Professor Barry Welsh von der Sookmyung Women’s University gründete einen Buchclub für koreanische Literatur und einen Filmclub, um seine Interessen mit anderen zu teilen.
Welsh sagt, dass er stolz auf den Buchclub sei, da er Bestätigung fühlt, wenn sich die Teilnehmer bei den Treffen untereinander austauschen können.
- Was hat Sie dazu veranlasst, einen koreanischen Buch- und einen koreanischen Filmclub zu gründen?
Ich habe mich schon immer für Literatur und Filme aus aller Welt interessiert. Auch habe ich Literatur und Film immer verwendet, um mit der Welt in Verbindung zu stehen. Als ich hierher kam, habe ich diese Interessen mitgebracht. Ich habe langsam begonnen, koreanische Literatur zu lesen und koreanische Filme zu gucken. Dann habe ich beschlossen, eine Gemeinschaft von Leuten aufzubauen, die sich für die gleichen Dinge interessieren.
- Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund dafür, dass der Club bereits seit so langer Zeit besteht?
Ich denke, dass es daran liegt, dass es ein Publikum für ihn gibt. Meiner Ansicht nach hat ein solcher Club in der Kulturszene von Seoul bislang gefehlt. Es gibt unglaublich großartige Schriftsteller, und nichtkoreanische Ortsansässige interessieren sich dafür, mehr über sie und ihre Arbeit zu erfahren. Sie wissen vielleicht nicht, wie, wo und welche Werke verfügbar sind. Die Chance zu erhalten, Autoren wie Hwang Seok-young zu treffen, ist fantastisch, und es ist eine wunderbare Gelegenheit, über ihre Werke zu sprechen und sich ihre facettenreichen Lebensgeschichten anzuhören. Dieser Buchclub richtet sich eigentlich an internationale Mitglieder, aber jeder ist willkommen. Wir haben viele sowohl koreanische als auch internationale Mitglieder.
- Wie viele koreanische Schriftsteller haben Sie bislang vorgestellt? Ich weiß, dass Sie Werke von Hwang Seok-young, Shin Kyung-sook, Kong Ji-young und Kim Young-ha gelesen haben. Über welche ihrer Arbeiten haben Sie gesprochen?
Bislang hatten wir 35 Sondergäste. Rund 15 von ihnen waren koreanische Romanautoren. Bei dem Rest handelte es sich um koreanisch-amerikanische oder internationale Schriftsteller aus den USA, Großbritannien und anderen Ländern. Wir wählen zum Lesen und Diskutieren keine bestimmten Werke. Ein Moderator interviewt den eingeladenen Schriftsteller, und dann erhält der Autor Fragen aus dem Publikum. Die Fragen variieren, da das Publikum über die persönlichen Geschichten oder Erfahrungen der Schriftsteller Fragen stellen kann. Im Fall von Hwang Seok-young fragten wir nach dem Hintergrund seiner Arbeiten, wie die Demokratiebewegung von Gwangju und den Vietnam-Krieg.
- Bitte erzählen Sie uns über Ihr Lieblingswerk oder ein eindrucksvolles Werk der koreanischen Literatur von den Autoren, mit denen Sie bislang über den Buchclub in Kontakt gekommen sind.
Als ersten koreanischen Roman habe ich „I Have the Right to Destroy Myself” von Kim Young-ha gelesen. Deshalb hat es einen besonderen Platz in meinem Herzen. Ich denke, dass Hwang Sok-youngs Vietnam-Roman, „The Shadow of Arms“, ein unglaubliches Werk ist. Seine Kurzgeschichte „Road to Sampo“ ist ebenfalls sehr bewegend und elegant. Vor Kurzem haben Park Min-gyus Kurzgeschichten bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Die Schriftstellerinnen sind auch sehr interessant. Shin Kyung-sooks „I’ll be There“ ist ein wichtiges und beeindruckendes Buch, ebenso wie Gong Ji youngs „Our Happy Time“. Hwang Sun-mis „The Hen Who Dreamed She Could Fly” ist ebenfalls eine bemerkenswerte Fabel. Ich persönlich denke, dass Yi Mun-yols Arbeiten großartig sind. Meiner Ansicht nach ist er ein Schriftsteller auf Weltniveau. Seine Kurzgeschichten sind fantastisch.
- Welche koreanischen Filme haben Sie beeindruckt?
Ich würde sagen, dass Lee Chang-dongs „Poetry“ wirklich meine Augen für das moderne koreanische Kino geöffnet hat. Was klassische koreanische Filme betrifft, würde ich „Hanyeo“, „Black Hair“, „Madame Freedom“ und „Aimless Bullet“ nennen. Sie alle sind faszinierende Filme, in denen interessante Dinge über Gesellschaft und Geschichte gesagt werden.
- Was unterscheidet koreanische Literatur von westlicher Literatur in englischer Sprache?
