Kommentar

29.01.2014

Von 1886 bis 1887 nutzte der Engländer Henry Evan Murchinson James vom Indian Civil Service eine zweijährige Freistellung für eine Reise nach China. Er und zwei jüngere britische Kollegen, der Militäroffizier Francis Younghusband und der nach China entsandte Diplomat Harry English Fulford, hatten entschieden, die Mandschurei zu erkunden und reisten bis in die „Changbai-Berge“. Ihre Kenntnisse basierten größtenteils auf einem Bericht über das Gebiet, der im zweiten Band von Alexander Williamsons Buch „Journeys in North China, Manchuria, and Eastern Mongolia With Some Account of Corea” (‚Reisen in Nordchina, in der Mandschurei und der östlichen Mongolei mit einigen Berichten über Korea‘) (1870).

Hier konnten sie lesen: „Die dominantesten Gebirgszüge sind die sogenannten Shan-a-lin-Berge; ihre höchsten Gipfel liegen südöstlich von Kirin, wo sie von 10.000 bis 12.000 Fuß hoch und ihre Gipfel ewig mit Schnee bedeckt sind“. Williamson wiederum bezog sich auf einen Bericht von T. T. Meadows, dem britischen Konsul in Newchuang (Yingkou). „Die Mandschurei ist, wie oben beschrieben, ein gebirgiges, wasserreiches Gebiet, früher mit Wäldern bedeckt, von denen es immer noch viele gibt. Der Hauptgebirgszug besteht aus den Chang-pih-shan oder Shan-a-lin oder Long White Mountains (Lange Weiße Berge), die eine Wasserscheide zwischen den Flüssen Tumun, Liau-ho (Liao) und Ya-In-kiang (Yalu) im Süden sowie den Flüssen Soongari (Sungari) und Amoor (Amur) und deren Nebenflüssen Hurka (Mudan) und Usuri (Wusuli) im Norden bilden.

A large crater lake, called Heaven Lake, is in the caldera atop Baekdusan Mountain (Photo: Yonhap News)

Ein größerer Kratersee namens Heaven Lake (Himmelssee) befindet sich in dem Einsturzkrater auf dem Berg Baekdusan (Foto: Yonhap News).


Die drei britischen Entdecker, die aus China kamen, begannen ihre Reise in der Mandschurei in Mukden (heute: Shenyang). Von dort wollten sie zum Fluss Yalu reisen und ihm bis zu seiner Quelle folgen. Sie sahen aber, dass das zerklüftete Gebiet diesen Plan unmöglich machte, sodass sie nach vielen Tagen beschwerlicher Reise durch Moore und Sümpfe begannen, den Berg Baekdusan von der Nordseite zu besteigen, wie es koreanische Touristen heute tun.

Zur damaligen Zeit ließen sich viele Chinesen in der Mandschurei nieder. Auch Koreanern konnte man oft begegnen. Ihr einheimischer chinesischer Reiseleiter erzählte ihnen, dass die Informationen im Buch falsch seien, da es keine hohen, schneebedeckten Gipfel gäbe, außer diesem, dem Lao-pai Shan oder ‚Alter Weißer Berg‘.

„Es gab zahlreiche weitläufige Wiesen mit vielen Blumen in unvorstellbaren Farben, sodass Flächen mit blauer Iris, großartigen feuerroten Tigerlilien, süß duftenden gelben Taglilien, riesigen orangen Butterblumen und violettem Eisenhut das Auge erfreuen. Jenseits davon gibt es verschiedene parkähnliche Gebiete mit wunderschön gesprenkelten Fichten- und Tannengruppen, die Erde ist mit kurzem, bemoostem Gras bedeckt und mit Massen tiefblauen Enzians verziert, Akeleien mit jeder Nuance malvenfarben oder gelbbraun, mit weißen und roten Orchideen und vielen anderen Blumen. Ein Juwel von einer Wiese war mit Azaleen und kleinen gelben Blumen gesprenkelt.“

