Zwei Meisterwerke für die Bühne, die für Aufruhr in den Theatern sorgten, als sie vor vier Jahrzehnten koreanischen Boden erreichten, haben gerade ihre Spielzeit für das Jahr 2014 begonnen.
Zurück auf die Bühne kommen „Equus” und „Publikumsbeschimpfung”. Die beiden Theaterstücke, die ihre koreanische Premiere in den Jahren 1975 und 1978 hatten, erfreuen sich in Korea seit mehr als 40 Jahren großer Popularität.
Das Stück „Equus” wird seit 1975 gespielt. Die Spielzeit in diesem Jahr beginnt am 14. März und dauert bis zum 17. Mai (Foto mit freundlicher Genehmigung der Shilhum Theater Group).
Der legendäre „Equus“ kehrt zurück
Das Stück „Equus” wurde 1973 von Peter Shaffer geschrieben. Der britische Autor, der auch als Verfasser des Drehbuches für den berühmten Film „Amadeus“ aus dem Jahr 1984 bekannt ist, erhielt mit seinem früheren Werk weltweite Anerkennung als einer der großartigsten Dramatiker weltweit.
„Equus” bedeutet im Lateinischen „Pferd”, und das Stück wurde von einem berüchtigten Verbrechen inspiriert, das damals in Großbritannien ziemlich viel Aufmerksamkeit erregte: Ein 17-Jähriger Junge stach sechs Pferden mit einem Hufkratzer die Augen aus und nahm ihnen so das Augenlicht.
Die Handlung entwickelt sich, als Dr. Martin Dysart, ein Kinderpsychologe, den merkwürdigen Jungen mit dem Namen Alan Strang behandelt. Dysart versucht, den Grund für seine bizarren Taten herauszufinden.
Ji Hyun-joon (links) als Alan Strang und Ahn Seok-hwan als Dr. Martin Dysart treten in „Equus“ auf (Foto mit freundlicher Genehmigung der Shilhum Theater Group).
Dysart erfährt, dass Alan ab einem jungen Alter von seinen Eltern widersprüchliche Ansichten über die Religion vermittelt bekommen hat. Er hat eine gläubige christliche Mutter und einen atheistischen Vater. Biblische Geschichten über Pferde, die seine Mutter ihm vorliest, haben dazu geführt, dass der Junge die Tiere als Stellvertreter Gottes verehrt. Für Alan sind Pferde so etwas wie ein Katalysator, um seine unterdrückten Begierden auszudrücken, und Teil seines Selbst.
Die Konzentration von Spannung und Dynamik in Szenen, in denen der Arzt hartnäckige Fragen stellt, um herauszufinden, was dazu geführt hat, dass die Verehrung des Jungen für Pferde außer Kontrolle geraten ist und dass eine Gruppe Pferde dazu veranlasst wird, Amok zu laufen, wird konstant das ganze Stück über aufrechterhalten und lässt die Zuschauer während des gesamten Spielverlaufs auf der Kante ihres Stuhles verharren, so wie in den letzten vier Jahrzehnten.
Was er durch die Pferde findet, ist ein religiöses, aber auch sexuelles Vergnügen und ein psychologisches Schutzschild vor der scheinheiligen und trostlosen Gesellschaft.
Als er den Jungen schließlich behandelt, zweifelt Dysart, ob es richtig sei, Alan von seiner intensiven sexuellen und religiösen Hingabe sowie von seiner Verehrung für Pferde zu befreien. Der Doktor spricht sein Bedauern aus: „Was ich ihm folglich zugefügt habe, ist, den Jungen in einen leblosen Geist ohne jede Leidenschaft zu verwandeln“ (keine autorisierte Übersetzung).
Diese Zeilen reflektieren das Gefühl der Machtlosigkeit und Verzagtheit der heutigen Jugend.
Eine Szene aus dem Theaterstück „Equus” (Foto mit freundlicher Genehmigung der Shilhum Theater Group)
Nur Zuschauer über 19 dürfen sich das Stück ansehen, da darin auch einige Nacktszenen enthalten sind. „Wir wollten die Kindheit, die Freiheit und den primitiven Zustand der Menschen zurückholen - alles, was moderne Menschen vergessen haben“, sagte Regisseur Lee Han-seung über seine Produktion.
