Von Selin Vurgun
Buddhas Geburtstag (석가탄신일/seokga tansinil) – der in Südkorea oft auch als „Der Tag, an dem Buddha kam“ (부처님 오신 날/bucheonim osin nal) bezeichnet wird – richtet sich nach dem Mondkalender und findet jedes Jahr am 8. Tag des 4. Mondmonats statt. Dieses Jahr fällt er auf den 30. April 2020.
Die Frage nach dem Datum ist nun zwar geklärt, aber wer wird denn eigentlich gefeiert? Wer ist dieser Buddha?
Als Buddha wird Siddharta Gautama bezeichnet, der als Gründer des Buddhismus gilt. Nachdem er sein Elternhaus verließ und auf Reisen ging, konnte er erleben, wie die Menschen – sowohl Arme als auch Reiche – litten. Um dieser Frage des Leidens nachzugehen, setzte er sich laut Überlieferung unter einen Feigenbaum und fing an zu meditieren. Schließlich fand er so den Weg, sich von den Leiden des Lebens loszulösen. Durch diese Meditation gelangte er zur Erkenntnis aller Dinge und wurde der erste Buddha, „der Erleuchtete”. Er lebte sehr bescheiden, legte keinen Wert auf materielle Dinge und bot seinen Mitmenschen Hilfe an. Er verkörpert Ruhe und Bescheidenheit und wird bis heute von Millionen von Buddhisten weltweit verehrt.
Tempel Bongeunsa in Seoul (Foto: Selin Vurgun)
In Südkorea, einem Land, das maßgeblich vom Buddhismus beeinflusst wurde und in dem der Buddhismus in vergangenen Königreichen als Staatsideologie fungierte, zählt Buddhas Geburtstag zu den gesetzlichen Feiertagen. Somit ist er nicht nur ein wichtiger Tag für Buddhisten, sondern wird auch von Menschen anderer Glaubensrichtungen zelebriert. Es ist ein Tag, um sich von der Hektik des Alltags zu befreien, die Ruhe zu genießen und natürlich auch ein Tag, um gemeinsame Zeit mit der Familie und mit Freunden verbringen zu können.
Im ganzen Land herrscht eine feierliche Stimmung, vor allem aber die Hauptstadt Seoul wartet mit vielen Attraktionen und Feierlichkeiten auf. Das Highlight bilden Besuche in den buddhistischen Tempeln, die zur Abendzeit im Glanz der farbenfrohen Laternen erstrahlen. Einige Tempel bieten den Besuchern zu dieser besonderen Zeit auch die Möglichkeit, sich künstlerisch zu versuchen und selbst eine Papierlaterne zu basteln. Viele hängen an die Laterne einen Zettel an, auf den sie zuvor einen Wunsch geschrieben haben. Nach Fertigstellung werden die Laternen auf dem Tempelgelände aufgehängt.
Lotuslaternenfestival in Seoul (Foto: wikimedia commons)
Der Bongeunsa, um einen der zahlreichen buddhistischen Tempel zu nennen, zählt zu den bekanntesten und bedeutendsten Tempeln in Südkorea. Er befindet sich im Seouler Stadtbezirk Gangnam. Auf dem Hinterhof des großen Areals befindet sich zugleich auch die größte Buddha-Statue Koreas, die Mireukdaebul (미륵대불) genannt wird. Sie wurde 1996 fertiggestellt und ist 23 Meter hoch. Der große Platz vor der Statue wird vor allem genutzt, um zu beten und Rituale abzuhalten. Jedoch finden hier an wichtigen Tagen wie zum Beispiel an Buddhas Geburtstag auch kulturelle Darbietungen und Zeremonien statt.
Auch am Strom Cheonggyecheon und im Viertel Insa-dong kann man wunderschöne Lichterspiele und Laternen bestaunen. Außerdem wird eine Lotus-Laternen-Parade durch die Stadt organisiert, die normalerweise am Wochenende vor dem Festtag stattfindet. Die Parade lockt viele Menschen auf die Straße, die am Festzug teilhaben möchten.
In dieser Zeit gibt es sehr viel zu bewundern: Auf die Zuschauer warten traditionelle tänzerische Darbietungen, musikalische Begleitung durch Instrumente und auch folkloristische Aufführungen. Die Performances handeln größtenteils von buddhistischen Weisheiten oder bieten Einblicke in die Geschichte Koreas.
Egal ob jung oder alt, Buddhas Geburtstag bringt die Menschen zusammen, denn für jeden ist etwas dabei, und es gibt so einiges zu bestaunen und zu erleben. In diesem Sinne: Danke für deine Lehren und Weisheiten, Buddha! Alles Gute zum Geburtstag! 생일 축하합니다!
Über die Autorin:
Selin Vurgun ist Studentin der Koreastudien/Ostasienwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie interessiert sich besonders für die Sprache und Kultur Koreas.
Selin Vurgun (Foto: privat)