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                                                                                        Eingangsbereich eines Hanok im Bukcheon Hanok Village (Foto: Selin Vurgun) 



Von Selin Vurgun


Hanok, traditionelle koreanische Häuser, bieten einen Einblick in die Praktiken der traditionellen koreanischen Architektur, die eine lange Geschichte hat. Gleichzeitig stehen sie für Simplizität, Schönheit und die Nähe zur Natur. Auch heute vermitteln sie sie eine Idylle, die Natur, Wohnen und Mensch vereint.


Das grundlegende Design eines Hanok soll die Balance zwischen dem Haus und dessen natürlicher Umgebung (Berge, Flüsse und Landschaften) wahren. Das bedeutet auch, dass die natürliche Umgebung den Ort mitbestimmt, an dem ein Haus errichtet wird. Dieses Prinzip der idealen Positionierung wird im Koreanischen Baesanimsu (배산임수) genannt. Der Grundsatz Baesanimsu besagt, dass der Standort eines Hanok eine Gebäudeausrichtung erlauben sollte, bei der sich an der Rückseite des Gebäudes ein Berg befindet und zu dessen Vorderseite ein Gewässer, zum Beispiel ein Fluss. Bei der speziellen Ausrichtung des Hanok wurden auch die verschiedenen Jahreszeiten miteinbezogen. So kann beispielsweise im Winter kalten Winden besser vorgebeugt werden, und in den Sommermonaten beeinflusst die Ausrichtung auch, wieviel Sonne und Wärme in das Haus gelangt.  


Die Baumaterialien eines Hanok sind natürlichen Ursprungs. Verwendet werden Materialien wie Holz und Stein, aber auch Lehm und Hanji (한지, traditionelles koreanisches Papier) kommen beim Bau zum Einsatz. Aufgrund seiner kühlenden und wärmenden Eigenschaften wurde Lehm bei der Errichtung der Wände und des Daches eingesetzt, denn dadurch bleibt das Haus im Winter warm und im Sommer kühl.


Auch das traditionelle koreanische Papier Hanji ist ein besonderes Merkmal des Hanok. Hanji wird aus der Rinde des Maulbeerbaumes hergestellt und wurde aufgrund seiner hervorragenden isolierenden Eigenschaften  und Transparenz vor allem an den Türen im Haus angebracht. So konnte nicht nur die Wärme im Raum beibehalten werden, sondern von außen konnte auch das Sonnenlicht hineingelangen. Die kleinen Luftlöcher des Hanji gewährleisten darüber hinaus eine gute Ventilation des Gebäudes, ohne immer die Türen öffnen zu müssen. Aber auch an Wänden, Fenstern und an der Decke wurde es oft angebracht. Das Hanji hat nicht nur viele funktionelle Eigenschaften, es verleiht dem Hanok auch ein elegantes Flair.


Bekannt sind die traditionellen Häuser für ihr einzigartiges Heizungs- und Kühlungssystem. Je nach Region haben Hanok-Häuser unterschiedliche Grundrisse, basierend auf dem Klima der Region. Durch die Fenster und Türen wird eine gute Luftzirkulation ermöglicht. Außerdem sind alle Räume eines Hanok miteinander verbunden.


Im Winter sorgt eine Fußbodenheizung, die Ondol (온돌) genannt wird, für Wärme.  Das Wort Ondol setzt sich aus den Wörtern für „warm“ und „Stein“ zusammen. Die Aufschlüsselung des Wortes erklärt die Funktionsweise der Fußbodenheizung: Der mit Steinen belegte Fußboden wurde mit Feuer erwärmt. Die Zimmer hatten unter dem Fußboden einen freien Raum, der als Heizröhre funktionierte. Jedes Haus hatte einen Ofen, und sobald dieser angezündet wurde, wurde der warme Rauch über die Heizröhre zum Schornstein auf der anderen Seite des Hauses geleitet. So erhitzten sich die Steine, die sich auf der Oberseite der Heizröhre befanden, und das wiederum sorgte für einen warmen Fußboden und eine angenehme Zimmertemperatur an kalten Wintertagen.


Je nach gesellschaftlicher Klasse existierten unterschiedliche Raumaufteilungen im Hanok. Es gab verschiedene Räume, die zu unterschiedlichen Zwecken dienten. Vor allem die Häuser der Yangban (양반, Oberschicht der Joseon-Dynastie (1392-1920)) besaßen deutlich mehr Räume, die einen ganz spezifischen Nutzen hatten, zum Beispiel einen Raum, um Gäste zu unterhalten und ein bestimmter Innenbereich des Hanok, der speziell für die Familienmitglieder bestimmt war. Dieser Bereich wurde vor allem von den Frauen und Kinder genutzt, und der Alltag sowie jegliche Familienangelegenheiten spielten sich ebenfalls hier ab.


Um ein Gefühl für Hanok zu bekommen und sich ein Bild von den traditionellen Häusern und ihrer Atmosphäre machen zu können, lohnt sich ein Spaziergang im Bukchon Hanok Village (북촌한옥마을) in Seoul. Dort findet sich ein kleines Dorf voller Hanok-Häuser und ermöglicht das Eintauchen in das traditionelle Korea inmitten der modernen Metropole Seoul.


Über die Autorin: 


Selin Vurgun ist Studentin der Koreastudien/Ostasienwissenschaften an der Freien Universität Berlin. Sie interessiert sich besonders für die koreanische Sprache und Kultur.




Selin Vurgun (Foto: privat)