Umweltschäden und Klimawandel werden leider auch in Korea immer sicht- und spürbarer. Die Jahreszeiten weichen fast jedes Jahr von ihrem ursprünglichen Rhythmus ab, und auch die Wetterphänomene werden extremer. So hat die Regenzeit, die eigentlich typisch für Ende Mai/ Anfang Juni ist, in den letzten Jahren kaum mehr stattgefunden. Dafür hat es im Sommer 2020 komplett durchgeregnet. Diese Veränderungen sind für viele Menschen in Korea ein Beweis dafür, dass der Klimawandel existiert. Aber wie jedes Land, das ein rasantes Wirtschaftswachstum vollzogen hat oder einem jahrelangen Krieg ausgesetzt war, haben die Koreaner seit jeher Naturschäden in extremem Ausmaß hingenommen. Nach der japanischen Kolonialzeit (1910-45) und dem Koreakrieg (1950-53) waren viele Waldflächen auf der gesamten Halbinsel zerstört und mussten in einer riesigen Aufforstungsaktion in den 1970er Jahren mühsam von Millionen von freiwilligen Bürgern neu bepflanzt werden. In diesem Sinne wurde auch der 5. April unter dem Namen „Sikmogil“ (식목일) als der Tag des Pflanzens eingeführt. An diesem Tag sollen von den Bürgern Bäume gepflanzt werden. Der Tag war sogar bis 2006 ein offizieller Feiertag. Dieser wurde jedoch wieder abgeschafft. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil sich das Klima so sehr verändert hat, dass der 5. April inzwischen zu warm und zu trocken zum Bäumepflanzen geworden ist. Die Wälder, die man heute in Korea sieht, sind also oftmals gar nicht so alt. Gleichzeitig wurden während des Wirtschaftswachstums in den 1970er und 1980er Jahren die natürlichen Flussläufe in den Städten verbaut, ganze Berge und Hügel abgetragen, um dort Wohntürme in die Höhe zu ziehen. Denn in Korea ist geeigneter Baugrund knapp. Somit wurde die Natur immer weiter zurückgedrängt. Seit einigen Jahren erst geht der Trend wieder in Richtung Renaturierung und Begrünung der Innenstädte.
Die dringlichsten Probleme der Gegenwart spiegeln sich in den koreanischen Umweltschutzorganisationen und -institutionen wider. So stehen dort Themen wie der Kampf gegen Luftverschmutzung, erneuerbare Energien, Naturschutz und die Eindämmung von Plastikverbrauch im Fokus.
Seoul Energy Dream Center (Foto: Michaela Auer)
Korea wird grüner
Auf staatlicher Seite liegt die Zuständigkeit für alle umweltpolitischen Belange beim Ministerium für Umwelt. Dessen Aufgabe ist der Erhalt des Natur- und Lebensraumes, aber auch die Lenkung von zukünftigen Entwicklungen durch Gesetze und Regularien. 2008 wurde die Koreanische Meteorologische Verwaltung in das Ministerium eingegliedert, um sowohl national als auch international noch stärker auf das dringliche Problem des Klimawandels reagieren zu können. Ein Beispiel für die Öffentlichkeitsarbeit im Bereich der Umweltpolitik ist das Seoul Energy Dream Center.
Gegenstand dieses Beitrags sind ein staatliches Projekt, eine internationale Institution, kommerzielle Projekte sowie bürgerschaftliche Initiativen für den Umweltschutz.
Seoul Energy Dream Center
Die koreanische Politik setzt sich schon seit vielen Jahren für eine energiesparende Gebäudewirtschaft ein. Es gibt Vorschriften für öffentliche Gebäude, die dazu beitragen, die optimale Raumtemperatur zu bestimmen. Auf diese Weise kann der Energiebedarf für die Heizphase im Winter und die Klimatisierung im Sommer optimiert werden. Um diese umweltfreundliche Energiepolitik auch der breiten Bevölkerung näherzubringen, wurde 2007 das Modell eines Nullenergiegebäudes, das Seoul Energy Dream Center, von der Stadt Seoul errichtet. Interessanterweise war auch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE durch seine Konzepterstellung daran beteiligt.
In den Ausstellungsräumen wird darüber informiert, wie die Energiebilanz eines Hauses funktioniert und wie ein nachhaltiger Lebensstil im Alltag umgesetzt werden kann.
Green Climate Fund
Der Green Climate Fund ist eine internationale Organisation, die ihren Hauptsitz in Songdo, einem Stadtteil von Incheon, hat. Der Fund arbeitet auf multilateraler Ebene mit den Zielen eines globalen Finanzierungsausgleichs und der Bekämpfung des Klimawandels. Der Green Climate Fund wurde als Resultat des Pariser Klimaabkommens gegründet und investiert von Songdo aus seit 2013 weltweit in grüne Projekte, vor allem in neue Technologien, Geschäftsideen und die Forschung in Entwicklungsländern. Songdo ist als Standort vor allem deshalb attraktiv, da sich in unmittelbarer Nähe zahlreiche weitere Organisationen wie der koreanische Sitz der UN befinden.
