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HWARANG – DIE ELITEKRIEGER VON SILLA

Wer die beliebte koreanische Serie „Hwarang“ (2016) gesehen hat, erinnert sich bestimmt an die attraktiven Krieger, die sich durch ihre umfassende Ausbildung und ihren besonderen Alltag sehr von den normalen Bürgern des alten Koreas abhoben. Ob die Serie auf historischen Begebenheiten beruht und ob es diese Krieger wirklich gab, ist in diesem Artikel nachzulesen.


Darstellung eines Hwarang (Foto: w:User:Jlsilo auf Wikimedia Commons


Um die zweite Frage direkt zu beantworten: Tatsächlich hat es früher in Korea eine Vereinigung junger Krieger gegeben, die unter dem Namen Hwarang bekannt war. Der Begriff „Hwarang“ (kor.: 화랑) setzt sich aus den chinesischen Schriftzeichen „花“ (kor.: 화, hwa = Blume, Blüte) und „郞“ (kor.: 랑, rang = junger Mann) zusammen und bedeutet wörtlich „Blumenjungen“. Die Hwarang, die hauptsächlich in der Kriegskunst, aber auch in anderen, nicht kämpferischen Aktivitäten geschult wurden, verteidigten in Zeiten des Krieges das koreanische Königreich Silla (57 v.Chr.-935) an vorderster Front. Diese auch „Elitekrieger“ genannten jungen Männer waren für Sillas militärischen, aber auch kulturellen Erfolg von großer Bedeutung und können ebenso wie die koreanischen Königreiche auf eine lange und  wechselvolle Geschichte zurückblicken.

Vor mehr als 2000 Jahren herrschten auf der koreanischen Halbinsel die Drei Königreiche Goguryeo (37 v.Chr.-668), Baekje (17 v.Chr.-660) und Silla, die über 500 Jahre lang friedlich koexistierten. Das Königreich Silla wurde der Geschichtsschreibung zufolge von Pak Hyeokgoese 57 v. Chr. gegründet. Silla war anfangs noch kein vollwertiges Reich, aber im 5. Jahrhundert n. Chr. bildete sich auch hier eine Monarchie mit zentraler Verwaltung, und Silla wurde wie schon Goguryeo und Baekje ein Königreich.


Als Goguryeo ab Mitte des 5. Jahrhunderts begann, sich unter König Changsu (413-491 n. Chr.) Richtung Süden auszudehnen, sahen sich Baekje und Silla bedroht und schlossen 433 n. Chr. ein Bündnis. Silla knüpfte allerdings Kontakte mit China und startete eine nordöstliche Expansionspolitik in Richtung der beiden anderen Königreiche. Goguryeo und Baekje schlossen sich daraufhin gegen Silla und gegen die mit Silla verbündeten Tang-Chinesen zusammen, um die weitere Ausbreitung aufzuhalten. In den folgenden Jahrzehnten gab es mehrere Auseinander­setzungen zwischen den Staaten, aus denen Silla schließlich als Sieger hervorging.


Nach dem Sieg über die Königreiche Baekje und Goguryeo begann im Königreich Silla eine sogenannte Blütezeit mit Wohlstand, kultureller Entwicklung und Stabilität, die unter dem Namen „Vereinigtes Silla“ etwa 150 Jahre lang andauerte. Diese Phase begann im 7. Jahrhundert mit der Eroberung Baekjes und Goguryeos. Durch die Ausweitung des Gebiets wuchs die Bevölkerung, die es zunehmend in die Städte zog. So konnte Silla schnell expandieren, und auch die Kultur nahm mit dem steigenden Ansehen des Buddhismus durch den Bau neuer Tempel und Stätten einen Aufschwung. Durch Handel innerhalb des Landes und Investitionen in Bildung wuchs der Wohlstand in Silla. Zudem konnte das Geld wegen des anhaltenden Friedens statt für Waffen für die Förderung der Kultur ausgegeben werden. Bis zum Untergang Sillas Mitte des 10. Jahrhunderts erlebten die Menschen also eine Zeit des Friedens und der Prosperität.


