Einführung
Die koreanische Medizin hat eine lange Geschichte von mehreren tausend Jahren und bildet eine Achse der traditionellen ostasiatischen Medizin, zusammen mit der traditionellen chinesischen Medizin, der Kampo-Medizin in Japan und der traditionellen vietnamesischen Medizin. Sie ist kompatibel mit der koreanischen Biomedizin, sowohl was organisatorische als auch was kulturelle Aspekte angeht, und spielt eine wichtige Rolle für die nationale Gesundheitsversorgung. Das „Dongui Bogam“ (,Geschätzter Spiegel der Östlichen Medizin‘, 1613, ,동의보감‘, ,東醫寶鑑‘) ist eine repräsentative Schrift der koreanischen Medizin. Es wurde 1610 von Heo Jun (1539-1615) geschrieben, einem königlichen Leibarzt des koreanischen Joseon-Reiches, und 1613 von der Joseon-Regierung gedruckt. Es ist nicht nur ein wichtiges repräsentatives Werk der koreanischen Medizin, sondern wurde auch Dutzende von Malen in verschiedenen ostasiatischen Ländern verlegt, so wie in China, Japan und Vietnam. Nach der Befreiung Koreas von japanischer Kolonialherrschaft 1945 lieferte das „Dongui Bogam“ die Basis für die moderne koreanische medizinische Ausbildung. 2009 ernannte die UNESCO seine erste Ausgabe, die 1613 von der koreanischen Regierung veröffentlicht wurde, zum Weltdokumentenerbe. 2013 wurde die Gesamtausgabe des „Dongui Bogam“ mit Regierungsunterstützung ins Englische übersetzt. Gegenwärtig werden auf der Grundlage des „Dongui Bogam” verschiedene Studien durchgeführt, bei denen es um die Anstrengungen für die Globalisierung des Wissens aus dem „Dongui Bogam“ und des Wissens über das Werk geht.
Das „Dongui Bogam“ und die Medizinkultur in Korea
Das „Dongui Bogam” und sein Autor, Heo Jun, sind in Korea Bestandteil des Allgemeinwissens. Sie haben den Stoff für eine Reihe von Fernsehserien und Dokumentarfilmen über das Korea des frühen 17. Jahrhunderts geliefert, und der Großteil der Kultur- und Industriezweige, die mit der traditionellen Medizin zu tun haben, nehmen direkt oder indirekt Bezug auf das Werk und dessen Autor. Fast jeder Spezialist der traditionellen koreanischen Medizin besitzt dieses Buch. Viele Menschen in Korea glauben, dass „die Heilung des Geistes vor der Heilung der Krankheit kommt“, was das von Heo Jun vorgestellte Heilungsprinzip ist. Da im Joseon-Reich chinesische Schriftzeichen verwendet wurden, ist der Originaltext des „Dongui Bogam“ in chinesischer Sprache verfasst. Es kamen allerdings kürzlich viele verschiedene Versionen des Dokuments in koreanischer Sprache heraus, und über den reichen Inhalt des „Dongui Bogam“ wurde eine Reihe von Gesundheitsbüchern und wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Das „Dongui Bogam“ hat sich nun zu einem Kultbuch für die koreanische Medizin entwickelt und repräsentiert einen Trend, der so populär ist, dass die Buchläden im ganzen Land einen besonderen Bereich für dieses Buch eingerichtet haben. Die Bedeutung des „Dongui Bogam“ ist jedoch nicht auf seinen symbolischen Wert als Ikone der traditionellen koreanischen Medizin beschränkt. Aufgrund seines praktischen Nutzens hat es eine besondere Bedeutung in der Kultur der koreanischen Medizin. Das „Dongui Bogam“ spielt eine wichtige Rolle als Grundlagenschrift der modernen medizinischen Ausbildung in Korea, während es Standards für neue Strategien zur Bewahrung der koreanischen Medizin setzt. Selbst heute benutzen koreanische Kliniken im ganzen Land pflanzliche Arzneimittel, Akupunktur und andere therapeutische Maßnahmen, die auf den Originalinhalten des „Dongui Bogam“ basieren oder sich darauf beziehen.
Der Autor Heo Jun
Heo Jun ist auch als Cheongwon (淸源) bekannt, und sein Gelehrtennname ist Gu’am (龜岩). Er ist der Nachkomme des Gründers des Yangcheon-Heo-Klans (陽川許氏), Heo Sunmoon (許宣文), in 20. Generation. Sein Geburtsort ist als Gayangdong bekannt, das heutige Gangseo-gu in Seoul. Auch wenn er in eine adelige Familie hineingeboren wurde, war er als Kind einer Konkubine gezwungen, den Beruf des Mediziners zu ergreifen. In seinen frühen Dreißigern wurde er Arzt am Königshof, und im Alter von 37 Jahren, als seine Fähigkeiten breite Anerkennung fanden, stieg er zum königlichen Leibarzt auf. Als Arzt am Königshof erhielt er eine Reihe von Auszeichnungen und stieg in noch höhere Ränge auf.