SUperbin (Foto: Michaela Auer)
Eco-Generation
Dahinter verbirgt sich ein vom Konzern Samsung entwickeltes Aufklärungsprogramm, das sich speziell an Kinder und Jugendliche richtet. Seit 1996 werden unter dessen Schirmherrschaft umweltbezogene Projekte für Kinder und Jugendliche angeboten. Mittlerweile werden die Schulungen auch außerhalb Koreas im asiatischen Raum durchgeführt.
SUperbin
Das kleine Unternehmen basiert auf einer umweltfreundlichen Geschäftsidee mit den Kernaspekten Müllentsorgung, Mülltrennung und Recycling. Das Konzept ähnelt dem des deutschen Flaschenpfands. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz, die in Kooperation mit Forschern des Korea Advanced Institute of Science and Technology (KAIST) entwickelt wurde, werden die Flaschen beim Einwurf in die unternehmenseigenen Automaten mit Hilfe einer Kamera gescannt und anhand ihres Materials sortiert, um anschließend wieder dem Recyclingkreislauf zugeführt zu werden. Auf Basis des für den Abfall berechneten Werts erhält derjenige, der den Müll eingeworfen hat, Geld aus dem Automaten.
Die Bürger/-innen sollen damit zur richtigen Müllentsorgung motiviert werden, und ihnen soll bewusst gemacht werden, dass auch Abfall einen Wert hat. Mittlerweile hat das Unternehmen 75 dieser Automaten im öffentlichen Raum aufgestellt. Aber nicht nur Politik und Firmen sind aktiv, auch viele Bürger/-innen setzen sich privat in Non-Profit-Organisationen für die Umwelt ein.
Korean Federation for Environmental Movement (KEFM) ist eine 1993 gegründete Bürgerinitiative, die sich 1984 als kleine Bewegung aus einer Umweltkonferenz gebildet hat und der sich dann immer mehr Umweltgruppen angeschlossen haben. Nun ist sie eine der größten Umweltorganisationen Koreas. Die KFEM ist auch in einem internationalen Netzwerk aktiv und mit Friends of the Earth (einem internationalen Bündnis von Umweltschutzorganisationen) und dem Green Climate Fund verbunden. Sie sieht sich als überregionaler Zusammenschluss, der den Austausch untereinander fördert und die Kräfte umweltfreundlicher Projekte bündelt.
Wand mit Klimaforderungen (Foto: Michaela Auer)
Youth 4 Climate
2019 konnten einige Schüler/-innen und Jugendliche durch eine Handvoll Demonstrationen im Zentrum Seouls ein Zeichen für die Dringlichkeit des Umweltschutzes setzen. Man muss dazu aber auch sagen, dass es in Korea unvorstellbar ist, die Schule aufgrund von Klimaprotesten zu schwänzen. Weder Eltern noch Schulen würden so etwas dulden. Daher ist die Bewegung in Korea eher ein kleiner Funke denn eine helle Flamme.
GreenKorea
Die Organisation verschreibt sich insbesondere dem Naturschutz. Sie besteht seit 1991 und kämpft für den Erhalt von Naturschutzgebieten und der Wildtierpopulation sowie gegen den Klimawandel und die moderne konsumorientierte Lebensweise. Die Organisation trägt sich selbst durch mehr als 20.000 Mitglieder und ist landesweit aktiv.
Aktionen sind unter anderem Proteste gegen den Bau des Kohlekraftwerks in Sam Cheok, einer Stadt an der Ostküste Koreas. Auch finden regelmäßig Konferenzen statt, in denen die Leitthemen der Organisation vorgestellt werden.
Trash Busters
In Anspielung auf den US-amerikanischen Film „Ghostbusters”, in dem eine Spezialeinheit die Geister einer Stadt bekämpft, hat sich die Organisation „Trash Busters” genannt. Ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Bekämpfung von Einweggeschirr. Die Strategie basiert auf zwei Säulen: Zum einen kann bei der Organisation wiederverwendbares Geschirr und Besteck gemietet werden, um somit Einweggeschirr zu vermeiden, das auf vielen Veranstaltungen wie Festivals, Filmvorführungen oder Sportevents zum Einsatz kommt. Zum anderen wird ein Sammel- und Aufbereitungsservice angeboten, der den gesamten Prozess steuert. Dieses System soll die Rückgabe des Geschirrs sicherstellen. Beschädigte Utensilien werden zu Möbeln oder anderen Gebrauchsgegenständen weiterverarbeitet und erhalten somit ein zweites Leben.