Seit den 1950er Jahren lebt in Korea ein Mann ausländischer Herkunft, der sich an die Nation erinnert, als sie sich im Chaos befand, und das Land aus heutiger Perspektive sieht, wo es ein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt von über 25.000 US-Dollar erreicht hat. Er kam in das Land als katholischer Priester und gilt als Vorbild für großzügige Liebe und Aufopferung. Sein Name ist P.J. McGlinchey, und er stammt aus Irland. 1954 wurde er nach Korea entsandt. Nun hat er bereits 60 Jahre seines Lebens auf der Insel Jejudo verbracht, um Freud und Leid mit den Menschen dort zu teilen. Er ist unter dem koreanischen Namen Yim Pi-jae bekannt, der sich quasi aus den Anfangsbuchen seines englischen Vor- und Nachnamens zusammensetzt: Yim für das „M“ in McGlinchey, Pi für das „P“ in Patrick und jae für das „J“ in James.
Als der 25-jährige Ire Fuß auf die Insel Jeju setzte, sah er zunächst nichts um sich herum außer einer kargen Landschaft und verzweifelten, sterbenden Menschen. Als Teil seiner Bemühungen im Kampf gegen die Armut begann er, einiges Weideland nahe Geumak-ri in Hallimeup Town zu rekultivieren. Dies waren die ersten Schritte zur Gründung der Isidore Farm. Der Priester half den Menschen, über Landwirtschaft zu lernen, ihre Weideflächen und ihre Tierzucht zu verbessern. So schuf er die Grundlage für eine autarke Gemeinschaft. Er gründete die lokale Zweigorganisation des 4H-Club, eines Landwirtschaftsvereins für Teenager, und etablierte einen Zweig der Genossenschaftsbank von Jeju.
Heute hat sich die kleine Farm in Geumak-ri zur Isidore Farm Jeju Korea entwickelt. Sie hat ihr Hauptquartier in Hallimeup Town und beherbergt 900 Milchkühe, 350 Rinder und 100 Rennpferde. Sie verfügt über 1.650.000 Quadratmeter Grünfläche und war lange die repräsentative Milchwirtschaft von Jeju.
Vater Yim sagt, dass er sich heute auf der Insel Jejudo wohler fühle als in seiner Heimatstadt in Europa.
Vater Yim Pi-jae wurde 1954 nach Korea entsandt. Nun hat er bereits 60 Jahre seines Lebens auf der Insel Jejudo verbracht.
Korea.net führte neulich ein Gespäch mit Vater Yim, um mehr über seinen 60-jährigen Aufenthalt auf der Insel Jejudo zu erfahren - vom ersten Moment seiner Ankunft bis zum heutigen Tag.
Was hat Sie dazu veranlasst, mitten im Krieg auf die Insel zu kommen? „Ich wurde im Dezember 1951 zum Priester geweiht und nach Korea geschickt. Korea befand sich damals im Krieg. Das Radio und die Zeitungen vermittelten keine Informationen über das Land. Ich wusste nur, wie viele Leute dort sterben. Ich hatte Angst und dachte, dass ich dort möglicherweise nicht mehr als einen Monat überleben würde.“
Es war eine lange Reise für ihn, bis er in Korea ankam. Auf seiner Fahrt hatte er mehrere Zwischenaufenthalte und Transfers; zunächst ging es von Irland nach New York, von dort nach San Francisco und schließlich nach Yokohama in Japan. Am 11. April 1953 traf er endlich in Busan ein. Er kann sich noch lebhaft an seinen ersten Eindruck des Landes erinnern, die sich mitten im Krieg befand.
Vater Yim Pi-jae kam im Alter von 25 Jahren nach Korea.
„In Busan drängten sich Flüchtlinge aus dem ganzen Land. Wann immer sie einen Ausländer sahen, streckten sie ihre Hände aus und bildeten eine Traube um ihn. Die Straßen waren von Menschen übersät, die nach einem Job suchten. Alle Viertel waren menschenüberfüllt, und die Häuser waren vollständig zerstört und mit aufeinandergeschichteten Strohsäcken und Holzstücken bedeckt, um Dächer zu bilden.“
Nach einem Jahr in Busan wurde Vater Yim im April 1954 auf die Insel Jejudo geschickt. Als er auf der Insel eintraf, fand er sie völlig menschenleer. Es existierte keine Kirche und keine Unterkunft für Geistliche. Auf Jejudo gab es 25 Leute, die zum Katholizismus übergetreten waren.