In dieser Zeit fanden auch innerhalb des Reiches gravierende Veränderungen statt, unter anderem wurden drei neue politische Institutionen etabliert: ein neues Gesell­schaftssystem, ein Rat der Edelleute und die Hwarang. Das vom König Pobhung 520 n. Chr. eingeführte neue Gesellschaftssystem namens „Knochenrangsystem“ (kor.: 골품제도) bestand aus Aristokraten, die einen sozialen Rang mit der Bezeichnung „Songgol“ (kor.: 성골, Sacred Bone,) innehatten, welcher später in „Chingol“ (kor.: 진골, True Bone) umbenannt wurde. Chingol galt zu dieser Zeit als der Rang, dem man angehören musste, wenn man Teil der Hwarang werden wollte. Abgeleitet war dieses System von einem chinesischen Vorbild und bildete die gesellschaftliche Grundlage im neuen Reich Silla.


Vor den Hwarang gab es eine Vereinigung schöner Frauen, die sogenannten „Wonhwa“ (kor.: 원화, originale Blumen), die das Ansehen des Staates steigern sollten und genau wie später die Hwarang vorzugsweise militärisch ausgebildet wurden und eine kulturelle Bildung erhielten. Diese Gruppe hielt sich jedoch durch einige Vorfälle nicht lange, so dass der König eine männliche Kriegergruppe gründen ließ, die statt der Frauen den Schutz des Staates gewährleisten sollte.


Werk über das Samguk Sagi in der Bibliothek des Koreanischen Kulturzentrums (Foto: Maria Engel)

Die meisten Erzählungen über die Hwarang kann man in den beiden berühmtesten Werken der koreanischen Geschichtsschreibung, im Samguk Sagi (kor.: 삼국사기, Chronik der Drei Königreiche) und im Samguk Yusa (kor.: 삼국유사, Legenden der Drei Königreiche), finden. Der Geschichtsschreibung nach wurden sie neben ihrer militärischen Ausbildung auch in Dichtung, Musik, Moral, Disziplin und Religion unterrichtet. Innerhalb der Kriegskunst erlernten die Hwarang hauptsächlich den Schwertkampf, aber auch Bogenschießen, Reiten, Bergsteigen und Steineschleudern.


Mitglieder dieser Elite stammten grundsätzlich aus der oberen sozialen Schicht und waren bei der Rekrutierung zwischen 15 und 18 Jahre alt. Nur wer ausgezeichnete Fähigkeiten in den Kampfkünsten vorweisen konnte, wie zum Beispiel die beiden Hwarang Kim Yusin und Kwanjang, konnte innerhalb der Truppe aufsteigen. Gegründet wurde diese Vereinigung vermutlich von jungen Kriegern unter König Jinheung, die die Aufgabe hatten, dem Reich eine schlagkräftige Armee zur Verfügung zu stellen und den Ruf außerhalb des Reiches zu stärken. Da der Buddhismus zu dieser Zeit auch gerade Silla erreichte und von König Jinheung sehr gefördert wurde, folgten die Hwarang einer eher buddhistischen Lehre. Bei einem Training, bei dem die Ausbildung von Körper und Geist im Vordergrund stand, wurden sie von buddhistischen Mönchen unterstützt. Da auch die Berge im Buddhismus als heilig gelten, wie schon der Entstehungsmythos Koreas zeigt, führten die Hwarang, oft gemeinsam mit den Mönchen, ihr Training in Höhlen durch, wo sie Selbstdisziplin erlernten und sich ohne störende Einflüsse von außen in Geduld üben konnten. Die Gründung der Hwarang als Armee Sillas hatte auch direkten Einfluss auf die erfolgreiche Expansionspolitik am Ende des 6. Jahrhunderts. Die Blütezeit der Hwarang war allerdings relativ kurz und beschränkte sich nur auf einige Jahre um das Jahr 650 n. Chr., als Silla gerade dabei war, Baekje und Goguryeo einzunehmen, wobei die Hwarang den größten Beitrag zur erfolgreichen Eroberung leisteten.

