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Eine Auswahl an Masken aus dem Dorf Hahoe (Foto: wikimedia commons) 







Von Selin Vurgun


Traditionelle koreanische Masken sind tief in der koreanischen Geschichte verwurzelt und haben sehr unterschiedliche Verwendungszwecke. Masken wurden bei Kämpfen zum Schutz getragen, und Schamanen trugen sie, um verschieden Rituale und Zeremonien zu vollziehen und um böse Geister zu vertreiben. Doch es gibt nicht nur Masken, die einen praktischen oder religiösen Nutzen hatten, sondern auch solche, die zu  Unterhaltungszwecken genutzt wurden.


Der Maskentanz, Talchum (탈춤), wurde bei Volksfesten als eine Art Theateraufführung unter freiem Himmel präsentiert und diente der Unterhaltung der Menschen. Heute zeichnet er sich vor allem durch die stimmungsvolle Musik und die schwungvollen Bewegungen der Tänzer aus. Doch im 19. Jahrhundert hatte er auch die Funktion , Kritik an der damaligen Gesellschaft zu üben. Aufgrund des Tragens der Masken wurde den Tänzern eine gewisse Anonymität geboten, die sich die Tänzergruppen zunutze machen konnten, um satirische Stücke vorzuführen. Durch humorvolle Satire wurde die Scheinheiligkeit der sozialen Oberschicht zur Schau gestellt.


Die Masken, die für Aufführungen und Tänze verwendet werden, variieren in ihrem Aussehen von Region zu Region. Allgemein werden unter dem Begriff Tal (탈) alle Masken verstanden, die aus Holz oder Papier hergestellt werden. Die Masken haben menschen- oder tierähnliche Gesichter, und beim Tragen kann das eigene Gesicht komplett verdeckt werden. Der Gesichtsausdruck, der auf der Maske zu sehen ist, ist meistens übertrieben, beispielsweise ein großer, grinsender Mund, abnormal große, runde Augen oder eine sehr lange Nase. Dadurch mögen die Masken albern und manchmal sogar gruselig wirken, aber jede von ihnen stellt einen bestimmten Charakter dar, der eine spezifische Rolle erfüllt.


Eine Talchum-Aufführung ist in mehrere Szenen unterteilt, die inhaltlich nicht unbedingt voneinander abhängig sind. In jeder Szene werden ein bestimmtes Thema und ein Konflikt abgehandelt. Auch bei der Themenwahl gibt es wieder regionale Unterschiede, doch die geläufigsten Themen sind unter anderem folgende:


-       In einer Szene mit einem Yangban-Charakter, also einem Aristokraten, wird dargestellt, wie dieser sich selbst lobt und über sein Wissen prahlt, während der Charakter des Dieners, der ihm untergestellt ist, den Yangban für sein Prahlen verhöhnt.


-       Eine Szene mit einem abtrünnigen Mönch stellt zur Schau, wie dieser eine junge Frau sieht, seine Aufgaben vernachlässigt und versucht, die junge Frau zu verführen.  Jedoch erscheint der Liebhaber der Frau, kritisiert den alten Mönch und vertreibt ihn.


-       Eine Szene mit einer alten Dame behandelt einen Konflikt zwischen einem Ehepaar: Die Dame macht sich auf die Suche nach ihrem Ehemann. Sie sucht das ganze Land nach ihm ab, bis sie ihn schließlich mit einer jungen Konkubine vorfindet. Das Herz der Ehefrau bricht, sie verlässt ihr Zuhause und stirbt vor Trauer.  Der Ehemann beklagt den Tod seiner Frau, indem er sie bestattet oder einen Schamanen einlädt, der ein Ritual abhalten soll, um der Seele seiner Frau Trost zu spenden.


Die Themen sind breit gefächert und manchmal auch tragisch, doch die Schauspieler und Tänzer hauchen den Charakteren Leben ein, sodass auch komplizierte Themen und Konflikte durch humorvolle und satirische Darbietungen der Künstler gut beim Publikum ankommen. Begleitet werden die Aufführungen von rhythmischer Musik, die auf traditionellen koreanischen Instrumenten gespielt wird.


Über die Autorin: 


Selin Vurgun ist Studentin der Koreastudien/Ostasienwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie interessiert sich besonders für die koreanische Sprache und Kultur.





                                                    Selin Vurgun (Foto: privat)