Politik

08.08.2016

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aut einem Artikel der Kyunghyang Shinmun (oben) stellen Restaurants vor Inkrafttreten des neuen Anti-Korruptions-Gesetzes am 28. Sept. neue Menüs zusammen, die 30.000 KRW und damit den Maximalpreis der Bewirtungskosten bei Geschäftsessen nicht überschreiten.






Ein neues Anti-Korruptions-Gesetz rüttelt an den Grundfesten der koreanischen Gesellschaft, die Geschenken und teuren Mahlzeiten bei Geschäftsabwicklungen noch immer eine wichtige Rolle beimisst. Mit dem Gesetz, auch ‚Kim Young-ran-Verordnung‘ genannt, soll der Korruption entgegengewirkt werden, indem es den Preis von „Geschenken“ festsetzt und Bestechung und das Erschleichen von Vorteilen kriminalisiert.

Die koreanische Gesellschaft ist familienorientiert und legt großen Wert auf eine hierarchisch strukturierte Gesellschaftsordnung. Demzufolge bilden Geschenke, gemeinsame Mahlzeiten und das Erfüllen von Wünschen die Basis des Zusammenlebens in der Familie, aber auch in der Schule und im Heimatort. Dieser Habitus wird als natürlicher Bestandteil jeder Beziehungskonstellation betrachtet. Im Laufe der Zeit entwickelten sich kleine Gefallen wie ein Extraplatz im Zug zu Korruption und führten dazu, begehrte Arbeitsplätze oder Beförderungen zu ersuchen.

Die Kim Young-ran-Verordnung ist ein Versuch, die Korruption zu beenden. Nach dem neuen Gesetz müssen Beamte, Privatschullehrer und Journalisten mit einer Gefängnisstrafe rechnen, wenn sie Geld- oder andere Geschenke annehmen, die den Wert von 1 Millionen KRW übersteigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Geschenk einen Bezug zu der Arbeit der betreffenden Person hatte oder nicht. Das Gesetz setzt die Obergrenze für Geschäftsessen pro Person zudem auf 30.000 KRW fest, was in etwa dem Wert von 30 USD entspricht. Der Preis für Geschenke jeglicher Art wurde auf 50,000 KRW festgesetzt, der für Geschenke anlässlich persönlicher Veranstaltungen wie einer Hochzeit oder Beerdigungen auf 100.000 KRW. Die Kim Young-ran-Verordnung wurde am 3. März 2015 von der Nationalversammlung verabschiedet und ist benannt nach dem ehemaligen Richter des Obersten Gerichtshofes, Kim Young-ran, der dieses Gesetz erstmalig 2012 vorschlug.

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Die Zeitung Hankook Ilbo veröffentlichte am 3. August einen Artikel über die neue Kim Young-ran-Verordnung.





Die Verabschiedung des Gesetzes löste starke Kritik von Seiten der koreanischen Anwaltskammer, des Journalistenverbands Korea und der Lehrkräfte an Privatschulen aus. Sie reichten eine Petition beim Verfassungsgericht ein, um das neue Gesetz anzufechten, unter anderem mit Verweis auf den Aspekt, dass das Gesetz die Pressefreiheit und das Recht auf Gleichbehandlung verletze. Das Verfassungsgericht wies die Petition mit 7:2 Stimmen ab. Es begründete seine Entscheidung wie folgt: „Bildung und Medien haben einen großen Einfluss auf unserer Gesellschaft, weshalb Korruption in den genannten Bereichen einen größeren Dominoeffekt haben kann. Aus diesem Grund ist in diesen Bereichen, ähnlich wie im öffentlichen Sektor, Bedarf für mehr Transparenz. Der Umstand, dass die Nationalversammlung die entsprechenden Bereiche auswählte, um den ersten Schritt zur Beendigung der Korruption zu gehen, kann nicht als willkürliche Diskriminierung gewertet werden.“

Das Verfassungsgericht rechtfertigte die endgültige Entscheidung folgendermaßen: „Wir können das Problem der Bestechung und Korruption nicht aufgrund vorübergehender Schwierigkeiten vernachlässigen, mit denen wir im Prozess der Durchsetzung des neuen Gesetzes möglicherweisekonfrontiert werden. Wir mögen in die Rechte der Journalisten und in die des privaten Bildungssektors eingreifen, aber die Verluste auf privater Ebene können nicht höher ausfallen als der öffentliche Nutzen, der sich aus der Kim Young-ran-Verordnung ergeben wird“.

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Am 29. Juli bezeichnet die Donga Ilbo die Verabschiedung des neuen Gesetzes als „rechtzeitigen Schritt in Richtung Beendigung von Korruption und mehr Transparenz in der Gesellschaft“





Das neue Gesetz, das am 28. September in Kraft tritt, wird voraussichtlich einige wesentliche gesellschaftliche Veränderungen verursachen. Es bleibt zu hoffen, dass ausgedehnte Trinkgelage, verschwenderische Mahlzeiten und Einladungen von Geschäftspartnern zum Golfspielen bald der Vergangenheit angehören werden. Die Überreichung von teuren Geschenken an Vorgesetzte oder Geschäftspartner an Nationalfeiertagen wird ebenfalls verboten. Erwartungsgemäß haben sowohl Geschäftsleute, als auch Landwirte und Fischer Beschwerden bezüglich des neuen Gesetzes geäußert, da es ihr Geschäft beeinträchtigen wird. Sie behaupten, dass es aus Umsatzperspektive sehr schwierig wäre, Geschenkkörbe mit Fleisch, Früchten oder Fisch für weniger als 50.000 KRW zusammenzustellen. Einige Restaurants wehren sich ebenfalls dagegen, Menüs für weniger als 30.000 KRW anzubieten.

Abgesehen von diesen Problemen ist die Öffentlichkeit allerdings der Ansicht, dass das neue Gesetz helfen wird, der Korruption im Land entgegenzuwirken, die Gesellschaft zu reformieren und die wirtschaftliche Effizienz zu steigern . Viele sind der Überzeugung, dass die korrupte Praxis zur Begünstigung von Geschäftskunden ein Ende finden muss, und dass die Kim Young-ran-Verordnung deshalb ein Schritt in die richtige Richtung sei.

Die Menschen versprechen sich außerdem von dem neuen Gesetz, dass es einen Impuls für weitere Veränderungen geben wird. Sie hoffen, dass in einer transparenteren Gesellschaft irrationale Gewohnheiten korrigiert werden können. Auf kurze Sicht wird eine Ausgabensenkung unvermeidbar sein. Der positive Aspekt ist allerdings, dass sich auch die im Zusammenhang mit Korruption stehenden Ausgaben verringern werden.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Anti-Korruptions-Gesetzes werden gewohnheitsmäßige Schenkungen und Begünstigungen drastischen Reformen gegenüberstehen.

Von Lee Hana
Redaktion Korea.net
hlee10@korea.kr