Menschen

22.06.2020

Henry Schafer, ein amerikanischer Veteran des Koreakrieges, hält am 13. Juni in seinem Haus in den USA eine Ehrentafel, die er bei seinem Besuch in Korea im September 2019 erhalten hat.


Von Lee Hana und Elena Kubitzki | Fotos: Henry Schafer

"Ich denke, es ist an der Zeit. Ich bin komplett dafür."

Dies sagte Henry Schafer, ein amerikanischer Veteran des Koreakrieges, zu der Frage, ob der Waffenstillstand von 1953, der die gewaltsamen Auseinandersetzungen von 1950 bis 1953 beendete, in einen Friedensvertrag umgewandelt werden sollte.

In einem schriftlichen Interview mit Korea.net am 7. Juni sagte er, dass er zwar nicht genau mit den Bedingungen oder aktuellen Diskussionen des Waffenstillstandsabkommens zwischen den Vereinten Nationen, Nordkorea und China vertraut sei. Es sei jedoch viel Zeit vergangen, in der Südkorea sich der Gefahr eines weiteren Krieges mit einem Waffenstillstandsabkommen erwehren musste, bei dem es selbst kein Unterzeichner war.

Korea habe sich zu einer erfolgreichen, unabhängigen und demokratischen Nation entwickelt. Es sollte daher die Bedingungen seiner Beziehung zu den Nachbarländern selbstständig definieren, so Schafer.

Er fügte hinzu: "Koreaner sollten den 70. Jahrestag des (Ausbruchs des) Koreakrieges feiern, weil er sie zu dem gemacht hat, was sie heute sind."

Seit Ausbruch des Bürgerkriegs auf der koreanischen Halbinsel sind siebzig Jahre vergangen, aber ein formales Ende des Krieges ist noch nicht in Sicht.

Seoul hat auf die Umwandlung des Waffenstillstands in einen Friedensvertrag gedrängt und darauf bestanden, dass eine Erklärung des Kriegsendes ein notwendiger erster Schritt sei.

Am 15. Juni, dem 20. Jahrestag der gemeinsamen Nord-Süd-Erklärung vom 15. Juni 2000, die auf dem ersten innerkoreanischen Gipfel erreicht wurde, legten in Seoul rund 174 Abgeordnete, darunter auch Mitglieder der regierenden Demokratischen Partei, einen Entschluss vor, ein formales Ende des Koreakriegs zu erreichen.

Schafer, ein pensionierter US-Marine-Sergeant, der im Oktober 89 Jahre alt wird, berichtete Korea.net über seine Erfahrungen aus dem Krieg, der die Halbinsel zersplitterte.



Henry Schafer posiert im Juni 1951 in seinem Familienhaus in Tacoma, Washington (links) und im September 1951 im Naval Hospital Oakland in Oakland, Kalifornien (Mitte und rechts) in Uniform.


Schäfer trat 1948 in die Marine Corps Reserves ein. Nachdem am 25. Juni 1950 auf der koreanischen Halbinsel der Krieg ausgebrochen war, wurde er im August, nur wenige Monate vor seinem 19. Geburtstag, zum aktiven Dienst bei den 7. Marines beordert.

Seine Division kämpfte am 38. Breitengrad gegen nordkoreanische Streitkräfte – der Ort, der die Koreas heute trennt. "Es war eine miserable Schlacht. Es war glühend heiß und die Reisfelder, an denen wir vorbeikamen, stanken nach Dünger", erzählt er.

Schafer glaubte, dass an seinem Geburtstag, dem 5. Oktober 1950, der Krieg vorbei war, da nun die Streitkräfte der UN die Nordkoreaner bis zum 38. Breitengrad zurückgeschlagen hatten. Aber der schlimmste Kampf des Krieges stand noch bevor. Bei einem Überraschungsangriff umzingelten mehr als 100.000 chinesische Truppen die US-Streitkräfte in der Gegend um den Changjin-See.

Das Terrain der Schlacht am Changjin-See (Schlacht am Chosin-Stausee) war das felsige Hochland des Landkreises Changjin-gun in der Provinz Hamgyeongnam-do im heutigen Nordkorea auf einer Höhe von rund 1000 Metern. In dieser Region fiel ab Oktober Schnee, und die Temperaturen fielen auf eisige Werte weit unter null Grad Celsius. Solche harten Bedingungen erschwerten den Soldaten ihren Einsatz weiter.
"Sowohl die Chinesen als auch die Amerikaner waren schlecht bewaffnet, und unsere Waffen blockierten bei fast 30 Grad unter null", erinnert sich Schafer.

Am 1. Dezember wurde den Marines befohlen, sich zurückzuziehen, nachdem sie im Dorf Yudam-ni nordwestlich des Sees von chinesischen Streitkräften umzingelt wurden. Schäfer hörte als Letzter von dem Rückzug.

"Als ich aus einem Fuchsloch in eine andere Position sprang, schoss mich ein chinesischer Soldat mit einer amerikanischen Maschinenpistole aus einer Entfernung von 3 Metern an. Ich wurde zweimal in dem einem Arm getroffen, einmal im anderen Arm und rannte den Hügel hinunter. Dabei wurde ich in der Seite getroffen und durch den Aufprall 6 Meter weit geschleudert. Danach konnte ich nicht mehr laufen."

Glücklicherweise wurde Schafer von einem anderen Marinesoldaten gesehen, der ihn den Hügel hinuntertrug und auf einen Jeep-Anhänger setzte. Dort erhielt Schafer einen Schuss Morphium und die Sterbesakramente.

Er wurde aus Changjin in ein Krankenhaus in Japan geflogen und dann in die USA zurückgebracht. Zu Hause unterzog er sich innerhalb von 10 Monaten 13 Operationen, die zur Amputation eines Arms, eines Beins und dem Teil eines Fußes führten.



Henry Schafer stellte Korea.net diesen Zeitungsausschnitt aus dem Wall Street Journal zur Verfügung, der beschreibt, wie er am 27. September 2019 bei einer Zeremonie in Seoul anlässlich des 69. Jahrestages der Schlacht am Chosin-Stausee teilnimmt. Er besuchte Korea letztes Jahr auf Einladung der koreanischen Regierung.


"Veteranen sprechen möglicherweise nicht über ihre Kriegserfahrungen, weil niemand sie versteht - man musste einfach da gewesen sein", so Schafer.

Schafer zog sich 1951 von der Marine zurück, erwarb einen Bachelor in Mathematik und einen Master in Pädagogik und begann eine Lehrkarriere.

Er erzählt: "Der Koreakrieg hatte tiefgreifende Auswirkungen auf mein Leben. Meine körperlichen Einschränkungen schränkten auch meine Karriere ein. Ich wollte Bauingenieur werden, hatte stattdessen aber 34 Jahre lang eine erfolgreiche Karriere als Mathematiklehrer."

Im vergangenen Jahr kehrte Schafer dank einer Einladung der koreanischen Regierung zum ersten Mal seit 69 Jahren wieder nach Korea zurück.

Als er Jahr nach Korea zurückkehrte, war er stolz auf das, was er geleistet hatte, und geehrt über die Behandlung, die er erhielt. Von der Dankbarkeit der Koreaner sei er überwältigt gewesen, so erzählt er und fügt hinzu, dass er immer stolz darauf war, seinem Land gedient und den Menschen in Korea geholfen zu haben.

"Ich fühlte mich als einer der Glücklichen, die lebend aus dem Krieg herauskamen, und das gab mir eine sehr optimistische Lebenseinstellung."


hlee10@korea.kr