Das Gebäude der Nationalversammlung befindet sich auf Yeouido, am Fluss Hangang ⓒ Manuel Guthmann
Von Ehrenberichterstatter Manuel Guthmann aus Deutschland
Wenn ich über Korea spreche, geht es oft um Kultur, Essen oder Reisen. Doch dieses Mal geht es um etwas anderes: Politik. Denn am 3. Juni 2025 steht in Korea eine Wahl an, die das Land neu ausrichten wird.
Für mich ist das ein guter Anlass, einmal genauer zu schauen, wie das politische System dort eigentlich funktioniert – und was es von unserem in Deutschland unterscheidet.
In Korea steht der Präsident im Mittelpunkt. Er ist Staatsoberhaupt und Regierungschef in einer Person – mit deutlich mehr Verantwortung als ein Kanzler bei uns. Während in Deutschland der Bundestag den Kanzler wählt, entscheiden in Korea alle Bürgerinnen und Bürger direkt. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre, eine Wiederwahl ist nicht möglich.
Korea wählt früher als geplant, weil der bisherige Präsident Yoon Suk Yeol Anfang 2025 abgesetzt wurde. Er hatte versucht, mit einem umstrittenen Notstandsgesetz seine Macht auszuweiten. Das Parlament, die Nationalversammlung und später das Verfassungsgericht haben ihn gestoppt. Jetzt braucht das Land eine neue Führung.
Doch ganz gleich, wer am Ende Präsident wird – er kann das Land nicht allein führen. Auch in Korea braucht es ein Parlament, das über Gesetze bestimmt und den politischen Kurs mitgestaltet. Dieses Parlament heißt Nationalversammlung und hat 300 Abgeordnete. Sie diskutieren, beraten und stimmen über neue Gesetze ab. Der Präsident kann Vorschläge machen oder sein Veto einlegen, doch ohne die Zustimmung der Nationalversammlung geht nichts.
In Deutschland läuft das ähnlich. Der Bundestag mit seinen aktuell 630 Abgeordneten ist dafür zuständig, Gesetze zu verabschieden. Allerdings braucht es bei uns oft auch die Zustimmung des Bundesrats, damit die Bundesländer mitentscheiden können. Diesen Schritt gibt es in Korea nicht.
Der Deutsche Bundestag hat seinen Sitz im Reichstag (Regierungsgebäude) in Berlin ⓒ Manuel Guthmann
Für mich persönlich wurde das politische System Koreas besonders erlebbar, als ich das Blaue Haus (Cheong Wa Dae) in Seoul besucht habe. Es war bis 2022 der Amtssitz und Wohnort des Präsidenten und seiner Familie. Ein riesiges Gelände mit Empfangshallen, Büros und privaten Wohnbereichen – alles abgeschirmt, jahrzehntelang für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Das Blaue Hause bis 2022 Präsidentensitz in Korea. Links Hauptgebäude, rechts Büro des Präsidenten ⓒ Manuel Guthmann
Erst nach dem Umzug des Präsidenten in ein neues Büro im Yongsan-Viertel wurde das Blaue Haus für Besucher geöffnet. Ich erinnere mich gut an meinen Besuch – für mich ein echtes Highlight. Ob der nächste Präsident wieder dorthin zurückkehrt, wird aktuell diskutiert.
Wer tritt an
Zur Wahl treten in diesem Jahr zwei bekannte Kandidaten an: Lee Jae-myung von der Democratic Party of Korea und Kim Moon-soo von der People Power Party. Wer am Ende das Rennen macht, entscheidet sich am 3. Juni.
Die koreanischen Kandidaten im Wahlkampf: DP Lee und PPP ⓒ Screenshots von Arirang TV
Wie läuft die Wahl ab
Spannend finde ich, wie organisiert die Wahlen in Korea ablaufen. Viele nutzen dort die sogenannte Frühwahl, bei der man schon einige Tage vor dem Wahltag in speziellen Wahllokalen seine Stimme abgeben kann – ein Angebot, das mittlerweile fester Bestandteil der koreanischen Wahlen ist. Das erinnert mich ein wenig an die Briefwahl bei uns in Deutschland, bei der man ebenfalls vorab wählen kann, wenn man am Wahltag verhindert ist. Anders als bei uns geschieht das in Korea aber nicht per Post, sondern direkt vor Ort in speziellen Frühwahllokalen. Die Wahllokale sind lange geöffnet und technisch sehr modern ausgestattet. Auch wenn ich selbst noch keine Wahl in Korea erlebt habe, habe ich oft gehört, dass das alles sehr reibungslos abläuft.
Auch bei uns in Deutschland gab es Anfang 2025 Neuwahlen. Seit Mai haben wir mit Friedrich Merz einen neuen Kanzler. Der Unterschied bleibt: In Deutschland wählt der Bundestag den Kanzler – in Korea sind es die Menschen direkt, die über den Präsidenten entscheiden.
Für mich war das der perfekte Moment, um mich noch einmal intensiver mit dem politischen System Koreas zu beschäftigen. Und ich hoffe, dass ich euch damit ein paar interessante Einblicke geben konnte – egal, ob ihr gerade selbst in Korea seid, eine Reise plant oder euch einfach so für das Land interessiert.
Dieser Artikel wurde von einem Korea.net-Ehrenberichterstatter verfasst. Unsere ehrenamtlichen Reporter kommen aus der ganzen Welt und teilen ihre Liebe und Leidenschaft über alle Dinge in Korea.
dlektha0319@korea.kr