Vater Yim fühlte sich angesichts der vielen Ähnlichkeiten zwischen Jejudo und Irland augenblicklich wohl. Auf beiden Inseln gibt es starke Winde, viele Steinmauern, und die strohgedeckten Häuser haben eine ähnliche Form. Die Zeremonien und Traditionen bei Hochzeiten und Beerdigungen ähnelten sich ebenfalls ziemlich stark. Es gab allerdings einen großen Unterschied: Auf der Insel Jejudo gab es keine Tierzucht. Er war schockiert, Menschen zu sehen, die Schweine unter ihren Plumpsklos züchteten, ein Aspekt der landwirtschaftlichen Traditionen der Insel. Vater Yim, der selbst auf dem Lande aufgewachsen und vertraut mit der Tierzucht war, dachte, dass er die Antwort auf die Frage gefunden habe, wie man die Menschen ernähren und ihnen helfen könne, zu überleben.
Neue Träume, gefolgt von einer Reihe von Rückschlägen Vater Yim begann, Menschen auf der Insel zu überreden, aber es war nicht einfach. „Egal, wie sehr ich es versucht habe, immer bin ich auf den Widerstand der älteren Generation gestoßen. ,Nein‘ ist das einzige Wort, das ich von ihnen fünf Jahre lang hörte. Sie wiederholten immer wieder, dass die Japaner das bereits versucht hätten und dass sie gescheitert seien.“
Der Priester wandte sich an die jüngere Generation im Alter von 16 bis 20 Jahren und ermutigte sie, sich einem neuen Programm anzuschließen, dem 4H-Club, eine Abkürzung für „Head, Heart, Health and Hands” (,Kopf, Herz, Gesundheit und Hände’). Das globale Programm zur gezielten Förderung von Jugendlichen ermutigt junge Menschen, mehr darüber zu erfahren, wie sie eine autarke soziale Struktur aufbauen können, die sich auf die Landwirtschaft konzentriert. Als Teil der Clubaktivitäten erhielten die Jugendlichen kostenlos Schweine und Hühner. Das Projekt scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein, weil es nur in einem beschränkten Rahmen durchgeführt wurde und es schwierig war, die Unterstützung der älteren Generation zu erhalten.
Wie hat sich das 4H-Projekt entwickelt? „Nachdem ich so viele Rückschläge erlebt und so viele neue Ideen ausprobiert hatte, beschloss ich, Schweine in den Bergen um Geumak-ri aufzuziehen. Ich dachte, dass es wunderbar wäre, wenn wir die Mitte des Berges Hallasan rekultivieren und auf dem großen Weideland dort Vieh züchten könnten. An dem Ort gab es einige Armeebaracken, die früher von der japanischen Armee bewohnt wurden und mit einigen nützlichen Einrichtungen ausgestattet waren. Ich habe geholfen, mit Strohsäcken und Plastik ein Dach für die Baracken zu bauen, und habe die Tiere hereingebracht.“
Vater Yim Pi-jae (Mitte) besucht Texas, um einige Spenden zu sammeln, die für den Wirtschaftsaufbau auf der Insel Jejudo verwendet wurden.
Die Isidore Farm in den 1970er Jahren
Im November 1961 erhielt die Farm ihren offiziellen Namen: Isidore. Sie wurde nach dem katholischen Heiligen Sankt Isidor aus Spanien benannt, der im zwölften Jahrhundert ein Bauer gewesen war. Die Isidore Farm, die ihre Wurzeln in den 4H-Projekten hat, wird heute als Keimzelle für die Tierzucht und die Milchwirtschaft auf der Insel Jejudo betrachtet.
Gab es irgendwelche inspirierenden Momente oder besonderen Vorfälle, die Sie beim Betreiben der Farm erlebt haben? „Ich dachte, dass sich die wahre Liebe für Gott durch Taten zeigen sollte, nicht durch Worte oder Schriften. Anderen zu helfen, die Probleme haben, ist eine der großartigsten Methoden, seine Liebe zu verbreiten. Zur damaligen Zeit benötigten die Menschen dringend Nahrung und suchten einen Weg, um zu überleben. Die Missionsarbeit stand erst an zweiter Stelle.“
Heute ist die Isidore Farm zu einer Institution mit einer Vielzahl an Einrichtungen herangewachsen, einschließlich eines Pflegeheims, einer Kirche, einer Kindertagesstätte, eines Klosters und eines Hospizes. Es muss enorme Anstrengungen und viel Leidenschaft erfordert haben, das alles zu bauen. Warum hat dieses Projekt eine so große Attraktion auf Sie ausgeübt? „Ich bin der festen Überzeugung, dass alles bereits geplant war. In den Anfangsstadien des 4H-Projekts entschieden wir uns, ein kleines Büro am Berghang zu bauen. Wir haben uns damals um eine alte Dame gekümmert, die unter Mangelernährung litt, und dies war die Gelegenheit, eine weitere sozial orientierte Einrichtung aufzubauen, ein Pflegeheim.
