Von Christine Kottig
Koreanische Tempelanlagen sind ruhige Orte, an denen Mönche in stiller Andacht ihren täglichen Aufgaben nachgehen. Wer eine solche Tempelanlage schon besucht hat, wird bemerkt haben, dass diese Ruhe regelmäßig durch ein leises Klingen eines Windspiels unterbrochen wird. Dieses Windspiel, welches traditionell an den äußeren Ecken der Tempeldächer angebracht wird, heißt Punggyeong (풍경). Neben Tempelanlagen werden Punggyeong auch an Pavillons, öffentlichen Gebäuden oder Privathäusern angebracht. Die Tradition von Windspielen gibt es vermutlich schon seit mehreren hundert Jahren. Das belegen Funde von Löchern zur Anbringung von Punggyeong an den Ecken der fünfstöckigen Pagode in Nawon und der dreistöckigen Pagode aus Madong. Beide stammen aus der Silla-Zeit (통일신라, 668 bis 935).
Traditionell setzt sich ein Punggyeong aus einer glockenförmigen Klangschale aus Keramik, einem Klangstäbchen und einem dünnen Windfänger aus Metall in der Form eines Fisches zusammen. Größe, Form, Farbe und Verzierung von Punggyeong können höchst unterschiedlich ausfallen.
Dass der Windfänger oft die Form eines Fisches hat, leitet sich aus dem Buddhismus ab. Einerseits symbolisiert der Fisch in der buddhistischen Lehre Wachsamkeit, Glück und Freiheit. Andererseits soll das leise Klingen des Windspiels die Mönche und Nonnen daran erinnern, wie ein Fisch, der niemals seine Augen schließt, stetig auf dem Weg zur Erleuchtung zu wandeln. Auch böse Geister oder wilde Tiere soll das sanfte Spiel der Punggyeong fernhalten.
Durch das eigenwillige Aussehen der Punggyeong sind sie unter Koreanern und Touristen gleichermaßen beliebt. Koreaner hängen Punggyeong zum Beispiel in die Eingangstüren ihrer Wohnungen und Häuser, um die Bewohner und das Gebäude vor Unheil zu schützen. In Tourismus-Hochburgen werden viele, zum Teil fantasiereiche, Variationen an Punggyeong zu günstigen Preisen angeboten, wenngleich diese Produkte mit dem Original wenig gemein haben.
Über die Autorin:
Christine Kottig, Masterstudentin der Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Sie absolvierte 2024 ein Praktikum im Koreanischen Kulturzentrum und hat ein ausgeprägtes Interesse an der koreanischen Kultur von der Prähistorie bis zur Gegenwart.