist, Nunchi zu erklären. Für Menschen, die mit dem Kulturkreis nicht vertraut oder hier beheimatet sind, ist es so gut wie unmöglich, dieses Konzept nachzuvollziehen.
Ein Austausch mit Koreanern ist unerlässlich, um diesem Phänomen näherzukommen. Im Ergebnis dieser Annäherung lässt sich sagen, dass Nunchi die Fähigkeit beschreibt, seine Umgebung, die jeweilige Situation, die Intention und Emotionen des Gegenübers schnell zu erfassen. Die Atmosphäre des Moments wird analysiert und das eigene Verhalten dementsprechend angepasst. Einzelne Stimmen bezeichneten Nunchi als eine grundlegende und notwendige Fähigkeit, die koreanische Gesellschaft verstehen und darin leben zu können.
Nunchi fußt nicht zuletzt auf dem Konfuzianismus, der die koreanische Gesellschaft von jeher prägt. Hierarchie und Respekt werden in Korea großgeschrieben, was auch im Konzept von Nunchi deutlich wird. Der Druck, gesellschaftlichen Erwartungen zu entsprechen, Nunchi zu besitzen und anzuwenden, lastet stärker auf jüngeren als auf älteren Menschen und mehr auf Frauen als auf Männern. Nunchi steht in engem Zusammenhang mit Kibun (기분), was auf Deutsch „Stimmung“ oder „Gefühl“ bedeutet. In der Öffentlichkeit wird großer Wert auf den Kibun gelegt, was auch bedeutet, Konflikte möglichst zu vermeiden. Bei Nunchi wird also sehr darauf geachtet, ein gutes Kibun zu bewahren und mit dem eigenen Verhalten und Handeln die Stimmung des Gegenübers nicht zu trüben oder Gefühle zu verletzen.