Ich hatte immer das Bedürfnis, anderen zu helfen. Es ist der richtige Weg, um den Anforderungen der Zeit gerecht zu werden. Ich konzentrierte mich in den frühen Jahren mehr darauf, Arbeitsplätze und eine autarke soziale Struktur zu schaffen. Nun verwende ich mehr Energie und Anstrengungen darauf, den Schwachen in der Gesellschaft zu helfen.“
Es scheint Ihnen ziemlich oft passiert zu sein, dass Sie ein Projekt angefangen haben, das dann scheiterte. Wollten Sie nicht irgendwann aufgeben? „Es ist wahr, dass ich mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert wurde. Manchmal habe ich Fehler gemacht und Fehlentscheidungen getroffen. Bei vielen Gelegenheiten merkte ich, dass ich nur ein oberflächliches Wissen über und Verständnis für die koreanische Kultur hatte. Ich habe unmittelbar erlebt, wie es ist, von jemandem, dem ich vertraut hatte, getäuscht zu werden. Trotzdem wollte ich niemals aufgeben. Zunächst einmal denke ich, dass alles, was ich getan habe, von Gott geplant wurde, nicht von mir.
Zweitens war ich tief bewegt von den 4H-Mitgliedern, die all ihr Glück und ihre Sorgen mit mir teilten. Ohne sie wäre ich nicht in der Lage gewesen, es zu schaffen. Sie waren immer voller Freude und Hoffnung. Sie begannen am frühen Morgen mit der Arbeit und hörten spät in der Nacht auf, aber es kam keine einzige Beschwerde über ihre Lippen. Sie ermutigten einander und bauten sich gegenseitig auf. Anscheinend mochten sie die Zusammenarbeit. Ich habe mich immer gewundert, wie sie so energiegeladen und voller Leidenschaft sein konnten. Der Großteil der Mitglieder war entschlossen, sein gesamtes Leben dem Aufbau der Isidore Farm zu widmen. Wie hätte ich in Gegenwart dieser Menschen negative Gedanken haben können?“
Vater Yims Bemühungen, eine autarke Wirtschaft aufzubauen, ebbten niemals ab. Einer seiner wichtigsten Beiträge war die Gründung der ersten Genossenschaftsbank, die Menschen eine neue Möglichkeit der Finanzierung eröffnete, vorbei an den privaten Wucherkrediten.
Insbesondere für junge Frauen, die die Insel bislang verlassen mussten, um Arbeit zu finden, gründete Vater Yim einen Betrieb für handgewebte Wollstoffe. Er lud zwei, auf das Weben spezialisierte Nonnen aus Irland ein, um ihre Techniken und ihr Wissen an die Frauen von Jejudo weiterzugeben. Zu seinen Blütezeiten hatte das Unternehmen über 1300 Angestellte und produzierte hochwertige Wolle.“
Weibliche Angestellte bei der Produktion von Wollstoffen
Viele Menschen waren und sind von Ihrer Arbeit beeindruckt. Erinnern Sie sich an irgendjemand Bestimmtes darunter? „Ich werde die ursprünglichen 4H-Mitglieder niemals vergessen. Eines von ihnen ist Shin Bu-sam, der nun 73 Jahre alt und Leiter der zwei größten Schweinemästereien der Insel Jejudo ist. Als ich ihn zum ersten Mal sah, war er noch ein Jugendlicher. Wegen seiner familiären Situation musste er die Schule verlassen und früh arbeiten gehen. Er ist eines der Mitglieder, das ein Schwein geschenkt bekam. Damit begann er eine Viehzucht.
Die Tierzucht erhielt in den 1960er und 1970er Jahren grünes Licht, aber in den 1980er Jahren ging sie bald wegen Überproduktion zugrunde. Die Isidore Farm entschied sich zur damaligen Zeit, seine Schweinezucht aufzugeben, und gab die verbleibenden Schweine anderen örtlichen Bauern, darunter auch Shin.
