Von Christine Kottig
Mit Uri (우리) drücken Koreaner eine ganz besondere Art der Beziehung zueinander aus. Wörtlich übersetzt heißt Uri „wir “, steht in Korea aber für viel mehr als nur ein Personalpronomen. Es beschreibt ein Gefühl der Gruppenzugehörigkeit und der Einheit. Ursprung dieser Äquivokation ist eng mit der koreanischen Gesellschaftsstruktur verbunden. Nur durch den eisernen Zusammenhalt der Koreaner hat es das Land durch viele Krisen und Kriege geschafft. Daher gehen sie davon aus, dass alles, was gut für die Gruppe ist, auch gut für den Einzelnen ist: Uri beschreibt ein kollektives Selbst.
Dieses Gefühl schlägt sich in der heutigen Bedeutung und Verwendung von Uri wieder. Es wird eher im emotional-philosophischen Sinne und seltener als einfaches Personalpronomen gebraucht. Koreaner nutzen Uri, wenn sie auf manchmal liebevolle und manchmal bedeutungsschwere Weise zum Ausdruck bringen möchten, dass etwas von einer Gruppe, einer Gemeinschaft oder sogar dem ganzen Land geteilt wird. Wenn sie zum Beispiel über Korea sprechen, sagen sie „uri nara“ (우리 나라, dt. unser Land) anstatt „nae nara“ (내 나라, dt. mein Land). Der Ausdruck „nae nara“ könnte als besitzergreifend und egoistisch aufgefasst werden, da es das Kollektiv als Mitbürger des Landes ausschließt und nicht vereinbar mit der koreanischen Gesellschaftsstruktur ist.
Die Uri-Kultur hat sich auch eine der größten Banken Koreas zu eigen gemacht. „uri eunhaeng“ (우리 은행, dt. unsere Bank) nutzt Uri in seinem Namen, um in dem Kunden Vertrauen zu erwecken und sich als Bank für alle Koreaner des Landes auszuweisen.
Über die Autorin:
Christine Kottig, Masterstudentin der Kunstgeschichte an der Universität zu Köln. Sie absolvierte 2024 ein Praktikum im Koreanischen Kulturzentrum und hat ein ausgeprägtes Interesse an der koreanischen Kultur von der Prähistorie bis zur Gegenwart.