Um Silla zu militärischer Macht zu verhelfen, musste die Hwarang-Armee so stark sein, dass sie die militärisch überlegenen Reiche Goguryeo und Baekje bezwingen konnte. Der Hauptfokus der Ausbildung der Hwarang lag auf militärischer Ausbildung und kultureller Bildung. Um dem Reich zur gewünschten Stärke zu verhelfen, folgten die Hwarang den „fünf weltlichen Geboten“ des buddhistischen Mönchs Wangwong. Diesen Geboten zufolge mussten sie dem König mit Loyalität, ihren Eltern mit Treue und untereinander in Freundschaft dienen, durften sich im Kampf niemals zurückziehen und nicht mutwillig töten. In der Geschichtsschreibung sind viele Persönlichkeiten bekannt, die im jungen Alter als Hwarang rekrutiert wurden und wie Kwanjang, der Sohn des Generals Pumil von Silla, als junger Hwarang auf dem Schlachtfeld heroisch starben, indem sie freiwillig ihr Leben für die Nation opferten.


Eine der bekanntesten und angesehensten Persönlichkeiten war der General und Hwarang Kim Yu-Sin. Er trat mit gerade einmal 15 Jahren in die Organisation ein und hatte außergewöhnliche Fähigkeiten im Schwertkampf, die auch früh erkannt wurden. So sagt man, dass er sich allein in eine der vielen Höhlen begeben hat und sich dort seine herausragenden Schwert­kampffähigkeiten selbst antrainierte. Schon mit 18 Jahren wurde er als „Kuksun“ (kor.: 국선) rekrutiert, also als Anführer einer Hwarang-Gruppe. Er wurde mit nur 34 Jahren General und dann Feldkommandant und führte die Armee in Schlachten gegen Baekje an, aus denen er stets siegreich hervorging. Als Resultat des strengen Hwarang-Trainings gilt er heute als treibende Kraft bei der Vereinigung der Drei Reiche.


In der koreanischen Geschichtsschreibung kann man nachlesen, dass die Organisation der Hwarang in Silla während Kriegszeiten eine sehr wichtige Rolle spielte und hohes Ansehen genoss. In den 150 Jahren, in denen Silla Wohlstand und Frieden erlebte, rückten die Hwarang jedoch langsam in den Hintergrund und wurden fast nur noch in Liedern oder Legenden als Helden erwähnt und gefeiert.

Das K-Drama „Hwarang“ (2016) gibt einen sehr detaillierten Einblick in die militärische Ausbildung, die Aufgaben und den Alltag der jungen Krieger. Die Serie spielt während der Regierungszeit von Königin Jiso im Jahr 551, die ihren Sohn Sammaekjong vor Feinden und Attentätern versteckt hält. Als der Sohn erwachsen wird und Bürger und Beamte zunehmend auf die Übergabe der Macht an den Sohn drängen, gründet die Königin eine Gruppe von Hwarang. Die Serie zeigt nicht nur das Rekrutierungssystem bis hin zu den Erfolgen der „Blumenjungen“ in den Kriegen, sondern erklärt auch die verschiedenen Machtpositionen und Hierarchien im koreanischen Königshaus des Silla-Reiches. Unter den unzähligen historischen Dramen aus Südkorea gehört „Hwarang“ nicht nur wegen der guten Schauspieler, sondern auch wegen der abwechslungsreichen und wirklichkeitsnahen Darstellung der koreanischen Geschichte zu den beliebtesten K-Dramen.

 

 


Bild von Maria Engel

Maria Engel

Foto: privat

Maria Engel

hat ihren Bachelor in Koreastudien/Ostasienwissenschaften an der Freien Universität Berlin erworben und absolviert derzeit ein Praktikum im Koreanischen Kulturzentrum. Sie interessiert sich für die Politik Koreas, insbesondere für die Entwicklung der innerkoreanischen Beziehungen, und für die Geschichte der Drei Königreiche.