In den alten Tagen habe ich sie ermutigt, indem ich gesagt habe: ,Wenn Sie Ihren Betrieb gut leiten, werden Sie in zehn Jahren in der Lage sein, ein Auto zu fahren, so wie die Menschen im Ausland.‘ Wenn ich das heute gegenüber Shin wiederhole, lacht er. Shin antwortete mir damals: ,Wie könnte ein Priester lügen?‘ Heute fährt er einen Kia und hat 4500 Schweine auf seinem Bauernhof.“
Vater Yim lebt nun schon seit mehr als 60 Jahren auf der Insel Jejudo. Sicher hat er viele Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund getroffen, viele Herausforderungen gemeistert und viele Rückschläge erlebt.
Hatten Sie jemals Heimweh, oder gab es Momente, in denen Sie Korea verlassen wollten? „Überhaupt nicht. Als ich jung war, hatte ich zu viele Dinge auf einmal zu tun. Es blieb keine Zeit für Heimweh. Jetzt fühle ich mich zunehmend wohler in Korea, einem Ort, an dem ich den Großteil meines Lebens verbracht habe. Die Insel Jejudo ist nun einfach meine Heimat.“
Ich habe gehört, dass Sie einen endgültigen Plan für das Hospiz haben. Erzählen Sie uns mehr darüber! „Jetzt, wo ich mich von meinen alltäglichen Pflichten zurückgezogen habe, kann ich mein Leben etwas langsamer angehen lassen. Ich würde mich über eine erfolgreiche Hospizeinrichtung freuen. In vielen anderen Ländern hat sich das Interesse an den Hospizen angesichts der zunehmenden Überalterung der Bevölkerung erhöht. Es ist so schade, dass Korea hier kein spezifisches Konzept hat. Es wichtig, über unsere Einstellung gegenüber Patienten nachzudenken, die sich auf den Tod vorbereiten.
Wir haben das Hospiz 2007 initiiert, und seitdem hat es den Patienten einen Lebensraum geboten; sie könnten anderswo keine bessere Behandlung finden. Wir betreiben die Einrichtung mit den Gewinnen der Futtermittelfabrik und der Unternehmen für Pferderennen. Von den Patienten erhalten wir keinerlei Bezahlung. Ich würde gern die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Menschenwürde lenken, der zufolge die Menschen bis zu ihrem Tod gleich behandelt werden sollten.“
Was denken Sie aus der Perspektive der vergangenen 60 Jahre über die Menschen und die Kultur Ihres Gastlandes? „Die Menschen der Insel Jejudo sind einfach unglaublich. Sie sind sehr großzügig. Sie schenkten mir immer etwas von ihren Hühnereiern, obwohl sie selbst verhungerten.
Ich werde niemals die Zeit vergessen, als wir eine Kirche bauten. Wir hatten keine Balken, kein Holz und nichts, das man als Baumaterial verwenden könnte. Eines Tages wurde ein großes Schiff, das auf einen Unterwasserfelsen auflief und ein Leck bekam, an den Strand der Insel geschwemmt. Zufällig war der Kapitän des Schiffes ein Ire. Er stellte uns die Balken seines Schiffes für den Bau der Kirche zur Verfügung.
Es gab ausreichend Holz, aber das Problem war, dass es nicht genug Arbeitskräfte gab. Damals existierten nur 25 Katholiken auf der Insel.
So ging ich am nächsten Morgen schweren Herzens zu dem Ort, an dem das Schiff gestrandet war, ohne festen Plan im Kopf. Als ich ankam, traute ich meinen Augen nicht. Dort standen rund 400 Leute, die darauf warteten, die Balken zu tragen. Sie sagten, dass sie nicht einfach sitzen und zusehen könnten, wie der Priester diese schwierige Aufgabe allein bewältigte. Die meisten von ihnen waren keine Katholiken. Bis zu diesem Tag bin ich mir nicht sicher, wie es dazu kam, dass sie ihre Ärmel hochkrempelten und am frühen Morgen dieses Tages zu arbeiten begannen, aber ich bin von ihrem Verhalten tief gerührt. Das entwickelte sich zu einem Motiv für mich und für die Art, wie wir Aktivitäten durchführen sollten, um den Menschen zu helfen, die in unserer Nähe lebten.“
Haben Sie eine abschließende Botschaft für die Leser von Korea.net? „Bitte lieben Sie einander und zeigen Sie das durch Ihre Taten, nicht durch Ihre Worte.“
(Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung der Isidore Farm)
Von Lee Seung-ah
Redakteurin, Korea.net
slee27@korea.kr
Übersetzung: Gesine Stoyke