Ehrenberichterstatter

25.06.2020

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Transport der Bergmänner, die für den Tag ihre Arbeit in der Grube beendet haben.


Von Korea.net-Ehrenberichterstatterin Melis Özgüc aus Deutschland | Fotos: Amt für Kulturerbeverwaltung

Arbeitskräftemangel in Deutschland

Nach den Turbulenzen des 2. Weltkrieges erholte sich Deutschland von den Folgeschäden und erlebte einen wirtschaftlichen Aufstieg. Zwar sank die Arbeitslosenzahl, aber zugleich entstand ein Arbeitskräftemangel.

Während vor dem Mauerbau der Bedarf an Arbeitskräften noch durch ostdeutsche und italienische Zuwanderer gedeckt werden konnte, wurde nach dem Mauerbau 1961 der Zustrom der Ostdeutschen gekappt. Als eine pragmatische Lösung für den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften bot sich ein zeitlich begrenztes Anwerbeabkommen an. Dadurch sollten Gastarbeiter aus verschiedenen Nationen, hauptsächlich aus nahe gelegenen Ländern, in Bereichen wie Industrieproduktion und Bergbau den wirtschaftlichen Erfolg vorantreiben.

Aber nicht nur in diesen Wirtschaftsbranchen waren unterstützende Hände rar, sondern auch im Gesundheitssektor. Es herrschte ein Defizit an Pflegekräften von einem Ausmaß von schätzungsweise 30.000 Krankenschwestern. Während die deutsche Regierung also in dem goldenen Zeitalter des Kapitalismus darauf abzielte, den Mangel an Arbeitskräften zu vermindern, war es das Ziel der entsendenden Länder hingegen, die Arbeitslosigkeit in ihrem Land zu senken und gleichzeitig die Qualifikation der Arbeiter zu verbessern.


Arbeitslosigkeit in Südkorea
Südkorea war eines dieser Länder. Am Anfang der 60er Jahre befand sich die koreanische Wirtschaft aufgrund des Koreakriegs (1950-1953) und politischer Instabilität in einer schlechten Lage. Wirtschaftliche Reformen, die während der Ära von Park Chung-hee durchgesetzt wurden, brachten auch in Südkorea den Stein ins Rollen.

Ziel der damaligen Regierung war es, das Land aufzubauen und die Transformation von einem verarmten Agrarstaat zu einer starken Industrienation zu fördern. Zunächst wurde die Wirtschaft noch bis zu 60 % von ausländischem Kapital unterstützt, was auch einer der Gründe war, warum die koreanische Regierung Arbeitskräfte ins Ausland entsendete. So wurde zum einen die Arbeitslosigkeit vermindert und zum anderen dafür gesorgt, dass mehr Geld in das Land floss, um die Wirtschaft anzukurbeln – nämlich das Geld der koreanischen Auswanderer. Viele schickten ihr Geld an ihre Familien, um sie finanziell zu unterstützen.

Ein Bergarbeiter bewegt eine Güterlore.


Warum ausgerechnet südkoreanische Gastarbeiter?
Grundsätzlich wurden Länder aus Afrika und Asien aufgrund der geografischen Distanz und der kulturellen sowie klimatischen Unterschiede nicht in Betracht gezogen. Es wurde befürchtet, dass diese Unterschiede Probleme verursachen könnten und die Rückreise der Gastarbeiter sich schwierig gestalten würde.

Südkorea war aber eine Ausnahme, da beide Nationen als ein geteiltes Land existierten und durch gegensätzliche Ideologien geteilt waren. Die Absicht war daher, den Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung gegen den Kommunismus zu fördern. Besonders die koreanischen Bergarbeiter sollten sich in Deutschland beruflich weiterentwickeln, um nach ihrer Rückkehr durch ihren Einsatz zum Wiederaufbau des Landes beizutragen.

Bergmänner fahren auf einem Holzwagen.


Die koreanischen Gastarbeiter in Deutschland
Obwohl die Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Programm eine mindestens einjährige Berufserfahrung unter Tage war, waren nur wenige von den Koreanern von Beruf Bergarbeiter. Die Gruppen, die in Deutschland ankamen, bestanden zum größten Teil aus Studenten, ehemaligen Angestellten und Akademikern, die eine körperlich belastende Arbeit nicht gewohnt waren. Grund dafür war, dass die koreanische Regierung die jungen Männer als Botschafter der Nation sah, weshalb sie gut gebildet und eine solide Allgemeinbildung besitzen sollten. Relevantes Fachwissen für ihre Arbeit im Steinkohlenbergbau hingegen mussten sie sich in einem einwöchigen Kurs vor ihrer Abreise aneignen.

Im Jahr 1963 kam dann schließlich durch das „Programm zur vorübergehenden Beschäftigung von koreanischen Bergarbeitern im westdeutschen Steinkohlenbergbau“ die erste Gruppe koreanischer Bergarbeiter im Ruhrgebiet an.

Im Gegensatz zu den Bergarbeitern hatten die 10.000 koreanischen Krankenschwestern, die ab 1966 entsandt wurden, bereits vor ihrer Einreise eine berufliche Ausbildung absolviert. Daher genossen sie aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und Freundlichkeit einen sehr guten Ruf unter ihren Patienten.

Dennoch mussten sowohl die Krankenschwestern als auch die Bergarbeiter nach Ablauf ihrer auf drei Jahre befristeten Verträge nach Südkorea zurückkehren. Erst ab 1980 war es möglich anderen Tätigkeiten nachzugehen und sich ein Leben in Deutschland aufzubauen. Aber das Bleiberecht mussten sie sich durch öffentliche Proteste und das Sammeln von Unterschriften erkämpfen, noch bevor das Gastarbeiterprogramm für die vorübergehenden Beschäftigungen und Aufenthaltserlaubnis auslief.

Viele Gastarbeiter entschieden sich gegen eine Rückkehr, weil sie sich mittlerweile in Deutschland heimisch fühlten. Was aber die Rückkehrer anbelangt, hat sich 14 Jahre nach dem ersten Anwerbeabkommen herausgestellt, dass der Zweck des Abkommens nicht erfüllt wurde: Von 3.920 der koreanischen Gastarbeiter, die nach Südkorea zurückgekehrt sind, waren lediglich 260 im Bergbau des Landes tätig. Die restlichen hatten sich als Taxifahrer oder Geschäftsinhaber selbstständig gemacht.

Wenn man bedenkt, dass die koreanischen Einwanderer die Teilung Koreas, den Koreakrieg, politische Instabilität, Diktatur und Nachkriegselend miterlebt haben, war die Migration für sie die Gelegenheit, der Armut und Perspektivlosigkeit zu entkommen.


elenakubi@korea.kr

Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.