Integration zeitgenössischer Werke
Die Ausstellung, die im dritten Stockwerk des Westflügels, zwischen Japan und China, angesiedelt ist, wurde unter der Leitung der Kuratorin Uta Rahman-Steinert konzipiert. Die Sinologin erklärt, dass die Ausstellung zwar klein sei, somit aber ein anderes Ausstellungskonzept ermögliche. Den Auftakt hierzu bildete bereits das Jahr 2014, als sich das Museum noch in Berlin-Dahlem befand. Durch die Integration von heutigen und internationalen Perspektiven sollen die Objekte auf vielschichtige Weise zum Sprechen gebracht werden, um einen Zugang jenseits didaktisch geführter Konzepte zu ermöglichen. Auch eine Recherche-Station lädt zur näheren Erforschung der ausgestellten Objekte ein.
„Es ist mein Ziel, in der Galerie auch immer zeitgenössische Positionen einzubeziehen. Ich möchte die Galerie aus der Umgebung etwas herausheben und ein Highlight schaffen; in Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Künstlern, die einen Bezug zur koreanischen Kultur haben“, erläutert Rahman-Steinert. Als Beispiel hierfür nennt sie die geschenkten Keramiken der Künstlerin Lee Young-Jae, Leiterin der Keramischen Werkstatt Margarethenhöhe in Essen.
In einer der Vitrinen sind drei große Vasen ausgestellt: eine hohe Spindelvase und zwei Vasen, die jeweils aus zwei Teilen zusammengesetzt wurden. In Korea finden sich ca. seit dem 17. Jahrhundert bauchförmige, meistens hell glasierte Vorratsvasen. Die Kuratorin der Ausstellung äußert ihre Bewunderung für Lees Werk: Die Künstlerin spiele mit dieser Form auf eine ähnliche Weise, wie ein Musiker sich zu einer Komposition verhalte. Sie interpretiere etwas Vorhandenes, aber variiere existierende Formen auf eine ganz individuelle Weise und kreiere so ein Einzelstück.
Symbolik in Kunstwerken
Koreanische Keramik bildet den Schwerpunkt der Ausstellung. Darunter befinden sich auch die in Ostasien populären Seladone. „Sie erfahren in allen Ländern Ostasiens besonders hohe Wertschätzung. Unter anderem, weil sie mit Jade assoziiert werden, und Jade-Objekte werden seit jeher sehr hochgeschätzt. Ihnen wird eine magische Wirkung zugeschrieben, die für ein langes Leben oder Beständigkeit sorgen soll. Diese Überzeugung wird auch auf die grün glasierten Keramiken übertragen“, klärt Rahman-Steinert auf. Dabei hat Korea im 10. bis 13. Jahrhundert eine besonders hochstehende Kultur der Seladonproduktion entwickelt, in der sich auch formale Besonderheiten entfaltet haben, wie Formen, die häufig auf Elemente der Flora und Fauna zurückgehen. Besonders beliebt ist die Darstellung von Kranichen, die mit dem Daoismus in Verbindung gebracht werden und ein langes Leben symbolisieren. Einen Kontrapunkt dazu liefert die Arbeit des Fotografen Rhee Jae-Yong, eine großformatige Fotomontage mehrerer Bilder zu einer unscharfen, dreidimensionalen Abbildung zweier Originale der Ausstellung.
Aber auch die Kalligrafie zählt in Korea zu den anspruchsvollsten Künsten und ist bis in die Gegenwart hinein eine allgegenwärtige Kunstfertigkeit. Die temporäre Lichtinstallation „Der Moment der Erinnerung“ von dem koreanischen Künstler Choi Jeong Hwa zeigt, dass in der urbanen Umgebung die Schrift in ganz unterschiedlichen Typografien im Alltag der Koreaner äußerst präsent ist.
Diese Schriftkunst erfordert ein hohes Maß an Disziplin und sehr viel technische Übung. Sie unterscheidet sich ganz deutlich von der Kalligrafie westlicher Länder, welche die Ästhetik der Buchstaben im Vordergrund sieht. In Korea versteht man unter Kalligrafie vor allem den Ausdruck der Emotionen und der Persönlichkeit des Schreibenden selbst. Die Pinselbewegungen werden spontan ausgeführt. Die Zusammensetzung von Punkten und Strichen, deren Länge und Dicke bilden die Ästhetik und Balance des Werkes.