Das Theaterstück „Equus” hat seit seiner Premiere in Korea viele Stars hervorgebracht. Noch bis zum 17. Mai ist es möglich, es im Lee Hae Rang Arts Theatre an der Dongguk University in der Innenstadt von Seoul zu sehen.
Rückkehr eines weiteren legendären Theaterstücks: „Publikumsbeschimpfung”
Schauspielerinnen und Schauspieler sorgen in dem Stück „Publikumsbeschimpfung” 90 Minuten lang für ein konstantes Bombardement des Publikums mit Nonsens (Foto mit freundlicher Genehmigung von IDA Entertainment).
„Publikumsbeschimpfung” ist das erste Schauspiel unter vielen Werken, die von dem österreichischen Schriftsteller Peter Handke geschrieben wurden. Handke ist für seinen experimentellen Schreibstil und seine verdrehte Sprache bekannt, die sich unter anderem in seinem Roman „Die Hornissen“ und in seiner Erzählung „Der kurze Brief zum langen Abschied“ finden.
„Publikumsbeschimpfung” von 1966 zeigt ganz klar Handkes provokativen und experimentellen Stil, als ob das Stück mit Worten spielt - ein Stil, der sich von lange aufrechterhaltenen, konventionellen Ansätzen entfernt.
1978, als das Stück erstmalig auf einer koreanischen Bühnen gezeigt wurde, war das Publikum zunächst verwirrt über das Bombardement mit unzusammenhängenden Wörtern durch die Schauspieler, aber bald war es fasziniert vom Wortspiel.
Einer der Schauspieler sagt im Prolog: „Sie werden kein Schauspiel sehen. Ihre Schaulust wird nicht befriedigt werden. Sie werden kein Spiel sehen. Hier wird nicht gespielt werden.“
Das Stück hat keinen Plot. Hier wird keinerlei Geschichte erzählt. Es gibt auch kein Bühnenbild. Das Publikum findet sich fast 90 Minuten einem scheinbar endlosen Strom bedeutungsloser Wort- und Satzfetzen und Schreien ausgesetzt.
Ein Schauspieler, der bei „Publikumsbeschimpfung”, mitspielt, Ki Joo-bong (links), sagt: „Dieses Schauspiel ruft dem Publikum ins Bewusstsein, dass die Sprache und die Weise, in der sie gesprochen wird, sich konstant verändern. Ich hoffe, dass diese Inszenierung in naher Zukunft auf eine internationale Bühne gebracht wird“ (Foto mit freundlicher Genehmigung von IDA Entertainment).
Das Theaterstück beginnt mit Nonsens und endet mit Buhrufen. Die Schauspieler auf der Bühne verfluchen sogar die Zuschauer. Sie beschimpfen das Publikum wirklich, wie der Titel bereits besagt.
Während ihrer Zeit auf der Bühne sprechen die vier Sprecher das Publikum an und artikulieren sich mit einer farblosen Litanei, die einleuchtend klingt. Wenn man aber genau hinhört, greifen die Charaktere den Diskurs lediglich in zufälliger Reihenfolge auf und lassen ihn dann wieder fallen.
„Als ich zum ersten Mal das Drehbuch sah, raste mein Herz etwa eine Woche lang vor Aufregung”, sagte Ki Guk-seo, der seit der Premiere des Stückes 1978 die Regie führt. „Es war ein Schock für mich, auf eine angenehme Weise.”
Über das Geheimnis der mehr als vier Jahrzehnte umfassenden Laufzeit des Stücks sagte der Regisseur: „Ich denke, dass die schockierende, konventionelle Weise, in der die Zuschauer direkt mit dem Publikum sprechen, einen Schwall Schimpfwörter loslassen und sogar einen Wassereimer über ihnen ausgießen, wirklich die Neugier der Zuschauer geweckt hat.“
Eine Szene aus dem Schauspiel „Publikumsbeschimpfung” (Foto mit freundlicher Genehmigung von IDA Entertainment)
Das Schauspiel „Publikumsbeschimpfung” wird bis zum 1. Juni im Artone Theater in Seouls Bezirk Daehangno gezeigt, einem Bezirk, der berühmt für seine Theater ist.
Von Sohn JiAe
Redakteurin, Korea.net
jiae5853@korea.krÜbersetzung: Gesine Stoyke