Weltweit gibt es heute knapp 500.000 Koryo-saram oder Sowjetkoreaner. Die meisten leben in Russland und Zentralasien, hauptsächlich in Usbekistan und Kasachstan, aber sie lassen sich auch in Kirgistan und anderen GUS-Staaten finden – und natürlich in Südkorea. Doch wie kamen diese Koreaner eigentlich nach Russland und Zentralasien?
Ein kurzer historischer Überblick
Ende des 19. Jahrhunderts machten sich viele Koreaner aus wirtschaftlichen Gründen nach Russland auf. Die meisten von ihnen ließen sich in der Umgebung von Ussuriysk, Chabarowsk und Wladiwostok nieder. Wladiwostok wurde zum koreanischen Exil der Widerstandsbewegung gegen die japanischen Kolonialherren. Viele Exilkoreaner waren auch in der kommunistischen Partei Russlands engagiert, trotzdem galten sie aufgrund der Beziehungen zu Koreanern im japanischen Kaiserreich als suspekt, und weitere Einwanderungen wurden unterbunden. Schließlich deportierte Stalin im Jahr 1937 rund 172.000 Koreaner unter unmenschlichen Bedingungen wie etwa in offenen Viehtransportzügen 6000 km weit in den Westen Russlands und in verschiedene zentralasiatische Staaten. Diese Züge wurden von den Koryo-saram ,Geisterzüge‘ genannt, weil die vielen Toten, die im Laufe der Reise zu beklagen waren, an Haltestellen einfach hinausgeworfen wurden.
Die zumeist in Usbekistan und Kasachstan angekommenen Koryo-saram wurden mehr oder weniger sich selbst überlassen, doch die ansässige Landbevölkerung unterstützte sie. In Kasachstan bauten sie Reis an und waren dabei so erfolgreich, dass sie sogar in Propagandafilmen auftauchten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als es ihnen erlaubt war, ihren Wohnsitz selbst zu wählen, besserte sich ihre Situation wieder, und der Lebensstandard dieser dann vorwiegend in urbanen Räumen lebenden Menschen überstieg den russischen Durchschnitt. Unter den Koryo-saram waren auch viele Akademiker wie German Kim, Leiter des Instituts für Koreanistik an der Al-Farabi Universität in Kasachstan und Mitwirkender an der Dokumentation „Koryo saram - the unreliable people”. Viele Koreaner assimilierten sich, es gab viele Mischehen, und die meisten Koryo-saram tragen heute russische Vornamen. So nahmen mit der Zeit auch die Vorurteile gegenüber dieser Volksgruppe ab. Alle Koryo-saram sprechen Russisch oder Ukrainisch oder einen lokalen Dialekt, Koreanisch kommt in ihrem Alltagsleben so gut wie gar nicht vor. Es wurde ihnen sogar verboten, die koreanische Sprache zu verwenden. Im Zuge neu erwachender ethnischer Bewegungen in Kasachstan suchen die Koryo-saram wieder nach ihren Wurzeln.