Es gibt definitiv Unterschiede. Viele der literarischen Werke, die ich hier gelesen habe, sind solche, die ins Englische übersetzt wurden. Manchmal habe ich allerdings das Gefühl, dass die Arbeiten, die für die Übersetzung ins Englische ausgewählt wurden, nur Ereignisse thematisieren, die Koreaner als wichtig oder bedeutsam in Bezug auf ihre Geschichte oder Gesellschaft erachten. Sie handeln alle vom Koreakrieg oder von der japanischen Besatzung und sind übertrieben ernst. Vielleicht gibt es Leser, die gern zugänglichere oder interessantere Werke lesen würden. Ich denke, dass deswegen Park Min-gyu oder Kim Young-ha sehr beliebt sind. Im Vergleich zu westlicher Literatur gibt es auch nicht viel Genre-Literatur wie Science-Fiction oder Krimis.
- Sie sind seit fünf Jahren in Korea. Was für einen Eindruck haben Sie von der modernen koreanischen Gesellschaft? Hat sich Ihr Eindruck verändert, nachdem Sie eine Weile hier gelebt haben?
Am Anfang war alles neu und frisch, aber jetzt fühlt es sich wie mein Zuhause und mein Leben an. Auch wenn es anders ist als das, was ich von meinem Alltag in Schottland, England oder Irland kenne, bin ich über mein Leben hier glücklich. Seoul ist so international und großstädtisch. Das Leben in Seoul ist vergleichbar mit dem in London. Ich mag die internationale Seite von Seoul.
- Welchen Eindruck haben Sie von der „koreanischen Bevölkerung” und der „koreanischen Gesellschaft” gewonnen?
Basierend auf meinen Unterrichtserfahrungen mit Studierenden und meinem Leben hier denke ich, dass die Menschen unter einem großen Druck stehen. Ich denke, dass sie gedrängt werden, so vieles zu tun, wenn man nur an das Bildungssystem denkt. Schüler gehen abends nach der Schule in Nachhilfeinstitute und Büroangestellte arbeiten bis spät in die Nacht. Es gibt ein großartiges Zitat von Lee So-yeon, der ersten koreanischen Astronautin. Sie sagte in Bezug auf die Leistungen ihres Landes in einem Interview: „Wo ist der Champagner? Wir haben in einem solch kurzen Zeitraum so viel erreicht. Wir verdienen es, zu feiern.“
- Wissen Sie, dass die Koreaner einst „Auld Lang Syne” als ihre Nationalhymne sangen? Was denken Sie über solche Verbindungen zwischen dem schottischen Lied und Korea?
Tatsächlich wusste ich nichts davon, aber ich erfuhr darüber, als ich den Film „Ode an meinen Vater“ sah, in dem Leute das Lied sangen. Ich hatte keine Ahnung davon, was das Lied in dem Film zu suchen hat, aber ich erkannte später, dass solche Verbindungen existierten.
- Es ist beeindruckend, dass Sie schottische Missionare in Korea kennen. - Können Sie uns mehr über die Literatur Ihres Landes erzählen, die in dem Buchclub vorgestellt werden soll?
Ich würde in dem Buchclub gern mehr britische und internationale Autoren vorstellen. Ab nächstem Monat werde ich in der Haechi Hall klassische britische Filme zeigen.
- Wenn man über Kultur spricht, scheint sie länger im Gedächtnis zu bleiben. Was möchten Sie durch einen solchen Dialog erreichen? Was möchten Sie in den Diskussionen sagen?
Ich habe keine bestimmte Botschaft oder keinen bestimmten Wunsch, aber ich hoffe, dass viele Menschen ein Interesse an Literatur entwickeln und sich an damit verbundenen Aktivitäten beteiligen.
- Gibt es irgendwelche lohnenswerten oder denkwürdigen Momente in Ihrem Leben?
Ich fühle mich glücklich, wenn ich Nachrichten von Leuten erhalte, die sagen, dass ihnen das Treffen gefallen hat oder die Kommentare im Internet schreiben. Unter den Projekten, die ich jemals durchgeführt habe, ist dies das Projekt, das mich mit dem größten Stolz erfüllt. Ich möchte die Treffen so oft wie möglich durchführen.
- Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich möchte gern auch andere Persönlichkeiten in den Buchclub einladen, nicht nur Schriftsteller. Beispielsweise möchte ich Lee So-yeon, eine Astronautin, und den Filmregisseur Bong Joon-ho zu Gast haben. Das wäre fantastisch. Stellen Sie sich vor, wie großartig es sein könnte, wenn wir Regisseur Bong einladen, über seine Arbeiten sprechen und uns seine Lebensgeschichte anhören. Auch Seouls Bürgermeister Park Won-soon oder der Abgeordnete Ahn Cheol-soo wären wunderbare Gäste.