Florian Hoffmeister (links) hatte bereits zuvor an der Seite von Soo Hugh gearbeitet. ⓒ Shana Kad Public Relations Office von Florian Hoffmeister
Von
Korea.net-Ehrenberichterstatterin Alaa Atef Ebada aus
Ägypten |
Deutsche Übersetzung von
Ehrenberichterstatterin Jarina Miya
Pachinko stammt aus der Feder von Soo Hugh, Regie führt u. a. Kogonada und handelt von den Träumen und Hoffnungen von vier Generationen einer koreanischen Auswandererfamilie, die ihre Heimat verlässt, um zu überleben. Die Geschichte wird aus der Perspektive von Sunja erzählt und zeigt ihr Leben in den 1920ern und das ihres Enkels Solomon in den 1980ern. In der Serie sind die Oscar-Gewinnerin Youn Yuh-jung in der Rolle der älteren Sunja, Lee Min-ho als Hansu, Jin Ha als Solomon, Kim Minha als Sunja (jung), Anna Sawai als Naomi und Jeon Yu-na als Sunja (Kind) zu sehen.
„Es gab zwei große Elemente: die Identität von Raum und die Kontinuität von Zeit. Von Anfang an stand ich mit Kogonada und Soo Hugh im Diskurs und wir waren der Meinung, nicht zwischen den verschiedenen Zeitebenen zu unterscheiden. Stattdessen wollten wir diese ineinander schieben, da diese zur gleichen Zeit stattfanden, zumindest in dem Kopf unserer Hauptfigur Sunja“, sagte Florian Hoffmeister bei einem Audiointerview am 22. April, welches zuvor am 13. April per E-Mail angefragt wurde.
Florian Hoffmeister, ein deutscher Kameramann und Mitglied der British Society of Cinematographer, und beteiligt sich meist an englischsprachigen Spielfilmen oder Serien weltweit. Bereits vor Pachinko arbeitete er mit Soo Hugh an der US-amerikanischen TV-Serie „The Terror“ für den Sender AMC und sie schlug Hoffmeister für Pachinko vor. Er verbrachte vier Monate in Südkorea und gemeinsam mit Kogonada drehte er die Folgen 1,2,3 und 7. Die restlichen 8. Folgen wurden von dem Regisseur Justin Chon und Kameramann Ante Cheng gedreht.
„Als mir die Drehbuchautorin Soo Hugh das Skript zukommen ließ, war ich zunächst einmal ein wenig eingeschüchtert, da es um Korea und die koreanische Identität ging – als Nicht-Koreaner war ich nicht sicher, ob ich der richtige für diesen Job war. Sie stellte mich dem Regisseur Kogonada vor, den ich nicht nur als Regisseur, sondern auch als Video Essayist bewunderte. Und er kannte meine Arbeit bereits, sodass wir uns sehr gut verstanden.“
Als Nicht-Koreaner drückte er seine Mitwirkung bei Pachinko folgendermaßen aus: „Normalerweise arbeite ich eng mit dem Regisseur zusammen, da ich gewissermaßen, ihm dabei helfe, die Geschichte zu visualisieren.“ Im Fall von Pachinko, hatten wir Soo Hugh, die als Show-Runner die gesamte Serienproduktion überwacht hat. Bei den zwei Personen, mit denen ich am engsten zusammenarbeitete, gab es eine Form von kultureller Distanz - ich spreche zwar kein Koreanisch und war da auch nicht so vertraut mit ein paar Elementen der koreanischen Geschichte und Kultur. Aber ich empfand es als einen großen Vorteil, da ich als Kameramann meine Arbeit wirklich auf meiner Neugierde gegenüber neuen Thematiken aufbaue. Es war eine große Bereicherung für mich an Pachinko zu arbeiten, mich in eine fremde Umgebung zu begeben und meine Neugier zur Darstellung des Spezifischen zu nutzen und etwas Allgemeineres zu suchen. So in gewissermaßen dachte ich als Außenstehender, dass mein Blickwinkel und meine Intuition potenziell dabei helfen könnten, einige Elemente, Metaphern und Konzepte den nicht-koreanischen Zuschauern näherzubringen.“
Als Kameramann wollte er den Roman nicht vor den Dreharbeiten lesen, da es viele Unterschiede zwischen der Buchversion und der TV-Serie gibt. Denn im Roman passieren die Handlungsstränge in einer chronologischen Reihenfolge: „Die Buchverfilmung ist ein großer künstlerischer Schritt, der gänzlich in den Händen von Soo Hugh und ihrem Team von Autoren lag. Ich wollte eher eine Verbindung zu ihren Gedankengängen herstellen und nicht zu dem ursprünglichen Material, weil man offen gegenüber dem Skript sein sollte. Und ich wollte nicht etwas anderes im Kopf haben, was wiederum eine eigene, persönliche Interpretation triggern würde. Ich habe alle Skripte gelesen, um den gesamten Inhalt zu verstehen und eine Vorstellung davon zu haben, wie wir die ersten Folgen darstellen könnten.“
Kim Minha spielt Sunja als junge Frau. ⓒ Apple TV+
In der Rolle der alten Sunja glänzt Youn Yuh-jung. ⓒ Apple TV+
In Pachinko begegnen die Zuschauer der Hauptperson Sunja, die vier verschiedene Generationen ihrer Familie zusammenhält und Entscheidungen trifft, welche die Zukunft ihrer Familie in den 20er- bis 80er Jahren durch verschiedene Länder diktieren. Für Hoffmeister fühlte es sich so an, als wäre Sunja die Schlüsselperson der Serie, die die Speicherkarte für die ganzen Handlungen in den Händen hielt: „Es gab zwei große Elemente: Die Identität von Raum und die Kontinuität von Zeit – von hier aus trafen wir wichtige Entscheidungen und daraus entwickelte sich dann der Rest. Für die Zeitschiene stand ich von Anfang gemeinsam mit Kogonada und Soo Hugh im Diskurs. Die Serie hat zwei dominante Zeitlinien: die 1920er in Korea und die 80er in Japan. Die große Frage für die Kameraführung beschäftigte sich damit, wie man zwischen den beiden Dekaden unterscheiden konnte. Es war eine äußerst wichtige Entscheidung und wir waren uns einig, dass wir nicht zwischen den Zeitschienen unterscheiden würden - stattdessen wollten wir sie gleichzeitig, wie im Kopf unserer Hauptfigur Sunja passieren lassen, da sie die Erinnerungen an die Gegenwart und Vergangenheit mit sich trägt. Des Weiteren fühlten Kogonada und ich uns verantwortlich dafür, visuell einen Raum zu erstellen, der die geografische und emotionale Identität, das Gefühl von Heimat verkörpert. Wir wollten so den Zuschauern das Gefühl vermitteln, wie sich Sunja in dem Moment fühlt, als sie ihre Heimat bzw. diesen Raum verlässt und plötzlich in dem städtischen Leben in Japan ankommt."