Nun verstanden sie, warum der Berg „Weißer Berg“ genannt wurde. „Die gesamte abschüssige Seite darunter schien weiß, aber nicht aufgrund von Schnee, der nur an wenigen Stellen in Felsspalten lag, sondern aufgrund des weißen, zerfallenen Bimssteins… Schließlich gelangten wir auf den Gipfel und sahen über den Rand und auf den Grund eines Kraters auf dessen Kante wir standen und sahen 350 Fuß unter uns einen wunderschönen See, dessen Farbe tief und durchsichtig blau war, und obwohl der Wind darüber heulte, war seine Oberfläche ruhig wie der See Leman und reflektierte die Krone fantastischer Gipfel, die die felsige Bergspitze schmückten. Es war tatsächlich ein großartiger Anblick.“

James und Fulford haben versucht, zum Wasser hinabzusteigen, aber der Abhang war zu steil. Zwischenzeitlich bestieg Younghusband den höchsten Gipfel. Das Wetter war Ende Juli extrem klar, sodass er weit in alle Richtungen schauen und bestätigen konnte, dass keine höheren Berge in Sicht waren.

Brother Anthony

Bruder Anthony


Erst nach ihrer Rückkehr entdeckten sie eine weitaus ältere Beschreibung von dem See auf dem Berggipfel. Jean-Baptiste Régis (1664-1738) war ein französischer Jesuit, der 1698 nach China ging, um dort zu leben. Er war ein ausgezeichneter Kartograf, verantwortlich für die ersten wissenschaftlichen Karten von China und Korea. Er erkundete die Mandschurei zusammen mit anderen französischen Jesuiten.

Jean-Baptiste Du Halde (1674–1743) war ein französischer Jesuit in Paris, der das gesamte Material sammelte und veröffentlichte, das ihm die französischen Jesuiten aus China schickten. Seine großartige Arbeit war die vierbändige Ausgabe „Description géographique, historique, chronologique, politique, et physique de l'empire de la Chine et de la Tartarie chinoise”, die 1736 veröffentlicht wurde. 1739 erschien die englische Ausgabe mit dem Titel „The General History of China” (‚Allgemeine Geschichte Chinas‘).

In der englischen Ausgabe entdeckte James den folgenden Bericht vom „Pai Shan”. „Der Berg, an dem der Sungari entspringt, ist ähnlich bekannt in Tatarstan. Er ist viel höher als der Rest und noch aus großer Entfernung zu sehen. Ein Teil ist mit Wald bedeckt und besteht nur aus Kies, der immer weiß aussieht. Es ist also nicht der Schnee, der ihn weißt, wie die Chinesen glauben, weil es dort keinen gibt, zumindest nicht im Sommer. Der Gipfel besteht aus fünf Felsen, die aussehen wie so viele zerfallene Pyramiden von außergewöhnlicher Größe, und sie sind aufgrund des beständigen Nebels und der ihn umgebenden Dämpfe immer nass, und in der Mitte umhüllen sie einen tiefen See, wo die Quelle des Sungari entspringt.“

Es gibt keinen Hinweis darauf, wer Régis diese Informationen übermittelte. Es ist nahezu unmöglich, dass die Jesuiten selbst eine derart lange und beschwerliche Reise unternommen haben. Einige der Mandschu, mit denen sie eng verbunden waren, müssen den Berg bestiegen und darüber berichtet haben.

Francis Younghusband wurde zu einem der berühmtesten Entdecker der damaligen Zeit und wurde später für seine Arbeit zum Ritter geschlagen. 1896 veröffentlichte er ein Buch über seine Großtaten, von denen die Besteigung des Baekdusan nur den Anfang bildete, wie der Titel nahelegt: „The heart of a continent : a narrative of travels in Manchuria, across the Gobi Desert, through the Himalayas, the Pamirs, and Chitral, 1884-1894” (‚Das Herz eines Kontinents: eine Erzählung über Reisen in die Manduschrei, durch die Wüste Gobi, das Himalaya, das Pamir-Gebirge und nach Chitral, 1884-1894‘).

Bruder Anthony (An Sonjae)
Präsident, RAS Korea

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[Der 1990 gegründete koreanische Zweig der Royal Asiatic Society ist eine Vereinigung, die sich gleichermaßen aus Koreanern wie Nichtkoreanern zusammensetzt, die ihr Wissen über das Leben, die Kultur und Geschichte Koreas vertiefen und dieses Wissen mit anderen auf Englisch teilen möchten. http://www.raskb.com]