Sein Fleiß wurde in seinen späteren Jahren mit der Publikation von verschiedenen medizinischen Fachbüchern belohnt. Seine medizinischen Errungenschaften sind in zehn Büchern zusammengefasst: „Naeui Sunsaen An“ (,Die Liste der königlichen Ärzte‘, ,內醫先生案‘, 1605), „Unhae Taesan Jipyo“ (,Sammlung der wesentlichen Informationen über Geburtshilfe mit koreanischen Übersetzungen‘, ,諺解胎産集要‘, 1607), „Unhae Gugeupbang“ (,Rezepte für Notfälle mit koreanischen Übersetzungen, ,諺解救急方‘, 1608), „Unhae Duchang Jipyo“ (,Sammlung der wesentlichen Informationen über Pocken mit koreanischen Übersetzungen‘, ,諺解痘瘡集要‘, 1608), „Dongui Bogam” (,Geschätzter Spiegel der Östlichen Medizin‘, ;東醫寶鑑‘, 1610), „Chando Banglon Magkyul Jipseong“ (,Sammlung von Rezepten, Lehrsätzen, Informationen zum Pulsmessen sowie redigierte und illustrierte Reime‘, ,纂圖方論脈訣集成‘, 1612), „Shinchan Byukonbang“ (,Neu zusammengestellte Rezepte zur Abwehr von Epidemien‘, ,新纂辟瘟方‘, 1613), „Byukyeok Shinbang“ (,Göttliche Rezepte, um Epidemien abzuwehren“, ,新纂辟瘟方‘, 1613), „Napyak Jeungchi Bang“ (,Medizin zum Jahresende‘, ,臘藥症治方‘, 17. Jahrhundert) und „Yukdae Uihak Sungshi” (,Namen von Ärzten im Laufe der Geschichte’, ,歷代醫學姓氏‘, 17. Jahrhundert). Die Veröffentlichung dieser zahlreichen Werke stellte auch einen enormen wissenschaftlichen Beitrag dar.
Die Zusammenstellung des „Dongui Bogam” war ein Projekt auf nationaler Ebene. Heo Jun wurde die Aufgabe auf Basis des Vertrauens und der Verlässlichkeit übertragen, die er sich im Laufe der Jahre erworben hatte. Laut der „Chronik von Seonjo” (,宣祖實錄‘) vom 2. Juli 1604 verfügt „Heo Jun über Wissen über alle medizinischen Schriften und ist überlegen in der Verwendung von pflanzlicher Medizin.“ Solches Lob stellt das Ausmaß seiner akademischen Errungenschaften und seiner medizinischen Expertise unter Beweis. Im „Dongui Bogam“ bezieht er sich auf rund 180 Bücher, einschließlich medizinischer, buddhistischer, historischer, taoistischer und anderer Arten von Quellen.
Heo Juns Wissen über verschiedene medizinische Bereiche ist im gesamten Buch gut belegt. Er übernahm auch die Originalinterpretationen von zitierten Werken, während er seine eigenen Interpretationen hinzufügte, was den Verfassern medizinischer Lehrwerke späterer Generationen als gutes Beispiel für die wichtige Unterscheidung zwischen Primärquellen und Kommentaren dient.
Heo Juns praktische Kenntnisse der Medizin wurden ebenfalls sehr hochgeschätzt. 1590 behandelte er erfolgreich die Pockenerkrankung des Kronprinzen. Als Belohnung erhob König Seonjo ihn in den Rang eines Regierungsbeamten auf dritter Ebene. Während andere Ärzte vor der Behandlung des Kronprinzen aus Angst vor der Verantwortung zurückschreckten, übernahm Heo Jun dessen Behandlung mit großer Gelassenheit. Später, als der Kronprinz den Thron bestieg, belohnte der neue König Heo Jun dafür, dass er ihm das Leben gerettet hatte.
1592 brach ein Krieg zwischen Korea und Japan aus, und König Seonjo verlagerte seinen Aufenthaltsort nach Euiju (義州). Während der Evakuierung begleitete Heo Jun den König und sicherte sich dessen großes Vertrauen. Dieses Vertrauen brachte ihm den Auftrag ein, im Jahr 1596 mit der Kompilation des „Dongui Bogam“ zu beginnen. Im selben Jahr wurde ihm für die erfolgreiche Behandlung des damaligen Kronprinzen der Rang eines Regierungsbeamten auf zweiter Ebene verliehen. 1600, beim Tod des leitenden königlichen Leibarztes, Yang Yesu (楊禮壽), übernahm Heo Jun dessen Amt, aber er arbeitete auch weiterhin mit Hochdruck an seinem Buch. Als König Seonju 1608 verstarb, übernahm Heo Jun die Verantwortung für dessen Tod und wurde deshalb nach Euiju ins Exil geschickt. Dieser Vorfall bot ihm allerdings auch die Gelegenheit, sich voll und ganz auf die Zusammenstellung des „Dongui Bogam“ zu konzentrieren, das er 1610 fertigstellte.
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*Diese Serie von Artikeln über das „Dongui Bogam” wurde durch die Zusammenarbeit mit dem Koreanischen Institut für fernöstliche Medizin ermöglicht.