Über die wichtigste Sache, auf die er vor Drehbeginn achtete, sagte Hoffmann: „Ich habe das Privileg, viel Zeit mit dem ‚Aussehen der Show‘ zu verbringen. Das Hauptelement, welches ich als wichtig erachte, ist, dass die Kameraführung selbst nicht über sich selbst bewusst sein sollte. Also ich meine damit, dass sich eine gute Kinematografie sich dadurch auszeichnet, zu wissen, wann man zurücktreten sollte und die Kamera einfach selbst machen lassen sollte. Ich konzentriere mich darauf, so eine Arbeitsfläche zu erschaffen, bevor ich beginne zu drehen. Wir machen Testaufnahmen, um uns mit den Farben, Kostümen, Make-up zu beschäftigen, und besuchen verschiedene Orte. Das ist so, als würde man seine künstlerischen Sinne schulen, damit bei Drehbeginn alles richtig festgehalten wird."
Als ich fragte, was denn die besten Dinge seien, die Farben und Lichter zu den Arbeiten beitrugen, sagte er: „Das ist eine sehr gute Frage. Wenn man eine Szene kreiert, fragt man sich, wohin die Zuschauer schauen sollen und was man sie sehen lassen will. Dies wird oft durch Kontraste dargestellt. Wenn es zu dunkel ist, kann ich nichts sehen. Meine Augen wandern dann dahin, wo es hell ist. Wenn ich Dinge mehr frontal beleuchte, können die Zuschauer leichter verschiedene Elemente sehen. Mit Farben verhält es sich ähnlich. Sie sind ein gutes Werkzeug, um die Augen der Zuschauer zu führen und ihre Herzen zu berühren, weil jeder von uns einen Sinn für Schönheit besitzt und Farben diesen aktivieren und ein Gefühl vermitteln können. So ruft der Film eine Reaktion hervor, der uns die Geschichte anders wahrnehmen lässt.“
Über seine persönlichen Highlights sagte er: „Ich mag so ziemlich alle Szenen. Es war toll vor Ort in der Bucht von Busan zu drehen. Dabei erinnere ich mich besonders an zwei Szenen zurück. In dem Skript zur dritten Folge gab es eine Szene zwischen der jungen Sunja und Isaac, indem er ihr anbot, mit ihr zusammen nach Japan zu kommen. Als ich das las, wusste ich sofort, dass ich die Serie drehen wollte, weil die Art und Weise, wie die beiden ihr Leben trotz schwieriger Verhältnisse angingen, mich berührte. Für mich war jede einzelne Sekunde dieser Szene bemerkenswert. Eine weitere Szene, die mir im Gedächtnis geblieben ist, ist die, in der Solomon und die ältere Sunja gemeinsam essen. Eine unkomplizierte Szene, die wir auf einer Bühne in Vancouver gedreht haben. Der Produktionsdesigner hatte das schöne Set, wie wir es uns in Korea oder im Japan vorgestellt haben, aufgebaut.“
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Insgesamt würde ich sagen, dass Pachinko nicht nur eine Familiensaga ist, sondern auch eine (Liebes-) Geschichte über Leute, die in der Diaspora leben. Es ist auch ein Gespräch zwischen verschiedenen Generationen von Koreanern, die über die Bedeutung, Koreanisch zu sein, sprechen. Über die Koreaner, die in Amerika aufgewachsen sind und die Schwierigkeiten ihrer Eltern und Großeltern anerkennen und was es wohl bedeutete, die eigene Heimat zu verlassen und hart zu arbeiten, um sich etwas aufzubauen. Es war ein großes Privileg, ein Werk zu kreieren, das zum Nachdenken und Beschäftigen mit der eigenen (koreanischen) Identität anregt. Das war so ein tolles Privileg und ich habe meine vier Monate in Korea sehr genossen. Es war eine unbeschreibliche Zeit.“
jesimin@korea.kr
Dieser Artikel wurde von einer Korea.net-Ehrenberichterstatterin verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus aller Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft für Korea.